Spitalsmisere: Droht dem System jetzt der Kollaps?
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HEALTH ECONOMY Redaktion 28.04.2023

Spitalsmisere: Droht dem System jetzt der Kollaps?

Das Gesundheitssystem steckt in der Krise: Personal fehlt, Betten sind gesperrt. Die Länder fordern mehr Geld.

••• Von Martin Rümmele

Von drohendem Kollaps ist die Rede, von krankmachenden Wartezeiten ist die Rede und davon, dass die Notfallversorgung nicht mehr gesichert ist. Lange Zeit feierten sich Politiker, dass Österreich „eines der besten Gesundheitssysteme der Welt” hat. Jetzt ist es um solche Aussagen still geworden. Auch nach dem Ende der Pandemie ist die Situation in den österreichischen Spitälern angespannt.: Personal fehlt, Betten sind gesperrt.

Bei den Bettensperren handle es sich zudem um eine übliche Maßnahme, heißt es aus Wien. Gründe seien Sanierungen, technische Wartungen oder personelle Gründe wie Krankenstände. „Die Lage in Wien ist genauso katastrophal wie in den Bundesländern”, sagt Stefan Ferenci, stellvertretender Präsident der Ärztekammer Wien.
Auch in den Spitälern in Niederösterreich und Oberösterreich gibt es Engpässe. Knapp zehn Prozent der Betten in Oberösterreichs Spitälern sind aktuell gesperrt. Der Grund: Personalnot, hieß es laut APA sowohl bei den Ordensspitälern und der OÖ. Gesundheitsholding. Das Problem kommt aber nicht überraschend: Schon vor der Pandemie habe „in den oberösterreichischen Krankenhäusern nachweislich 20 Prozent zu wenige Beschäftigte gearbeitet”, sagt Helmut Freudenthaler, Betriebsratsvorsitzender des Med-Campus.
Auch die Situation in Salzburgs Spitälern sei angespannt, die Versorgung der Patienten wie auch die Notfallversorgung sei aber sichergestellt, heißt es von der Landesregierung. Aufgrund der demografischen Entwicklung und wegen der Multimorbidität älterer Menschen gebe es nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa eine enorme Leistungsverdichtung im Gesundheits- und Pflegebereich. Auch aus Tirol und Vorarlberg kommen Meldungen über eine angespannte Lage, ebenso in Kärnten und dem Burgenland. Die Notversorgung sei aber überall gesichert, wird versprochen.

Höhere Gehälter gefordert

„Wir werden höhere Löhne zahlen müssen, um hier das Schlimmste einmal abzufangen, und dann brauchen wir natürlich mittelfristig und längerfristige Maßnahmen”, sagt ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann. Der Mangel in der Pflege betreffe im Unterschied zu jenem bei Ärzten alle Gesundheitsbereiche. Für die Rektoren der Medizin-Universitäten haben die Probleme nichts mit einem Ärztemangel, sondern mit einem Verteilungsproblem zu tun.

Zuständig für die Spitäler sind die Länder, die oft auch Träger der Einrichtungen sind. Reichen die Zahlungen aus den Finanztöpfen von Kassen, Bund und den Ländern selbst nicht aus, müssen die Träger die Verluste selbst decken. Also wird gespart oder versucht, Leistungen in denn niedergelassenen Bereich zu verlagern. Dort verweist man darauf, dass die Länder während der Pandemie 700 Mio. € Zuschuss vom Bund erhalten hätten, die Kassen nicht.

Länder wollen mehr Geld

Die Gesundheitsreferenten der Bundesländer fordern jedenfalls Gespräche mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Ein Ideenpapier der Länder für eine Verbesserung der Versorgung sei bereits im Oktober 2022 vorgelegt worden. Rauch mache es sich zu einfach, wie zuletzt den Ball einfach an die Länder zu spielen, betonte der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, Hans Peter Doskozil (SPÖ). Der Gesundheitsminister hatte am Donnerstag gemeint, dass die Länder für die Situation in den Krankenhäusern zuständig seien, will sich aber bei den Finanzausgleichsverhandlungen mit allen Playern zusammensetzen. „Der Bund muss endlich wieder zu einer gerechten Finanzierung zurückkehren, anstatt wie in den letzten Jahren immer mehr Kosten auf Länder, Gemeinden und Spitalsbetreiber abzuwälzen”, erklärten die Gesundheitsreferenten LH-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP/OÖ), Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP/Vorarlberg), LH-Stellvertreter Christian Stöckl (ÖVP/Salzburg) und Stadtrat Peter Hacker (SPÖ/Wien) in einem Schreiben.

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