Plus 47 Prozent Zuwachs: So sehen Sieger aus!
© Raiffeisen Factor Bank/David Sailer
FINANCENET Chris radda 15.07.2016

Plus 47 Prozent Zuwachs: So sehen Sieger aus!

Factoring ist nicht zu stoppen, meinen die Vorstände der Raiffeisen Factor Bank, Andreas Bene und Gerhard Prenner.

••• Von Chris Radda

WIEN. Die Raiffeisen Factor Bank legte im Vorjahr um 47% zu – gemessen am angekauften Forderungsvolumen – und belegte erstmals den zweiten Platz unter den österreichischen Factoringinstituten. medianet sprach mit den Vorständen Andreas Bene und Gerhard Prenner über den Markt, das Potenzial und die Vorteile dieser Finanzierungsform.

medianet: Sie haben mit Ihrem Unternehmen in den letzten Jahren einen enormen Rückenwind erfahren. Konnten die Vorgaben aus 2015 erreicht werden?
Andreas Bene: Die Wachstums­dynamik hält an. Das Produkt ist angekommen, und unsere eigenen Vorgaben sind voll eingetroffen, ja übertroffen worden. Es hat lange gedauert, bis Factoring am österreichischen Markt etabliert war und flächendeckend Einzug gehalten hat, aber mittlerweile ist es bei österreichischen Kunden beliebt und die Vorteile sind gut bekannt, die Nachfrage nach Factoring wächst nach wie vor.

Als Trend ist zu erkennen, dass neben Großunternehmen, die ja schon immer die Vorteile von Forderungsverkäufen kannten und in der Vergangenheit bereits aktiv nutzten, Factoring jetzt vermehrt beim Mittelstand und den KMUs auf besonderes Interesse stößt.
Grund dafür ist, dass österreichische KMUs vermehrt erkennen, dass Factoring auch für sie große Vorteile bietet. Am Markt wird sogar mit einer Verdoppelung des Volumens in Österreich gerechnet. Heute liegt Österreich derzeit bei einem Factoringvolumen von rund 18 Mrd. €, das war das Gesamtvolumen der angekauften Forderungen im Jahr 2015. Gegenüber Europa hat Österreich aber noch immer enormes Wachstumspotenzial.
Der Vergleich mit dem EU-Schnitt spricht für sich: Aktuell liegt die Marktdurchdringung in der EU bei durchschnittlich 10%, hier wird das Factoringvolumen in Prozent vom BIP ausgedrückt. In Österreich liegt die Marktdurchdringung bei rund 5% und somit auch hier erst bei der Hälfte der anderen EU-Märkte. Mit anderen Worten: Die Wachstumsdynamik wird anhalten.


medianet: Was heißt das jetzt für die Raiffeisen Factor Bank ganz konkret? Und für das Volumen an Forderungen? Entspricht es Ihren Planungen?
Gerhard Prenner: Das Forderungsvolumen wächst auch heuer. Im ersten Halbjahr 2016 liegen wir wieder über dem Vorjahr. Gleichzeitig profitieren wir besonders von den Investitionen der Vergangenheit und damit von der Tatsache, dass wir uns sehr früh der Automatisierung verschrieben haben. Das heißt, dass wir auch die gestiegenen Volumina vollautomatisch abwickeln können. Beachtlich sind die Stückzahlen, die dahinterstehen: Wir haben letztes Jahr ein Forderungsvolumen von 5 Mrd. € angekauft, das sind 2,1 Mio. Rechnungen, die automatisch verarbeitet werden.

