Der Tourismus in den Zeiten des Klimawandels
© APA/Barbara Gindl
DESTINATION Redaktion 29.09.2023

Der Tourismus in den Zeiten des Klimawandels

Die Österreich Werbung setzt intern Maßnahmen und greift der Tourismusbranche nachhaltig unter die Arme.

••• Von Alexander Haide

Nachhaltigkeit im Tourismus steht ganz oben auf der Agenda der Österreich Werbung. „Um die Zukunftsfähigkeit des Urlaubslands Österreich mittel- und langfristig zu sichern, ist die Transformation notwendig, die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt”, ist auf der Website der ÖW zu lesen.

Doch wie sehen die Maßnahmen konkret aus, um den Tourismus „grüner” zu machen? Ein Gespräch mit Astrid Steharnig-Staudinger, Chefin der Österreich Werbung.


medianet:
Die Österreich Werbung hat in Sachen Nachhaltigkeit schon etliche Maßnahmen gesetzt, darunter auch das ‚ökologische Reisen' bei Dienst- und Pressereisen. Wie hat das Ihre Arbeitsweise intern verändert?
Astrid Steharnig-Staudinger: Für die Österreich Werbung hat Nachhaltigkeit zwei Dimensionen – Österreich soll eines der nachhaltigsten Urlaubsländer werden, das steht schon in der nationalen Tourismusstrategie der Bundesregierung, und wir als Österreich Werbung begleiten und unterstützen die Branche dabei. Auf der anderen Seite haben wir uns auch vorgenommen, als Unternehmen selbst nachhaltiger zu agieren. Dass Reisen wenn möglich mit dem Zug gemacht werden, ist im Unternehmen schon seit Jahren verankert.

Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Initiativen. Gerade haben wir intern unsere Richtlinien für grüne Events ausgerollt. Alle unsere Events, interne und externe, sollen einem Green-Meeting-Standard entsprechen. Dazu zählt auch, dass wir Veranstaltungslocations so wählen, dass sie mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar sind. Auch Pressereisen werden entsprechend gestaltet. In Hinblick auf Reisen hat sich das Mindset in der Firma geändert – weg von ‚eigentlich könnte ich mit nachhaltigen Transportmitteln fahren' hin zu ‚natürlich fahre ich mit nachhaltigen Transportmitteln'!


medianet: Wie sieht das Konzept zur Nutzung erneuerbarer Energien aus? Statten Sie hier Standorte der ÖW mit eigener Energieproduktion aus oder ist das ‚nur' der Einkauf von grünem Strom?
Steharnig-Staudinger: Nachdem wir bei unseren Standorten Mieter sind, geht es tatsächlich um die Umstellung auf ‚eingekaufte' erneuerbare Energien. Energie ist auch nur ein Strang der ökologischen Dimension, ebenso geht es um Ressourcennutzung an sich. Dieser Prozess ist auch noch nicht abgeschlossen. Wir haben, basierend auf einer Status quo-Erhebung an unseren Markt-Büro-Standorten, Ziele definiert und werden diese nun sukzessive umsetzen.

medianet:
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Homeoffice für die ÖW?
Steharnig-Staudinger: Homeoffice ist ein zentraler Bestandteil des New Work-Konzepts der Österreich Werbung und ein schönes Beispiel dafür, dass bei Nachhaltigkeit nicht nur ökologische Aspekte wichtig sind. Homeoffice berührt ganz stark das soziokulturelle Aktionsfeld unseres ÖW-Nachhaltigkeitsmanifests. Mit unserer Homeoffice-Regelung nehmen wir als Österreich Werbung auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich Rücksicht.


medianet: Wie transportieren Sie das Thema Nachhaltigkeit in die Tourismusregionen bzw. Betriebe? Gibt es hier seitens der ÖW-Unterstützung?
Steharnig-Staudinger: Unsere Nachhaltigkeitsstrategie setzt Initiativen in insgesamt drei Aktionsfeldern: Außenwahrnehmung, Wissenstransfer und Kollaboration. Bei der Außenwahrnehmung geht es um unsere Kernaufgabe als Marketingorganisation. Wir stellen Österreich als nachhaltige Reisedestination in die Auslage.

Innerhalb des Aktionsfelds Wissenstransfer geht es uns darum, die Branche mit ganz konkretem handlungsanleitendem Wissen zu unterstützen. Ein Beispiel ist die Zertifizierung: Nachhaltigkeit wird zunehmend buchungsrelevant.
Nachhaltige Betriebe sollten ihre Leistungen den potenziellen Gästen auch kommunizieren – und das geht sehr effektiv über die anerkannten Zertifizierungen. Wir geben der Branche Orien-tierung in dem Zertifikats-dschungel.
Und schließlich ist da noch das dritte Aktionsfeld Kollaboration. Hier fördern wir den Austausch innerhalb der Branche, indem wir Communityplattformen zur Verfügung stellen.


medianet:
Immer wieder wird das Problem der ‚letzten Meile' angesprochen, also vor allem von Bahnhöfen zu den finalen Destinationen und Beherbergungsbetrieben. Ist hier eine flächendeckende Lösung angedacht und in Sicht oder ist das die Aufgabe der lokalen Tourismusbüros, etwa Abholservices, E-Fahrzeuge im Sharing o.Ä. anzubieten?
Steharnig-Staudinger: Es gibt keine One-size-fits-all-Lösung. Es gibt aber Konzepte und viele Regionen, die schon Leuchtturmprojekte umgesetzt haben. Eine kostenlose Nutzungsmöglichkeit der örtlichen öffentlichen Verkehrsmittel für Gästekarteninhaber ist so ein Konzept; das sind etwa elektrische Skibusse oder Abholservices. Im Grunde wissen die Regionen und Tourismusverbände vor Ort am besten, was bei ihnen am besten funktioniert. Als Österreich Werbung können wir aber unterstützen, indem wir über unsere Plattformen den Erfahrungsaustausch zwischen den Regionen und Landestourismusorganisationen unterstützen. Denn im Grunde stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen.

medianet:
Medien berichten, dass es angeblich Sprengungen am Sölden-Gletscher gab, um Pisten für den Ski-Weltcup zu ‚optimieren'. Sind das die richtigen Zeichen in Zeiten des Klimawandels oder müsste das unterbunden werden? Solche Schlagzeilen sind ja auch dem Image Österreichs nicht zuträglich …
Steharnig-Staudinger: Ich kann zum konkreten Fall nichts sagen, dazu bin ich zu wenig mit den Details vertraut. Ganz grundsätzlich möchte ich aber festhalten, dass der Wintertourismus viel nachhaltiger und positiver ist, als sich das in der medialen Debatte gemeinhin widerspiegelt.

Nehmen wir die viel gescholtene technische Beschneiung. Für die Produktion von 90 Prozent des Schnees stammt die Energie aus erneuerbaren Quellen. Generell haben die Sektoren Beherbergung, Gastronomie und Seilbahnen/Beschneiung/Pistenpräparierung einen Anteil von gerade einmal 1,6 Prozent am österreichischen Gesamtenergieverbrauch. Und auf den Wintertourismus fallen dabei 0,9 Prozent.
Natürlich sind wir aufgerufen, möglichst schonend mit unseren Ressourcen und der Natur umzugehen. Der Wintertourismus ist für viele österreichische Regionen wesentlich für die Wertschöpfung, wir haben international eine unvergleichbare Wintersportkompetenz. Die Branche widmet sich sehr intensiv den Themen, die uns zukünftig beschäftigen werden.

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