Wien. Wertgeschätzt, umworben, willkommen? Schwule und Lesben – immerhin auch hierzulande bis zu 10% der Bevölkerung – geraten verstärkt ins Radar der Wirtschaft. Nicht zuletzt, weil sie bei aller neu gelebten Toleranz als vermeintlich finanzkräftige Zielgruppe (karrierekonzentriert, konsumorientiert) wahrgenommen werden. Inwieweit der Banken- und Versicherungssektor mit Portfolio und Beratungsleistungen auf die sexuelle Orientierung Rücksicht nehmen kann, will und soll, und was den respektvollen Umgang mit den homosexuellen Mitarbeitern inhouse fördert, wurde kürzlich auf Einladung des Diversity-Referats der Wirtschaftskammer Wien offen diskutiert.
Bei der Wr. Städtischen ist das Thema Vielfalt bereits „als positive Kraft” fest im unternehmerischen Bewusstsein verankert, führt GD-Stv. Judit Havasi aus. „Bei uns findet die LGBT-Community (Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) auf jeder Seite explizit Platz.” Georg Kraft-Kinz, GD-Stv. der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, sieht sein Institut noch am Beginn eines Enttabuisierungsprozesses. „Wir sind noch nicht sehr weit, aber in Entwicklung.”
Lebensrealität respektieren
Für Georg Peter Petz, Direktor im Private Banking der Schoellerbank und bei agpro (austrian gay professionals) aktiv, ist dasBankengeschäft vor allem Vertrauenssache – und nicht in erster Linie an der sexuellen Präferenz festzumachen: „Generell gilt: Was will der Kunde? Und was kann ich ihm bieten?” Auf die persönliche Situation sei sensibel einzugehen. „Dabei muss ich als Kunde, aber auch als Mitarbeiter, das Gefühl haben, in meiner Lebensrealität voll und ganz respektiert zu werden”, so der geoutete Banker. Für Astrid G. Weinwurm-Wilhelm, Coach und Präsidentin der Queer Business Women (QBW), ist die Produktfrage noch lange nicht vom Tisch: Speziell bei Fragen des gemeinsamen Rechtsschutzes, etwa bei unterschiedlichen Wohnorten, herrsche Handlungsbedarf. „Hier braucht esendlich ein offenes LGBT-Ohr.” (rg)