Reformbremser
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Reformer Finanzminister Magnus Brunner und Gesundheitsminister Johannes Rauch drängen Länder und Ärztekammer zu Reformen. Die Pläne kommen nicht überall gut an.
HEALTH ECONOMY Redaktion 07.07.2023

Reformbremser

Bund, Länder und Krankenversicherung eint im Streit um die Gesundheitsform ein gemeinsamer Gegner: die Ärztekammer.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Der Nationalrat hat diese Woche auch die Reform der Primärversorgung beschlossen. In einem Aufwischen wurde auch der Einfluss der Ärztekammer bei der Mitsprache eingebremst. Denn die Standesvertretung gilt aktuell bei der Politik als Reformbremser. Sie habe unter anderem bisher verhindert, dass mehr Primärversorgungseinheiten gegründet werden, sagt die Regierung. Das stimmt zwar nur zum Teil, zeigt aber, dass die einst mächtige Standesvertretung an Einfluss verliert.

Konflikt mit Spitälern

Auch auf Landesebene gibt es für die Ärztekammer wenig Freunde: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) rief schon im Frühjahr dazu auf, den Einfluss der Kammer einzubremsen. Sein Nachfolger als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), erklärte nun, dass er zwar den Dialog suche, aber auch auf eine „konstruktive Mitarbeit” der Ärztekammer hoffe. Geschehe das nicht, müssten die Landesverantwortlichen und die Gesundheitskasse eben die Entscheidungen treffen. „Ich glaube, man muss dann Prioritäten setzen, wenn es partout nicht gehen kann”, sagte er in einem ORF-Interview.

Mit der Stadt Wien wiederum hat sich die Ärztekammer mit einem Warnstreik in der Klinik Otta-kring angelegt. Dort forderte das ärztliche Personal – durchaus begründet – bessere Arbeitsbedingungen. Sprecher der Streikkommitees war allerdings ausgerechnet ein Fraktionsmitglied des aktuell geschäftsführenden Ärztekammer-Vizepräsidenten Stefan Ferenci. Prompt kam der Vorwurf, dass der Streik von der Kammer initiiert worden sei. Ferenci wies das vehement zurück und legte sich umgekehrt auch gleich mit der Gewerkschaft an, die ihrerseits darauf pochte, dass nur sie die Legitimation habe, Beschäftigte in den Spitälern zu vertreten. Die Folge: Statt der Bündelung der Kräfte in der 2020 gegründeten Partnerschaft „Offensive Gesundheit” von Ärztekammer, Gewerkschaften und Arbeiterkammer richtet man sich nun über die Medien Unfreundlichkeiten aus.

Streit um Wahlärzte

Eine weitere Bruchlinie ist jene der Wahlärzte. Weil ihre Zahl zuletzt deutlich gestiegen ist, während die Zahl der Kassenvertragsärzte eher stagniert, fordern die Gesundheitskasse und einzelne Bundesländer eine Verpflichtung für Wahlärzte, auch öffentliche Leistungen anzubieten. Die Regierung will eine Anbindung von Wahlärzten an eCard und ELGA. Die Ärztekammer lehnt das ab. Er würde seine kleine Wahlarztordination zusperren oder Patienten sagen, dass sie nichts rückerstattet bekommen, „wenn man mich zwingt, eine eCard zu installieren”, sagte zuletzt der Ärztekammervizepräsident und Obmann der Kurier der Spitalsärzte, Harald Mayer.

Mehr Geld von Regierung

Die Regierung selbst versucht indes, den Ärzten Rosen zu streuen. In den nächsten fünf Jahren sollen dem Gesundheitsbereich, wie bereits Anfang Juni berichtet, 10 Mrd. € zugutekommen, bestätigten Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Montag. Geplant ist eine Strukturreform nach dem Grundsatz „digital vor ambulant vor stationär”.

Der Vorschlag des Bundes sieht eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs mit zusätzlichen Kassenstellen vor allem in der Primärversorgung, mehr Angebote zu Randzeiten und am Wochenende sowie eine Modernisierung des Honorarkatalogs vor. „Wir brauchen eine große Gesundheitsreform, um auch in Zukunft die Versorgung der österreichischen Bevölkerung in hoher Qualität sicherstellen zu können. Dazu brauchen wir den Konsens aller Beteiligten”, formulierte Rauch am Montag.

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