Im Tourismus geht jetzt wieder die Sonne auf
© Michael Hochfellner/Mittersillplus
DESTINATION Redaktion 02.06.2023

Im Tourismus geht jetzt wieder die Sonne auf

Die aktuellen Touristikdaten und eine Bestandsaufnahme von Experten aus Kärnten und Niederösterreich.

••• Von Alexander Haide

Der heimische Tourismus hat sich nahezu komplett von der Pandemie erholt. Die Wintersaison 2022/23 (November bis April) war mit 69,3 Mio. Nächtigungen fast so gut gebucht wie im letzten coronafreien Winter 2018/19. Doch was erwarten Experten und Praktiker der Tourismusbranche in den kommenden Monaten? medianet sprach mit Klaus Ehrenbrandtner, Geschäftsführer der Kärnten Werbung, und ­Michael Duscher, Geschäftsführer der Niederösterreich-Werbung.


medianet:
Wie geht es der Tourismusbranche aus Ihrer Sicht?
Klaus Ehrenbrandtner: Im Kalenderjahr 2022 konnte Kärnten mit 3,08 Millionen Ankünften bzw. 12,8 Millionen Übernachtungen bereits knapp an die Zahlen vor der Pandemie anschließen. Auch im bisher statistisch ausgewiesenen Winterhalbjahr hat die Kärntner Tourismuswirtschaft rund 96 Prozent des Nächtigungsvolumens vom Vergleichszeitraum der Vor-Covid-Saison 2018/19 erreicht.
Michael Duscher: Die bisher veröffentlichten Jahreszahlen zeigen eine sehr positive Entwicklung. Im Monat März verbuchten wir zuletzt 477.400 Nächtigungen, das sind um rund 20 Prozent mehr Nächtigungen als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Besonders erfreulich ist, dass vor allem unsere Gäste aus dem Ausland wieder nach Niederösterreich zurückkehren. Die Erfolgskurve zeigt also trotz aller Herausforderungen wieder deutlich nach oben.

Mit den steigenden Temperaturen ist nun auch wieder die ideale Zeit für Ausflüge, zu den vielen spannenden Ausflugszielen, Rad- und Wanderwegen oder Genuss- und Kulturveranstaltungen, die im ganzen Land stattfinden. Auch die Niederösterreich Card ist nach der Pandemie wieder voll durchgestartet. Im Vorjahr haben 150.000 Kunden die Card gekauft, das entspricht einem Plus von 35 Prozent im Vergleich zur vorigen Card-Saison. Die Menschen nützen die Card jetzt auch intensiver, was einer Steigerung von über zehn Prozent entspricht. Rund 350 Ausflugsziele, so viele wie nie zuvor, sind heuer Partner der Niederösterreich Card.
Als Ausflugsland ist Niederösterreich ja seit Langem bekannt und beliebt. Künftig sollen aus unseren Ausflugsgästen mehr Urlaubsgäste werden. Vom Ausflug zum Kurzurlaub – vom Kurzurlaub zum Haupturlaub lautet unser Credo. Es lohnt sich ganz einfach, hier länger zu bleiben.


medianet:
Was erwarten Sie von der heurigen Sommersaison und können Sie bereits einen Ausblick auf die Winter­saison 2023/2024 wagen?
Ehrenbrandtner: Für den Sommer 2023 sind die Aussichten durchwegs positiv. Die Zahl der Urlaubsplaner ist in den wichtigsten Herkunftsmärkten höher als im Vorjahr, das ein sehr gutes Sommerergebnis aufwies. Auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis wird im Hinblick auf die Inflation noch mehr Wert gelegt, und Urlaubsentscheidungen werden bewusster getroffen. Der Kärntner Tourismus ist auf einem guten Weg, an das Niveau von 2019 anzuknüpfen. In den Köpfen der Gäste spielt das Thema Corona, wie viele Umfragen ergeben, keine Rolle mehr. Die Pandemie scheint in der Urlaubsplanung so gut wie überwunden zu sein.
Duscher: Niederösterreich startet die Frühjahrs- bzw. Sommerbewerbung mit den neuen Entdeckertouren und zeigt damit fein kuratierte, einzigartige Tourenvorschläge durch das gesamte Bundesland. Gespickt mit Interviews, persönlichen Empfehlungen und Einblicken, geben diese Vorschläge einen interessanten Blick auf Niederösterreich aus der Sicht eines Locals. Vergangene Woche wurde bereits mit der Bewerbung unserer ersten Entdeckertour zum Thema Radfahren begonnen. Bis Mitte Juni werden drei weitere Entdeckertouren zu Wandern, Kulinarik & Wein und Kultur folgen.

