Bitteres Jubiläum
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Eine einfache Infektion könnte möglicherweise bald lebensbedrohlich werden, wenn Antibiotika-Resistenzen zunehmen.
HEALTH ECONOMY Redaktion 07.09.2018

Bitteres Jubiläum

Vor 90 Jahren wurden Antibiotika entdeckt – ein Siegeszug in der Medizin folgte. Doch der könnte bald zu Ende sein.

WIEN. Krebstherapien, Kniegelenkersatz, eine neue Niere – was für Millionen Patienten weltweit selbstverständlich scheint, wäre ohne die Entdeckung von Antibiotika vor 90 Jahren weitaus riskanter. Mit solchen Substanzen werden lebensgefährliche Bakterien, die sich bei Eingriffen verbreiten können, in Schach gehalten. Doch diese wichtige medizinische Therapie droht angesichts von Resistenzen zunehmend verloren zu gehen, warnt nicht zuletzt auch die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Millionen Tote befürchtet

Rund 700.000 Menschen sterben nach Schätzungen jedes Jahr weltweit an Infektionen, gegen die keine Antibiotika mehr helfen. Die Zahl könnte auf zehn Millionen im Jahr steigen, wenn Forscher das Problem der Antibiotika-Resistenzen nicht in den Griff bekämen, heißt es in einer Studie des Mahidol Oxford Research Centre (MORU) in Bangkok und des Infectious Diseases Data Observatory (IDDO) in Oxford. In vielen Ländern breiten sich Bakterien aus, die gegen Antibiotika immun sind. In den schlimmsten Fällen haben Ärzte dann keine Mittel mehr, um lebensgefährliche Infektionen zu stoppen.

Die Wissenschafter errechneten, dass die zunehmenden Resistenzen für die Gesellschaft schon jetzt auch eine immense finanzielle Herausforderung sind. Sie haben die Kosten von Antibiotika-Resistenzen – etwa höhere Todesraten, Einkommens­ausfälle und Mehraufwand für Diagnosen – zum Vergleich auf jeweils eine einzelne Behandlung mit Antibiotika heruntergerechnet.

Teure Resistenzen

In Thailand kostet demnach eine mehrtägige Behandlung mit dem Breitband-Antibiotikum Amoxicillin weniger als zwei Dollar, die Kosten durch Resistenzen beliefen sich aber auf mehr als das Fünffache. In den USA koste eine Behandlung mit demselben Mittel weniger als zehn USD, die Resistenzkosten lägen bei 18,60 USD. Hochgerechnet auf ein ganzes Land, kommen so Millionenbeträge zusammen.

„Im schlimmsten Fall sterben Menschen wieder an einfachen Infektionen etwa der Blase oder an Lungenentzündung, weil die Medikamente nicht wirken”, sagt Marc Sprenger, der die WHO-Abteilung für den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen leitet. (iks)

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