Die konsequente Automatisierung stellt unsere Grundsätze bei der Verarbeitung sicher „effizient, stabil, fehlerlos”. Damit verbunden ist die Skalierbarkeit, die in der Praxis ein unglaublicher Vorteil ist.


medianet: In der Industrie spricht man da von ‚Economy of Scale' – in der Finanzindustrie ist das ­umso mehr spürbar ...
Prenner: Die Skalierbarkeit gilt nicht nur für die Produktion großer Serien in der Wirtschaft. Auch als Bank profitieren wir enorm von der konsequenten Automatisierung unserer Abwicklung, wo die Anzahl oder Menge zur Rechengröße wird und mehr Forderungsvolumen eigentlich einfach mehr Speicherkapazität bedeutet, zumindest überwiegend. Gleichzeitig profitieren besonders die Kunden von der Automatisierung. Die Abwicklung ist einfach und transparent, somit frei von unnötigen Aufwänden. Der Kunde kann aufgrund unserer on-line-Anbindung mit dem Namen ‚net-factoring' jederzeit alle Informationen abrufen und ist somit immer und überall informiert.

In Zeiten, wo eigentlich alle Unternehmen unter permanentem Kostendruck und im ständigen Wettbewerb stehen, muss alles ‚lean' sein. Somit muss auch die Abwicklung von Factoring effizient und einfach sein. Seit der Finanzkrise ist auch spürbar, dass Kunden nach einfachen und transparenten Finanzierungsformen fragen; von dieser Entwicklung profitiert auch Factoring sehr stark.

medianet: Ein Vorteil der ‚Economy of Scale' ist ja auch ein fallender Preis – Factoring ist auch nicht mehr teuer ...
Bene: Heute sind die Kosten einer Factoring-Lösung mit einer Betriebsmittelfinanzierung vergleichbar. Insbesondere Unternehmen mit bester Bonität und weltweiter Reputation fragen Factoring nach, von dort kommt das größte Wachstum. Das ist der Fall, weil die Konditionen attraktiv sind und zusätzlich die Vorteile von Factoring genutzt werden können: Das Unternehmen verfügt sofort über Liquidität und kann rascher und dynamischer wachsen. Gleichzeitig kann das Risiko von Forderungsausfällen reduziert werden und sich der Forderungsverkauf positiv auf wichtige Finanzkennzahlen auswirken und das eigene Rating verbessern.

medianet: Der Vertrieb erfolgt über verschiedene Schienen wie persönliche Kontakte, Multiplikatoren und natürlich den Raiffeisen-Sektor ... hat sich da etwas verschoben?
Bene: Nein, es sind alle Schienen gewachsen. Die Hauptaufbringungsquelle ist aber der Raiff­eisensektor; hier funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut und bereits über viele Jahre hinweg.

medianet: Sie sind ja praktisch wie ein Seismograf der Wirtschaft mit Tausenden Kunden. Für heuer wird wieder Wachstum erwartet – spüren Sie davon schon etwas?
Bene: Aus den Kundengesprächen, die wir führen, kann man klar erkennen: Die Betriebe sind zuversichtlich. Sie haben durch die mageren Zeiten gelernt, rasch zu reagieren und konsequent an Veränderungen zu arbeiten – und sie sind auch für die Zukunft besser vorbereitet, haben wichtige Erfahrungen gemacht und gehen gestärkt in die Zukunft. Auf die Auftrags­lage bezogen, sind die Unternehmen grundsätzlich zuversichtlich.

medianet: Zuversichtlicher als noch vor ein, zwei Jahren?
Prenner: Grundsätzlich ja, aber es ist nicht nur die wirtschaftliche Situation, die die Stimmung prägt – es gibt auch eine eindeutige Erwartungshaltung an die Politik. Die Unternehmen wollen wissen: Was passiert weiter? Das hat einen klaren Einfluss auf die Grundstimmung, und die ist meines Erachtens diesbezüglich nicht so positiv.

Wichtig ist die Erwartungshaltung der Wirtschaft: Da können Zinsen gesenkt oder erhöht werden – das alles ändert nichts, wenn die Erwartungshaltung der Wirtschaft negativ ist, dann wird nicht investiert. In Summe war aber die wirtschaftliche Entwicklung rückblickend besser als erwartet, weil die mittelständische Wirtschaft den Karren weitergezogen hat.

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