Von Frühjahr bis Herbst finden im ganzen Land kleine und große Kulturfestivals statt. An den schönsten Plätzen und Kulissen zeigen Künstlerinnen und Künstler der unterschiedlichsten Genres ihr Können und den Reichtum der niederösterreichischen Kulturszene. Alle diese Angebote werden unter den Namen ‚Festival-Land Niederösterreich' gebündelt. Ein Ausflug oder Kurzurlaub mit dem Reisemotiv Kultur wird damit idealerweise zum Anlass für einen mehrtägigen Aufenthalt mit einem Gesamterlebnis aus Kultur, Kulinarik- und Weinerlebnis, Erholungs- und Aktivurlaub.
Und natürlich darf auch die Kulinarik in Niederösterreich nicht fehlen. Schon im Vorjahr haben wir mit der Ausarbeitung von kulinarischen Reisen durch Niederösterreich begonnen und werden diese heuer fortsetzen. Die Niederösterreichische Wirtshauskultur, die Weinkultur und regionale Produktkultur sollen die Basis für eine gelebte regionale Kulinarik bilden und identitätsstiftend wirken. Die Kombination zwischen Tradition und Moderne in der Niederösterreichischen Wirtshauskultur soll noch kreativer und stärker in Szene gesetzt werden. Gastronomen in Niederösterreich bieten kulinarische Spitzenleistungen, die wir vor den Vorhang holen möchten.
Mit der Niederösterreichischen Wirtshauskultur haben wir hier eine einzigartige Qualitätsmarke in ganz Österreich. Die Wirtsleute verbinden auf bewährte Art und Weise Innovation mit Tradition, denn Innovationen bringen oft frischen Wind und Abwechslung und sprechen wiederum die Jugend als Gäste der Zukunft an. Vor allem geht es bei der Wirtshauskultur um die Neuinterpretation traditioneller Küche und sehr viel Kreativität und Offenheit bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung.


medianet:
Wie sehr betrifft der Fachkräftemangel Ihre Region und was sind die Konsequenzen?
Ehrenbrandtner: Die Frage des Fachkräftemangels betrifft natürlich auch den Kärntner Tourismus. Es laufen in Kärnten zahlreiche Maßnahmen – einerseits, um den Nachwuchs in die Branche zu holen, aber natürlich auch, um qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland für Kärnten zu gewinnen. Hier wünsche ich mir verbesserte Rahmenbedingungen, vor allem Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, dass Menschen, die arbeiten können und wollen, dies auch tun können. Darunter fallen kürzere Behördenverfahren oder ein höheres Drittstaatenkontingent. Zudem kommen die hohe Bedeutung einer flächendeckenden und flexiblen Kinderbetreuung oder steuerliche Anreize für ältere Mitarbeiter, die länger im Arbeitsprozess bleiben möchten, hinzu.

Zum Thema Arbeitsmarkt trägt die Kärnten Werbung ihren Teil bei. Aktuell forcieren wir die praktische Unterstützung der Betriebe durch die Tourismus Akademie Kärnten, die den Betrieben auch Unterstützung im Bereich Employer Branding bieten soll. Das Kärntner Qualitätssiegel soll nicht nur Richtung Gäste, sondern auch Richtung Arbeitskräfte eine Strahlkraft entwickeln. Eine Entwicklung Richtung Ganzjahresdestination ist auch ein wichtiger Hebel im Bereich der Arbeitskräfte-Bindung. Die Potenziale im Herbst mit verschiedenen Schwerpunkten weiter zu heben, ist eines der strategischen Ziele.

Duscher: Natürlich machen die Herausforderungen in der Gastronomie auch vor Niederösterreich nicht halt. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt der Verein der Niederösterreichischen Wirtshauskultur aktiv auf Nachwuchsförderung, denn die Lehrlinge von heute sind die Küchenchefs und Gastgeber von morgen. So wurden kürzlich beim ‚Wirtshaus Battle – Young Talents' die besten Lehrlinge in Küche und Service von einer mehrköpfigen Jury ausgezeichnet. In einer umfangreichen Lehrlingskampagne, die vor allem an die junge Generation gerichtet ist, wird seit heuer intensiv für eine Lehre in der Gastronomie geworben.

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