••• Von Reinhard Krémer
Trotz aller geopolitischen Spannungen blicken die Exporteure optimistisch in die Zukunft: Acht von zehn Unternehmen (82%) erwarten steigende Umsätze, deutlich mehr als im Vorjahr (70%). Das ergab eine aktuelle Umfrage von Kreditversicherer Acredia in Zusammenarbeit mit Allianz Trade, bei der 3.200 Exporteure in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Großbritannien, den USA und China befragt wurden. „Derzeit sieht es nicht nach einem kometenhaften Wiederaufstieg des Welthandels aus”, beschreibt Michael Kolb, Vorstand von Acredia die aktuelle Lage.
„Vielmehr dürfte das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte gerade einmal die Einbußen des Vorjahrs wettmachen.”
Der Kreditversicherer geht davon aus, dass der Welthandel 2024 wertmäßig um 2,8% steigen wird, nachdem er 2023 um 2,9% zurückging. Das läge deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von plus fünf Prozent.
Auch in Österreich sind die Rahmenbedingungen für die Exporteure schwierig – hohe Kosten für Energie, Personal und Verwaltung schmälern die Gewinnmargen.
Wachstumsimpulse schwach
Gleichzeitig gibt es nur schwache Wachstumsimpulse aus den wichtigsten Exportmärkten, allen voran aus Deutschland. Zuletzt hat das Exportwachstum in Österreich an Dynamik verloren. Die österreichische Wirtschaft dürfte laut Wifo-Schnellschätzung im 1. Quartal 2024 nur geringfügig gewachsen sein (+0,2%).
Gefragt nach den größten Risiken, antworteten 73% der Unternehmen mit der geopolitischen Lage.
„Selten gab es so viele geopolitische Spannungen und Unsicherheiten wie jetzt”, sagt Kolb. „Diese wirken sich teilweise auf die Lieferketten und Transportwege aus, wie zum Beispiel die Krise im Roten Meer. Auch die neuen Brexit-Grenzkontrollen dürften Lieferketten auf eine harte Probe stellen.”
Wie stark sich geopolitische Risiken auf die Unternehmen auswirken können, zeigt die Tatsache, dass 53% aus diesem Grund über eine Verlagerung ihrer Produktion nachdenken.
Lieferketten machen Probleme
Auch die Lieferketten bereiten den Exporteuren nach wie vor Kopfzerbrechen. Vor allem die starke Konzentration und hohe Komplexität werden als Herausforderungen genannt.
Auch in Österreich sagen drei von vier Unternehmen, dass sie nach wie vor mit Lieferkettenproblemen kämpfen (Quelle: OeKB). Nicht zuletzt bereitet der Mangel an Ressourcen – angefangen von Rohstoffen, über Fachkräfte bis hin zu Finanzkapital – der Exportwirtschaft große Probleme.
Trotz der optimistischen Umsatzerwartungen sind sich die Unternehmen der angespannten Risikolage bewusst – vor allem hinsichtlich der Finanzierung. Denn eine schlechtere Zahlungsmoral, steigende Zahlungsausfälle sowie ein deutlicher Anstieg der Insolvenzen bedrohen derzeit die finanzielle Stabilität vieler Unternehmen.
„Fast 70 Prozent der Unternehmen weltweit werden erst nach 30 bis 70 Tagen bezahlt”, so Kolb. „Aufgrund des geringeren Wachstums, der zahlreichen Handelsunterbrechungen und der geopolitischen Unsicherheit erwarten 42 Prozent der Unternehmen weltweit, dass sie in den nächsten sechs bis zwölf Monaten noch länger auf ihr Geld warten müssen. Längere Zahlungsfristen bedeuten einen stärkeren Druck auf den Cashflow.” Darüber hinaus gehen 40% der Befragten davon aus, dass das Zahlungsausfallrisiko im Jahr 2024 steigen wird.
Alarmstufe Gelb in Österreich
Das deckt sich mit der Prognose von Acredia, dass die weltweiten Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr um neun Prozent steigen.
Auch in Österreich sieht der Kreditversicherer Alarmstufe Gelb für die Wirtschaft. „Anfang des Jahres gingen wir noch davon aus, dass die Zahl der Firmenpleiten in Österreich im selben Ausmaß wie global, nämlich um neun Prozent, steigen wird. Nachdem es aber im ersten Quartal bereits um 27 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen als im Vergleich zum Vorjahr gab, ist es fraglich, ob diese Prognose halten wird”, so Michael Kolb.