••• Von Evelyn Holley-Spiess
WIEN. Finanznot macht erfinderisch. Und so ließ Peter McDonald, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) kürzlich einen Versuchsballon steigen. Er forderte angesichts eines sich abzeichnenden Defizits von bis zu einer Milliarde Euro in der ÖGK unter anderem einen Solidarbeitrag der Ärzte, um das Problem in den Griff zu bekommen. Konkret geht es um die Jahre 2025 und 2026. Mehrleistungen durch höhere Patientenfrequenzen wolle man den Medizinern abgelten, die Ärzteschaft müsse der Solidargemeinschaft der Versicherten aber auch entgegenkommen. „Da werden wir diese zwei Jahre sehr eng zusammenrücken müssen, damit eben nicht Leistungseinschränkungen für die Versicherten notwendig wären, die wir nicht wollen”, skizzierte McDonald in einem Gespräch mit der Austria Presseagentur.
Sowohl Inhalt als auch die Ankündigung via Medien kam bei der Standesvertretung denkbar schlecht an. „Die ÖGK-Misswirtschaft kann man nicht den Ärztinnen und Ärzte anlasten. Nur 15 Prozent der ÖGK-Gesamtausgaben entfallen auf ärztliche Leistungen”, konterte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien, setzte nach und sprach von Managementversagen auf Seiten der ÖGK. Auf Basis des Finanzausgleichs sei zuvor noch von einem Gewinn in Höhe von 58 Mio. € die Rede gewesen, zuletzt von einem Defizit von 900 Mio., nun werde mit einem Milliardenloch gerechnet.
Solidarisches System in Gefahr
„In Briefen wird von Seiten der Kasse bereits offen angedroht, bei den Honorarverhandlungen keinerlei Spielraum zu haben. Wer Patientinnen und Patienten notwendige moderne Leistungen wie MRT oder CT verordnet oder gewisse Blutwerte im Labor anfordert, wird mittlerweile von der Kasse mit Argusaugen betrachtet”, schildert die Allgemeinmedizinerin. Fazit: Immer mehr Kollegen würden dem Kassensystem den Rücken kehren. Damit sei das solidarische Gesundheitssystem als solches in Gefahr.
