Risiko Antibiotika
© APA/dpa/Daniel Karmann
Die Pharmaindustrie forciert die Forschung nach neuen Antibiotika, um für resistente Keime gerüstet zu sein.
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 02.02.2018

Risiko Antibiotika

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat erstmals einen detaillierten Bericht zu Antibiotikaresistenzen vorgelegt.

••• Von Martin Rümmele

GENF/WIEN. Der drohende medizinische Supergau ist eine reale, aber kaum wahrgenommene Gefahr – die wenigsten spüren sie. Ein Entkommen wäre theoretisch möglich, aber in der Praxis gibt es kaum Gegenmassnahmen. Die Menschheit läuft damit Gefahr, eine ihrer schärfsten Waffen im Kampf gegen Infektionskrankheiten – Antibiotika – unbrauchbar zu machen. Sie riskiert, dass vielleicht schon bald kleine Eingriffe an der Haut, ein winziger Schnitt, eine Wunde oder eine an sich harmlose Entzündung im Todeskampf enden.

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde das Thema in New York in der Generalversammlung der Vereinten Nationen behandelt. Auch die G-20-Runde hat sich damit beschäftigt. Und in Parlamenten und Behörden auf der ganzen Welt wird nach Auswegen gesucht. Doch die Gefahr lässt sich bisher schwer auf eine Zahl bringen.
Bisher. Nun hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals einen umfassenden Bericht zum weltweiten Stand der Antibiotika-Resistenzen vorgelegt. Die Zahlen sind alarmierend: Auf der ganzen Erde, ob in Entwicklungsländern oder Industrienationen, stuft das neue Global Antimicrobial Surveillance System (GLASS) die Verbreitung resistenter Bakterien als hoch ein; zugrunde liegen dabei Daten von 500.000 Patienten aus 22 Ländern.
Am häufigsten wurden Resistenzen bei Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae und Salmonellen gefunden. Angaben zu resistenten Tuberkulose-Bakterien sind in diesem Bericht nicht enthalten, da die WHO hier bereits seit 1994 die Resistenzlage überwacht und den Global Tuberculosis Report veröffentlicht.

Enorme Probleme

Gegen Penicillin beispielsweise, mit dem über Jahrzehnte weltweit Lungenentzündungen behandelt wurden, waren je nach Land bis zu 51% aller Erreger resistent. Bis zu 65% der E.-coli-assoziierten Harnwegsinfektionen reagierten nicht auf Ciprofloxacin. Die WHO spricht von einer weltweit ernsten Lage. Einige der häufigsten und teils gefährlichsten Erkrankungen könnten mittlerweile nur noch schwer behandelt werden.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL