„Auto ist mehr wert als Gesundheit”
© Lorenz Goldnagl
Diskutierten über Gesundheitsvorsorge: Sauermann (re.), Mair (Mitte) und ihre Gäste.
HEALTH ECONOMY 02.10.2015

„Auto ist mehr wert als Gesundheit”

Eine Expertenrunde zum Thema Vorsorge zog in Wien einen ungewöhnlichen Vergleich: Die Österreicher geben ­offenbar mehr fürs Auto als für ihre Gesundheit aus.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, wird es bei Gesundheitsthemen meist ungesund. Zwar scheint Gesundheit bei allen Umfragen als wichtiges Thema für die Menschen auf, doch die Realität sieht anders aus. Herr und Frau Österreicher geben von ihrem frei verfügbaren Einkommen mehr als 13% für ihr Auto aus, für die eigene Gesundheit weniger als 4%; Gesundheitsvorsorge wird von vielen in Österreich noch nicht so ernst genommen. Viele gehen erst zu einer Untersuchung, wenn sie bereits krank sind. Dagegen wird ein Jahrescheck beim Auto (Pickerl) selbstverständlich durchgeführt, betont Christoph Sauermann, Geschäftsführer des Gesundheitszentrums Mediclass.

Wartezeiten als Problem

Als einen Grund für die Zurückhaltung ortet Sauermann auch die angespannte Versorgungssituation und lange Wartezeiten. Jeder kenne die Schwierigkeit der Arztsuche, Terminorganisation, Pünktlichkeit oder die Dauer des Arztgesprächs. „Arztbesuche kosten die Patienten nicht nur wenige Stunden, sondern halbe Tage”, kritisiert Sauermann.

Neben den Problemen für den Einzelnen steigt damit aber auch die Belastung für Unternehmen. Mitarbeiter sind meist der größte Kostenposten in einem Unternehmen – durch verlängerte Wartezeiten auf Ordinationstermine bei Ärzten steigen Krankenstände und Fehlzeiten und damit die Kosten. Dass sich umgekehrt gesunde Mitarbeiter in einem Unternehmen auf die Umsatzzahlen positiv auswirken, sei unumstritten. Daher entwickeln viele Unternehmen ihre eigenen Vorsorgeprogramme für ihre Mitarbeiter, betonte Markus Mair von der Blue Motion Group, die Unternehmen in diesem Bereich berät.
Mediclass wiederum bietet mit schnellen und pünktlichen Arzt­terminen eine Lösung, ist Sauermann überzeugt. Patientenanwalt Gerald Bachinger ortet aber auch eine „Gesundheitsmüdigkeit” der Bevölkerung. Hier müssten die Rahmenbedingungen des öffentlichen Systems verbessert werden und da ist das Thema Wartezeit erneut eines der Hauptprobleme.

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