Gesundheitsreform bringt doch breite Akzeptanz
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HEALTH ECONOMY Redaktion 24.11.2023

Gesundheitsreform bringt doch breite Akzeptanz

Nach zähem Ringen scheinen sich die Stakeholder im Gesundheitswesen mit der Reform abgefunden zu haben.

••• Von Martin Rümmele

Für Gesundheitsminister Johannes Rauch (li. Bild: mit Finanzminister Magnus Brunner) ist es eine „große” Gesundheitsreform, für die Regierung die größte Veränderung der vergangenen 20 Jahre. Ärztekammer, Apotheker, Industrie und Krankenversicherungen jammern. Tatsächlich mussten alle Stakeholder zurückstecken und bekommen entweder nicht das, was sie sich erhofft haben, oder werden in ihrem Einflussbereich beschnitten. Gleichzeitig hat die Regierung Pläne, wie die Einführung einer Wirkstoffverschreibung für Ärzte, zurückgenommen.

Bei genauer Sicht ergeben sich dennoch ein paar spannende Ansätze, die das System in den kommenden Jahren verändern können. So wird in den Zielsteuerungsgremien, wo Länder und Krankenversicherungen gemeinsam die Versorgung planen und finanzieren, künftig festgelegt, wie und wie viele Krankenhäuser, Ambulanzen, Kassenärzte, andere Gesundheitsberufe und Primärversorgungseinheiten, Ambulatorien und eigene Einrichtungen der Sozialversicherung auf das jeweilige Bundesland verteilt werden sollen. Diese Festlegungen werden im regionalen Strukturplan verordnet, veröffentlicht und sind verbindlich – und künftig auch ohne Einspruchsmöglichkeiten der Ärztekammern umzusetzen.

Druck auf Wahlärzte

Damit kommt zumindest eine einheitliche Planung. Gleichzeitig verliert der Stellenplan der Ärztekammer dadurch an Bedeutung. Darüber hinaus müssen Wahlärzte in Zukunft das eCard-System, das eRezept und die Elektronische Gesundheitsakte ELGA nutzen. Die verpflichtende Diagnosecodierung kommt ebenfalls für alle Ärzte. In der Versorgung soll die Begleitung der Patienten zum „Best Point of Service” über die Hausärzte, verstärkt durch die Gesundheits-Hotline 1450, unterstützt werden. In Zukunft soll der Erstkontakt mit dem Gesundheitssystem überhaupt digital erfolgen. Das sieht die nun präsentierte eHealth-Strategie bis 2030 vor. So sollen telemedizinische Angebote in allen Versorgungsstufen ausgebaut werden. „Digital vor ambulant vor stationär – das ist der Leitsatz der aktuellen Gesundheitsreform”, erklärte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) dazu.

Für die Bewertung des Einsatzes hochpreisiger und spezialisierter Arzneispezialitäten kommt ein bundesweit einheitlicher Bewertungsprozess („Bewertungsboard”) zum Einsatz. Ein entsprechendes Gremium dafür soll, ähnlich dem Obersten Sanitätsrat, im Ministerium angesiedelt und vom Minister bestellt werden. Fix ist, dass auch Mediziner im Gremium sein sollen und dass es nur Empfehlungen ausspricht.
„Das Bewertungsboard bewertet keine individuellen Krankheitsfälle, sondern evaluiert nach sachlichen und wissenschaftlichen Kriterien den Einsatz eines neuen Medikaments”, erklärt Rauch.

Ärzte stimmen doch zu

Apotheken dürfen weiters künftig Medikationsanalysen und einfache Gesundheitstests wie Blutdruckmessungen durchführen; die Einrichtung von ausgelagerten Abgabestellen und Filialapotheken wird erleichtert. Zudem können sie werktags zwischen 6 und 21 Uhr und samstags zwischen 6 und 18 Uhr öffnen.

Die Ärztekammer, die sich letztlich in einigen Punkten mit ihrem Widerstand gegen die Gesundheitsreform durchgesetzt hat, sieht ein „brauchbares”, „gutes” Ergebnis. Die Ärztevertreter äußerten aber auch „noch Gesprächsbedarf”, etwa bei den ärztlichen Stellenplänen.
„Ab dem Zeitpunkt, an dem wir eingebunden wurden, fanden die Gespräche mit der Politik in konstruktiver und zielorientierter Atmosphäre statt”, befand Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart am Mittwoch in einer Aussendung. Alle Beteiligten hätten gemeinsam ein Paket zustandegebracht, „das die gröbsten Fehlentwicklungen verhindern wird” – so seien „Maßnahmen gegen die Sozialpartnerschaft” aus dem Paket gestrichen worden.

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