Kampf mit Regularien und Datenschutz
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HEALTH ECONOMY Redaktion 27.05.2022

Kampf mit Regularien und Datenschutz

Über zehn Prozent der heimischen Start-ups kommen aus dem Gesundheitssektor. Dabei geht’s nicht nur um Biotech.

••• Von Katrin Grabner

WIEN. Personalisierte Medizin, Digital Health und eine präventive Medizinindustrie – globale Trends wie diese sind in Österreich angekommen und werden durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus gerückt. Von 43,5 Mrd. € an Gesundheitsausgaben in Österreich im Jahr 2020 entfielen
7 Mrd. € auf pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte und Verbrauchsgüter. Trotz hoher Ausgaben gibt es aber nach wie vor Erkrankungen, für die es keine Therapie und Heilung gäbe – das Marktpotenzial für innovative Entwicklungen ist also groß. Laut der Life Sciences-Plattform LISAvienna entstehen mittlerweile allein in Wien jährlich 10 bis 20 neue Life Sciences-Unternehmen. Österreichweit waren laut Start-up Monitor 2021 von 2019 bis 2021 10,5% der befragten Start-ups aus dem Life Sciences-Bereich.

Fokus auf digitale Lösungen

„Auch im Digital Health-Bereich werden uns noch viele spannende Entwicklungen begegnen – sowohl bei Lösungen, die sich an hochspezialisierte Gruppen des Gesundheitspersonals wenden, als auch bei jenen, die zur Unterstützung und Begleitung von Patienten gedacht sind. Zudem wird in Zukunft mehr Gewicht auf digitalen Anwendungen zur Prävention von Erkrankungen liegen”, vermutet Johannes Sarx, Geschäftsführer bei LISAvienna.

Dass es in Österreich viele Talente und Gründungspotenzial gibt, sieht auch Irene Fialka, Geschäftsführerin des Universitären Business-Inkubators INiTS: „Es gibt weltweit einen hohen Bedarf in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Data und Cyber Security, Life Sciences, Bioinformatik und in den Materialwissenschaften – und genau da hat Österreich Stärken. Wien hat sogar das Potenzial dazu, ein Technologie-Start-up-Hub zu werden, aber da gibt es noch einige Hausaufgaben zu erledigen.” Österreich habe ein qualitativ hochwertiges Gesundheitssystem, hinke aber bei der Förderung innovativer Projekte hinterher.

Probleme bei Finanzierung

Fialka sieht vor allem im Bereich der Unternehmensgründung Verbesserungsbedarf seitens der Politik. Möchte man in Österreich ein Start-up im Gesundheitsbereich gründen, sei dies viel zu bürokratisch und kompliziert, das schrecke ab. Auch beim Thema Finanzierung könne man noch aufholen. Es gäbe zwar viel Stiftungsgeld, das Stiftungsrecht sei aber überaus risikoavers. „Es geht hier nach wie vor um dieselben Probleme wie schon vor 20 Jahre. Die Politik muss schneller handeln und es braucht vor allem mehr Mut – auch mehr Mut, Fehler einzugestehen und aus diesen zu lernen”, fordert Fialka.

Eva Prieschl-Grassauer, CSO der Marinomed Biotech AG und Vorstandsmitglied des Verbandes Biotech Austria, sieht das ähnlich: „Die Politikskandale der vergangenen Jahre haben Österreich nicht dabei geholfen, ein attraktiver Standort für Investitionen zu sein. Auch das Investitionsschutzgesetz wirkt eher abschreckend. Wichtig wäre es für Österreich, sich auf europäischer Ebene mehr einzubringen und dafür zu sorgen, dass es gute Rahmenbedingungen für Gründungen gibt.”

Datenschutz als Hürde

Aufholbedarf gäbe es auch im Bereich Digitalisierung und Daten, was laut Fialka einerseits mit dem föderalistischen System zusammenhänge, das „Ressourcen frisst”. Andererseits sei der Datenschutz ein Blocker, da dieser oft als Vorwand verwendet würde und so Innovationspotenzial verloren ginge: „Unser Datenschutzgesetz ist sehr gut, aber die Interpretation ist übervorsichtig. Die Hälfte aller vor dem Ethikrat eingereichten Studien scheitert am Datenschutz – nicht, weil er nicht eingehalten wird, sondern weil es mühselig ist, sicherzustellen, dass er eingehalten wird.” Helfen könnte laut LISAvienna der geplante EU Health Data Space. Dabei sollen „strukturierte, qualitätsgesicherte, länderübergreifend gesammelte Gesundheitsdaten” die Gesundheitsversorgung in der EU verbessern und die Marktposition der Union stärken.

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