••• Von Martin Rümmele
WIEN. Mit der Eröffnung eines neuen, 19 Mio. € teuren Forschungsgebäudes in Wien hat der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim sein Bekenntnis zum Forschungsstandort Österreich am Dienstag bekräftigt. Schwerpunkt im neuen Gebäude wird die Arbeit an Immuntherapien gegen verschiedene Krebsarten sein. Die Onkologie ist eines der wichtigsten Therapiegebiete des Unternehmensverbands Boehringer Ingelheim und umfasst gezielte Krebstherapien und Immuntherapien. Zentraler Forschungsstandort hier ist konzernweit Wien.
Ziel von Boehringer Ingelheim ist es, mit innovativen Therapien möglichst vielen Krebspatienten ein längeres und beschwerdefreieres Leben zu ermöglichen, betonte Andreas Barner, Vorsitzenden der Unternehmensleitung, bei der Eröffnung. Der deutsche Konzern arbeitet dabei an Therapieansätzen, die entweder den Tumor selbst angreifen oder das Immunsystem aktivieren.
Krebszellen enttarnen
Der Ansatz: Krebszellen haben „Rechtschreibfehler” in der DNA, die ein ungebremstes Wachstum und ein längeres Überleben ermöglichen, die sogenannten Treibermutationen. Diese Mutationen sind zugleich die Achillesferse der Krebszelle, die sich dadurch von normalen Zellen unterscheidet, erklärt Darryl McConnell, Leiter des Forschungsstandorts Wien, Boehringer Ingelheim RCV. Die moderne Krebstherapie ziele genau auf diese Achillesferse und verschont so normale Zellen. Viele Patienten sprechen auf diese gezielten Therapien an, allerdings werden mit der Zeit die Tumorzellen durch weitere Mutationen resistent.
Krebszellen haben auch gelernt, sich zu tarnen, um sich vor dem Immunsystem zu „verstecken”. Bei der Immuntherapie werde das körpereigene Abwehrsystem dabei unterstützt, die Tarnung der Krebszellen zu durchschauen.
„Mit der Immuntherapie in der Onkologie erleben wir gerade den Aufbruch in eine neue Ära. Für uns in der Forschung geht es jetzt darum, Wege zu finden, um die restlichen 80 Prozent der Tumore zu enttarnen”, sagt McConnell. „Mit der Kombination von gezielter Krebstherapie und Immuntherapie wollen wir zeitgleich die Achillesferse der Krebszelle treffen und ihre Immuntarnung aufheben.”
Boehringer Ingelheim hat kürzlich seine neue Forschungsstrategie vorgestellt; wichtiges Element der neuen Strategie ist ein größerer Schwerpunkt auf Kooperationen mit externen Partnern. Mit diesem Ansatz kann das Unternehmen auf seine langfristigen Erfahrungen und Stärken in seinen wichtigsten Indikationsbereichen aufbauen und zusätzlich den riesigen kreativen Pool der weltweiten biomedizinischen Forschung durch offene Innovation nutzen.
Weitere Investition
„Wir sind ein forschungsintensives Pharmaunternehmen. Unsere Forschungsstrategie ist langfristig und auf nachhaltiges Wachstum ausgerichtet. Wir planen, in den nächsten fünf Jahren insgesamt elf Milliarden Euro in unser neues F&E-Programm zu investieren, davon fünf Milliarden in die präklinische Forschung und Entwicklung und davon 1,5 Milliarden in die Zusammenarbeit mit externen Partnern”, sagt McConnell.
Philipp von Lattorff, Generaldirektor von Boehringer Ingelheim RCV, unterstreicht die Bedeutung des Forschungsstandorts Wien: „Seit dem Jahr 2000 ist der Standort Wien für die Krebsforschung im Unternehmensverband verantwortlich; zudem investieren wir stark in die Grundlagenforschung, die ebenfalls in Wien angesiedelt ist.” Von Lattorff spricht damit Kooperationen mit mehreren nationalen Forschungseinrichtungen an – darunter das „Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie” (IMP) in Wien St. Marx, für das Boehringer Ingelheim derzeit ein neues, rund 50 Mio. € teures Forschungsgebäude errichtet.