Kalifornien meldet sich zurück
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Testmarkt Los Angeles: Wer sich hier durchsetzen kann, schafft's auch andernorts.
FINANCENET 23.10.2015

Kalifornien meldet sich zurück

Als eigene Volkswirtschaft wäre Kalifornien die globale Nr. 7. Nachdem die Spätfolgen der Wirtschaftskrise die Dynamik lange gebremst hatten, gibt’s jetzt wieder Wachstum.

LOS ANGELES. Die amerikanische Wirtschaft ist gesund, und das BIP-Wachstum der kommenden zwei Jahre wird zwischen 2,5 und 3% liegen, so der Tenor beim Anderson Forecast der University of California in Los Angeles vor Kurzem. Die Inflation liegt mit 1,5% unter dem 2%-Ziel der Federal Reserve Bank, die Arbeitslosenrate ist jährlich um 1% gesunken, und die US-Wirtschaft nähert sich mit einer Arbeitslosenrate von derzeit 5,1% gegen Ende 2015 bzw. Anfang 2016 der Vollbeschäftigung bei geringer Inflation. Der Konsument ist mit 3% Zuwachs bei Konsumausgaben der Wirtschaftsmotor, und erstmals nach Jahren einer Fast-Null-Zins-Politik überlegt die Fed derzeit bekanntlich eine marginale Anhebung (siehe S. 50).

Rudolf Thaler, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Los Angeles: „Die amerikanische Wirtschaft kann eine Zinserhöhung verkraften. Zinssensible Sektoren sind der Haus- und Automarkt, die aber keinesfalls überhitzt sind. Es gilt abzuwarten, wie schwer bei der nächsten Fed-Zinsabstimmung die schwächelnde Wirtschaft Chinas wieder ins Kalkül gezogen wird.”

Wirtschafts- und Jobwachstum

Kaliforniens 2,3 Billionen US-Dollar-Wirtschaft hat dank Tech-Boom, anziehendem Wohnungsmarkt und einer temporären Steuer­erhöhung das Budgetdefizit in ein Plus verwandelt und einen Fonds für schlechte Zeiten („Rainy Day Fund”) eingerichtet.

Kalifornien wäre als eigene Volkswirtschaft die Nr. 7 der Welt – noch vor Brasilien. Die Arbeitslosenrate fiel seit der Rezession von einem Rekordhoch von 12,4 auf 6,1%. Thaler: „Das Wirtschaftswachstum im Golden State ist branchen- und regionenübergreifend, vor allem stark bei Geschäftsdienstleistungen sowie im Freizeit- und Beherbergungssektor. Im Technologiemekka Silicon Valley ist das Jobwachstum drei Mal so hoch wie der US-Durchschnitt.”
Das kalifornische Bevölkerungswachstum weist mit geschätzten 0,9% in den nächsten Jahren keinen robusten Zuwachs mehr wie früher auf. Der Wohnbau kann dennoch mit der Nachfrage nicht Schritt halten: Da Kaufpreise und Mieten von Wohnraum in naher Zukunft nicht zurückgehen werden, wird die Zuwanderung und damit das zukünftige Wirtschaftswachstum gebremst werden.

Chancen für Austro-Firmen

Die österreichischen Exporte in die USA stiegen 2014 um 10% und legten im 1. Halbjahr 2015 um weitere 19% im Vergleich zur Vorjahresperiode zu. Damit verdrängten die USA erstmals Italien als zweitwichtigste Exportdestination und tragen wesentlich zum globalen Exportwachstum Österreichs bei.

In Kalifornien zieht (auch) die Baubranche kräftig an. Dies spiegelte sich z.B. unlängst bei der ­California Construction Expo unter dem Motto „Connecting California” in Long Beach wider. Mehrere heimische Firmen wie etwa Hartl ­Engineering & Marketing GmbH nützten die Messe zum Netzwerken mit Vertretern öffentlicher Stellen und der Bauwirtschaft.
„Insbesonders liegt ‚Grünes Bauen' im Trend, und daher steigen die Chancen für österreichische innovative Baulösungen”, sagt Thaler.
„In den USA ist das Aufspüren eines Testmarkts wichtig, von dem aus immer größere Kreise in den Riesenmarkt gezogen werden.” (pj)

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