Experten kritisieren die Corona-Kommunikation
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Die Regierungsspitze und die Gecko-Kommission haben nach Ansicht von Fachleuten Aufholbedarf in Sachen Kommunikation.
HEALTH ECONOMY Redaktion 25.02.2022

Experten kritisieren die Corona-Kommunikation

Regierung und Bundesländer haben mit Zickzackkurs Durchimpfungsraten und Impfpflicht vergeigt.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Eigentlich haben Regierung und Bundesländer im vergangenen Herbst mit Ankündigung der Impfpflicht gehofft, dass allein die Drohung die Impfquote erhöhen wird. Das war nicht der Fall. Seit das Gesetz für die Impfpflicht vorliegt, wird es von vielen Seiten zerpflückt. Die Folge: Die Impfquoten bleiben im europäischen Vergleich mager. Während etwa Italien bereits auf 91% kommt, liegt Österreich noch immer knapp über 70%. Eine Vollimunisierung durch die Boosterimpfung haben sogar erst knapp 50% der Bevölkerung. Grund dafür ist letztlich auch die Uneinigkeit der Bundesländer, die im November mit Einführung des Lockdowns auf der Impfpflicht bestanden hatten und seither ihre Meinungen öfters ändern als das Virus mutiert.

Schlechte Noten

Kritik kommt nun von Kommunikations- und Gesundheitsexperten. Der Vorarlberger Verhaltens­ökonom Gerhard Fehr ist einer davon, der die Krisen-Kommunikation der Bundesregierung bemängelt. Es brauche eine stringente Kommunikation, damit die Menschen nach den Lockerungen mögliche Einschränkungen im Herbst wieder akzeptieren würden. Wichtig ist für Fehr, verlässlich zu kommunizieren, was morgen passiert. „Die Entscheidungsträger müssen der Bevölkerung klarmachen, dass wir nicht wissen, was im Herbst kommt”, betonte der Verhaltensökonom im Interview von ORF Radio Vorarlberg. Die Rede von einem „Freedom-Day” im März und mögliche Schließungen im Herbst seien nicht stringent, das würden die Leute nicht verstehen. Auf die Frage, welche Schulnoten er der Bundesregierung für die vergangenen zwei Pandemiejahre geben würde, sagt Fehr, dass er die Kommunikation unterdurchschnittlich bewerten würde. Auf die Frage, ob Anreize mehr Menschen zu einer Impfung bewegen können, meint Fehr, dass sie bei jenen wirken könnten, die eine hohe oder mittelhohe Bereitschaft haben, sich impfen zu lassen. Bei jenen, die strikt gegen eine Impfung sind, könnten Anreize sogar kontraproduktiv sein, so Fehr; diese könnten dann sogar stolz darauf sein, dass sie kein Geld für eine Impfung annehmen.

Zentrale Steuerung fehlt

Die Überforderung vieler Institutionen bleibe selbst zwei Jahre nach Pandemiebeginn offensichtlich, sagt Peter Klimek vom Complexity Science Hub (CSH) Vienna und der Medizinischen Universität Wien im APA-Gespräch. Er fordert den Aufbau einer wissenschaftlich exzellenten, gesamtstaatlich organisierten Einrichtung, in der das Management professionell geleistet werden kann. In Österreich dominieren immer noch vielfach eilig aufgebaute Strukturen, denen oft wichtige Informationen fehlen, die zwischen politische Partikularinteressen eingezwängt agieren müssen und wo sich Wissenschafter meist in selbstausbeuterischer Weise beteiligen. Ein erster Ansatz zur Professionalisierung sei die Gecko-Kommission. Was Seuchenkontrolle betreffe, sei die Forschungslandschaft vor der Pandemie nicht optimal aufgestellt gewesen, sagt der Forscher.

Herbst im Fokus

Auch nach der Omikron-Welle und der bald erwarteten Dominanz der BA.2-Untervariante werde die Pandemie nämlich weiter ein Thema bleiben. Niemand wisse, was etwaige künftige Varianten noch bringen. Aufgrund der hohen Immunisierungsrate durch Impfung und Infektion in der Bevölkerung ist aber davon auszugehen, dass sich die negativen Auswirkungen künftig eher in Grenzen halten werden. Trotzdem geht der Immunisierungsgrad mit der Zeit wieder zurück, man sollte daher den Sommer für Auffrischungsimpfungen nutzen, um nicht im Herbst bei ungünstigerer Saisonalität wieder vor einem Problem mit der kommenden Erkrankungswelle zu stehen.

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