Wehret der Abzocke
© PantherMedia/Wolfgang Cibura
Gut & böse Die schwarzen Schafe der Online-Shops spürt Jorij Abrahams Scam­adviser mittels Algorithmus auf. Alle „Schafe” erhalten eine eigene Bewertung, den Trust Score.
DOSSIERS Redaktion 25.03.2022

Wehret der Abzocke

„Sein oder Nichtsein”, sinnierte Hamlet bei Shakespeare. Leicht abgewandelt fragt man sich heute: „Fake oder echt?”

WIEN. Auf den ersten Blick zeigt sich die erstmalig aufgerufene Website unauffällig. Auch der dazugehörende Webshop. Zwar gibt es zu diesem Bewertungen, doch die sind ausschließlich positiv und klingen alle fast zu gut, um wahr zu sein. Unsicherheit macht sich breit – ist der Shop echt oder Fake? Aber wen fragen?

Da bieten sich Unternehmen wie Scamadviser an. Mithilfe der globalen Online-Community und künstlicher Intelligenz sieht sich Scamadviser Websites und Shops genauer an und bringt Licht ins Dunkel. Wie man einen online-Fakeshop erkennen kann und wie Scamadviser funktioniert, erklären Patricia Grubmiller, Head of Legal Handelsverband, und Jorij Abraham, General Manager Scamadviser, im Interview.


medianet:
Woran lässt sich ein Fake-Onlineshop erkennen?
Patricia Grubmiller: Die einfachste Regel lautet: Wenn ein Angebot zu gut ist, um wahr zu sein, dann ist es das sehr wahrscheinlich auch. Ist der Preis auf einer Website um zum Beispiel 40 Prozent günstiger als anderswo, dann sollte man bereits sehr vorsichtig sein. Andere Auffälligkeiten sind: das Fehlen von Kontaktdaten, Grammatikfehler und eine große Anzahl sehr positiver Bewertungen in kurzer Zeit. Denn normalerweise hinterlässt nur einer von 200 Verbrauchern ein Rating, sodass eine neue Website Zeit benötigt, bis sie viele Bewertungen erhält.

medianet:
Herr Abraham, was ist ‚Scamadviser'?
Jorij Abraham: Scamadviser hilft Verbrauchern, ihre Entscheidungen beim Online-Shopping zu treffen. Dafür prüft ein Algorithmus mithilfe von 40 unabhängigen Datenquellen, ob die Website legal betrieben wird, ob die darauf veröffentlichten Bewertungen echt sind oder aber, ob es sich um eine Pishing-Website handelt. Jede Website erhält ihren eigenen Trust Score, für dessen Ermittlung unter anderem die IP-Adresse des Webservers, die Verfügbarkeit von Kontaktdaten, das Alter der Domain und Ratings auf Bewertungsplattformen herangezogen werden.

medianet:
Und wie kommen Sie zu diesen Daten?
Abraham: Scamadviser erhält täglich etwa 800 Bewertungen, Kommentare und E-Mails von Verbrauchern über verschiedene Websites. Diese werden automatisch zur Auswertung jeder Website verarbeitet. Dabei verlassen wir uns nicht auf eine negative Bewertung, um einer Website einen schlechten ‚Trust-Score' zu verpassen, denn sonst müssten z.B. auch apple.com und amazon.com als betrügerische Seiten gelistet sein – was ja in beiden Fällen nicht zutrifft.

medianet:
In welchen Ländern spielt Online-Betrug eine besonders große Rolle? Gibt es regionale Auffälligkeiten?
Grubmiller: Da jedes Land auf seine eigene Weise Daten über Online-Betrug sammelt, ist es schwierig, einzelne Länder zu vergleichen. Indien und Mexiko melden die meisten Betrugsfälle, relativ betrachtet sind das jeweils 103 bzw. 80 pro 1.000 Einwohner. Im Großteil der westlichen Länder liegt diese Zahl eher zwischen 2,5 und 6.
Abraham: Eine Scamadviser-Studie, inklusive eines globalen Betrugsberichts, veranschaulichte, dass jedes Land seine eigenen Präferenzen in Bezug auf Betrug hat.

Chinesen fallen oft auf Gaming-Betrug herein: Es werden virtuelle Skins, also Gaming-Kostüme und Waffen gekauft, die dann aber nicht geliefert, sprich im Game nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Amerikaner waren letztes Jahr besonders für Welpenbetrug geeignet. Viele indische Kunden glauben daran, schnell reich zu werden, indem sie in Kryptowährungen und sogenannte High-Yield-Investitionsprogramme investieren.

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