Kein Sommer, wie er ­früher einmal war
© Panthermedia.net/Bonuseventusphoto
DESTINATION Redaktion 09.04.2021

Kein Sommer, wie er ­früher einmal war

Das Tal, in das die Coronakrise den Tourismus gestürzt hat, ist tief. Die Branche braucht eine Perspektive.

WIEN. Am Osterwochenende hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Videobotschaft Öffnungsschritte für Sport, Kultur, Gastronomie und Tourismus im Mai in Aussicht gestellt. Am Dienstag dieser Woche folgte der nächste Gipfel zum Thema: Die Regierung beriet mit Experten, Opposition und Landeshauptleuten über die Corona-Maßnahmen. Das Ergebnis: Die unverändert kritische Situation auf den Intensivstationen führt zu einer Verlängerung des Lockdowns in der „Ostregion”. Demnach bleiben Handel (mit den bekannten Ausnahmen) und persönliche Dienstleister bis 18. April zu.

Um die Öffnungsschritte in Kultur, Sport, Tourismus und Gastronomie vorzubereiten, soll eine Kommission etabliert werden – mit den Sozialpartnern, Städte- und Gemeindebund, den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz und Vertretern der betroffenen Branchen.

Solidarität und Hilfe gefordert

Tourismus-Bundesspartenobmann Robert Seeber forderte am Wochenende vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation in der Branche „Solidarität zur Erhaltung der wertvollen touristischen Infrastruktur”. Der oberste Tourismussprecher begrüßte die Ankündigung einer Öffnungsperspektive im Mai.

Dringend notwendig sei insbesondere ein auf Dauer des Lockdowns verbesserter Ausfallsbonus, die Prolongierung der Kurzarbeitsprämie, die Erhöhung der Deckelung des Fixkostenzuschusses von 1,8 auf 3 Mio. € sowie die Verlängerung bzw. Erweiterung der reduzierten Mehrwertsteuer. Um einen dauerhaften Restart zu ermöglichen, sei es wichtig, die Mitarbeiter in der Branche zu halten. Die Initiative von Arbeits- und Tourismusministerium zur Beachtung der Wiedereinstellungszusagen durch das AMS begrüßt Seeber „ausdrücklich”.
Um den Mitarbeitern die wirtschaftliche Grundlage zur Überbrückung bis zum Wiederöffnen zu sichern, sei auch die Beibehaltung der Höhe des Arbeitslosengelds anstatt der knappen Notstandshilfe dringend notwendig. Am Mittwoch fiel der ersehnte Beschluss – man habe sich auf „eine Verlängerung der bisherigen Regelung bis Ende Juni geeinigt”, so Arbeitsminister Martin Kocher, „um vor allem jene zu erreichen, die aufgrund des notwendigen Lockdowns derzeit nicht in ihrem Beruf tätig sein können, zum Beispiel im Tourismus oder in der Gastronomie.”
Allerdings brauche die Branche „jetzt in der letzten Durstphase der Pandemie” weiterhin Unterstützung, wenn man nicht wolle, „dass viele unschuldig in Not geratene Betriebe, die unsere touristische Landschaft bereichern, vom Markt verschwinden”. Wünschenswert für die angekündigte Wiedereröffnung sei „die rasche Festlegung eines fixen Datums”.

Totalausfall im Winter

Die Wintersaison 2020/21 ist nach aktuellen – noch vorläufigen – Zahlen der Statistik Aus­tria (siehe Grafik) wegen der Corona-Pandemie nahezu komplett ausgefallen.

Im Februar gab es nur 0,91 Mio. Nächtigungen – das ist ein Rückgang von 95,5% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Nächtigungen ausländischer Gäste fielen im Februar um 98,4% auf 0,26 Mio., die Übernachtungen inländischer Gäste um 82,9% auf 0,65 Mio. In den ersten vier Monaten der Saison sind die Nächtigungszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 93,5% abgestürzt. Von November 2020 bis Februar 2021 wurden rund 3,49 Mio. Nächtigungen in österreichischen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen verzeichnet, um 50,32 Mio. weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Ankünfte ging auf 0,7 Mio. zurück. Die Zahl der Nächtigungen im bisherigen Kalenderjahr 2021 (Jänner und Februar) sank diesem Trend entsprechend um 95,3% auf 1,67 Mio. ab, die Ankünfte gingen um 96,1% auf 0,34 Mio. zurück.

Deutsche Reiselust

Ein positiver Aspekt: Die Lieblingsgäste der Österreicher, die Deutschen, scharren bereits in den Urlaubs-Startlöchern: Nur 14% der Deutschen planen laut der Erhebung „Reiseanalyse 2021” der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen, die in Deutschland seit 50 Jahren das Reiseverhalten erfragt, im Jahr 2021 „sicher nicht” zu verreisen, 39% sagen „ja” zur Urlaubsreise, 38% sind noch unentschieden. Der Blick auf die nächsten drei Jahre (Reisezielinteresse 2021–2023) zeigt für Österreich ein ­positives Bild: 35% der deutschen Bevölkerung sind an einem Urlaub in Österreich interessiert. Das entspricht im Vergleich zum Coronajahr 2020 einem Plus von drei Mio. Personen.

„Grüner Pass”?

Große Hoffnungen setzt die europäische Reisebranche in die Einführung eines sogenannten Grünen Passes, der immunisierten Menschen künftig den Zutritt zu Dienstleistungen und Veranstaltungen – und auch den Urlaubs-Grenzübertritt – ermöglichen soll. Im April sollte er in Österreich eingeführt werden, europaweit dann Anfang Juni. Einstweilen ist die Einführung des Grünen Passes in Österreich an einem Veto des Bundesrats gescheitert. (sb/APA)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL