Der Personalmangel verschärft die Konflikte
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HEALTH ECONOMY Redaktion 02.12.2022

Der Personalmangel verschärft die Konflikte

Der Gesundheits- und Pflegebereich steht unter Druck. Die Spannungen erhöhen den Kommunikationsbedarf.

••• Von Martin Rümmele

Ein Warnstreik in Ordensspitälern, die Drohung, den Mutter-Kind-Pass auf Kassenkosten auflaufen zu lassen, ärztliche Aktionswochen vor den Wiener Krankenhäusern, mehr als zehn Prozent Plus für die niedrigsten Gehälter in der Pflege und Sozialwirtschaft und die Drohung mit einem „Exodus” der 24-Stunden-Betreuerinnen und -Betreuer durch die Wirtschaftskammer: Die Gesundheitsberufe drängen auf mehreren Ebenen auf Reformen im Gesundheitswesen. Es fehlt zunehmend an Personal und wer da ist, klagt über zu harte Arbeitsbedingungen.

Gewerkschaft macht Druck

Da überrascht es wenig, dass die Wortmeldungen heftiger werden und Konflikte aus den Verhandlungen zunehmend in die Öffentlichkeit getragen werden. „Wir werden jetzt nicht tolerieren, dass wir durch die Wirtschaftskrise ärmer werden”, sagte Gerald Mjka, Vorsitzender des Fachbereichs Gesundheit in der Gewerkschaft vida, bei der Kundgebung.

In Wien und anderen Bundesländern sei das System im Spital schon nahe dem Kollaps, wie die Schließung eines ganzen Spitals in der Steiermark und Ambulanzschließungen in Tirol zeigen, erklärt Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer: „Ich habe aktuell aber eher den Eindruck, dass die Länder lieber weiterhin Leistungen einsparen möchten als entsprechend dem enorm gestiegenen Arbeitspensum der Ärzteschaft in unsere Spitäler und in unsere wichtigste Ressource, das Personal, investieren zu wollen.” Die Wiener Ärztekammer hat nun eine Anlaufstelle geschaffen, bei der Ärzte ihre eigentlich als spitalsinterne Vorwarnstufen gedachten Gefährdungsanzeigen deponieren können. Die Kammer will so öffentlich Druck erzeugen.

Zahlreiche Konfliktpunkte

Konfliktpotenzial gibt es auch im niedergelassenen Bereich. Dort streiten seit Wochen der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, Andreas Huss, und die Ärztekammer darüber, wie und ob das System der Wahlärzte reformiert werden sollte. Die Kasse ortet eine schleichende Zunahme der Privatmedizin und damit Konkurrenz für Kassenärzte, die Ärztekammer verteidigt das System, in dem u.a. viele Spitalsärzte parallel arbeiten, und argumentiert damit, dass die Versorgung ohne Wahlärzte gefährdet sei und die Kassen selbst schuld an der Entwicklung sind. Mit Deckelungen und Degressionen habe man Ärztinnen und Ärzte über Jahre hinweg in die „Fünf-Minuten-Medizin” getrieben. „Und jetzt zeigt sich Huss überrascht, dass dieses System nicht wahnsinnig attraktiv ist?”, wunderte sich Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart zuletzt in der ORF-„Pressestunde”.

Mehr Kommunikationsprofis

Für Konfliktstoff sorgt auch der Mutter-Kind-Pass. Die Tarife wurden über Jahre vor allem vom Bund nicht angepasst, dieser spielt den Ball aber nun an die Sozialversicherung, die Tarife mit den Ärzten verhandeln soll. Fazit: Die Ärzte drohen mit einem Ausstieg aus dem Vertrag, ÖGK-Obmann Huss kritisiert: „Wir fühlen uns nicht ernst genommen, wir fühlen uns vor allem nicht eingebunden.”

Wenig überraschend also, dass die Ärztekammer derzeit ihre Kommunikationsabteilung ausbaut (siehe Kasten). Jene von Wiener Ärztekammer und Österreichischer Ärztekammer zählen laut deren Websites zusammen bereits 21 Köpfe. Zum Vergleich: Im Bundeskanzleramt arbeiten 25 Leute im Kommunikationsbereich. Das sorgt im System für Unruhe.

„Verunsicherung”

Für die Streiks an den Ordensspitälern zeigt Gesundheitsminister Johannes Rauch noch Verständnis: „Ich kann Streikmaßnahmen, wenn die Not groß ist, verstehen. Das ist ein Ausdruck des Aufmerksammachens”, und man nehme das auch ernst; der Grüne Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner wirft der Ärztekammer aber im Hinblick auf den Mutter-Kind-Pass „Verunsicherung” vor und spricht von „Blockade”. Die die Generaldirektorin des Wiener Gesundheitsverbunds (WiGeV), Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, sprach in der Presse von einer „regelrechten Schmutzkübelkampagne”. Mit dem Aufruf, so viele Gefährdungsanzeigen wie möglich zu verfassen, werde das Ziel verfolgt, die Bevölkerung zu verunsichern. Huss wiederum kritisiert die „permanenten Störfeuer der Ärztekammer in der Öffentlichkeit, die die laufenden Verhandlungen ignorieren” als „unverständlich und kaum unterstützend”. Die Sorge von ÖGK, Kliniken und Ministerium: Die Debatten könnten es noch schwerer machen, Personal für das Gesundheitswesen zu finden.

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