Großhandel kämpft mit niedrigen Pharmapreisen
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HEALTH ECONOMY Redaktion 30.08.2019

Großhandel kämpft mit niedrigen Pharmapreisen

Die Preissituation bei der Distribution von Medikamenten sei dramatisch, so Großhandelspräsident Windischbauer.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Lieferengpässe, niedrige Spannen, Wirkstoffverschreibung: Die Themen im Arzneimittelvertrieb sind derzeit breit gestreut. medianet sprach darüber mit Phago-Präsident Andreas Windischbauer.

medianet: Gesundheitsexperten warnen, dass derzeit 300 von 7.000 Arzneimitteln in Österreich nicht lieferbar sind. Ärzte und Apotheker streiten über Lösungen für die Versorgung. Wie groß ist das Problem?
Andreas Windischbauer: Wir müssen zuerst definieren, was eine Lieferschwierigkeit ist. Oft ist die Situation nur kurzfristig gegeben, denn die ganze Lieferkette steckt viel Mühe in eine rasche Lösung der Probleme. Der Patient hat aber in der Tat die Situation, dass er Medikamente nicht oder nicht gleich bekommt. Die Lieferkette ist heute viel anfälliger und sensibler – früher hatte jeder mehr Puffer. Doch das gibt es nicht mehr. Wir finden eine Zentralisierung der Produktion und auch der Logistik vor und steigende Lagerrisiken durch Preissenkungen bei den Medikamenten. Wenn da irgendwo etwas stockt, schlägt es durch. Durch die großen internationalen Veränderungen kommt es zudem immer wieder zu Unterbrechungen. Wir sind als Großhändler das Rückgrat, können uns aber der Situation nicht entziehen.

medianet: Es gibt Vorwürfe an die Industrie, dass sie nur auf hochpreisige Produkte setzt und Lieferverzögerungen auch nicht rechtzeitig meldet.
Windischbauer: Wir haben von der Industrie wöchentlich die Informationen, aber hier ist die Transparenz nicht komplett gegeben. Es gibt Firmen, die das gut machen. Ein anderes Mal weiß auch die jeweilige Landesorganisation nicht genau Bescheid. Es scheint so, dass das, was die Patienten brauchen, bei jenen, die nah am Patienten sind, anders gesehen wird als bei jenen, die weiter weg sind.

medianet:
Die Apotheker fordern, dass sie bei Verordnungen Produkte gegen gleichwertige tauschen können, wenn sie nicht lieferbar sind.
Windischbauer: Man muss unter­scheiden, wie groß das Problem beim Patienten wird. Aut idem ist schon jetzt eine oft praktizierte Lösung. Würde man in der Kette nicht pragmatisch reagieren, wäre der Aufschrei der Patienten höher. Persönlich finde ich dauerhaft pragmatische Lösungen problematisch. Der Arzt könnte beim Rezept auch vermerken, dass ihm wichtig ist, dass nicht ausgetauscht wird. Wichtig ist, dass sich beide Berufsgruppen finden. Wir haben eine Taskforce in der AGES mit allen Stakeholdern und kommen hier auch voran.

medianet: Zuletzt gab es Kritik, dass die Spannen von Apotheken und Großhandel niedrig sind.
Windischbauer: Hier ist für uns die Situation wirklich dramatisch. Wir reden über 140 Mio. Kassenarzneimittel, die wir an Apotheken abgeben. Davon sind 50 Mio. unter der Rezeptgebühr. Bei weiteren 20 Mio. bekommen wir weniger, als die Post für einen Standardbrief bekommt. Der ist aber weniger aufwendig zu bearbeiten. Gleichzeitig geht der Anteil der Direktbelieferung durch die Industrie bei hochpreisigen Produkten dramatisch nach oben. Das ist eine Situation, die unsere Mischkalkulation zerreißt. Hier braucht es Lösungen!

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