Wie Pharmaproduktion im Inland gehen kann
© Takeda
Nachhaltig Takeda setzt am Standort in Linz auf alternative Stromgewinnung und produziert von hier aus vorabgefüllte Spritzen für für den Weltmarkt.
HEALTH ECONOMY Redaktion 23.06.2023

Wie Pharmaproduktion im Inland gehen kann

Die Abhängigkeit von Asien sorgt seit Monaten für Debatten. medianet hat nachgesehen, wie es anders funktioniert.

••• Von Katrin Grabner

Wer an wichtige Produzenten von Wirkstoffen, Arzneimitteln und Medizinprodukten denkt, denkt wahrscheinlich zuerst an China, Indien und die USA – zu Recht: Europa bezieht über 60% seiner pharmazeutischen Wirkstoffe aus China und Indien. Aber auch Österreich produziert für den Weltmarkt – und nicht alle Unternehmen sind auf den ersten Blick bekannt. Am Standort Linz hat sich etwa Thermo Fisher Scientific auf kleinmolekulare Wirkstoffe (API) spezialisiert. Und das erfolgreich: „Von den insgesamt 22 Wirkstoffen, die die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Jahr 2022 zugelassen hat, wurden drei in Linz entwickelt”, erklärte Thomas Finn, Geschäftsführer und Standortleiter von Thermo Fisher Scientific Linz, im Rahmen einer Pressereise.

In Linz beginnt’s

Der oberösterreichische Standort der Thermo Fischer Scientific Inc., ein US-amerikanischer Technologiekonzern, befindet sich im Chemiepark Linz und ist mit 800 Mitarbeitenden der größte Standort für Wirkstoffherstellung des Unternehmens weltweit. Als Auftragsentwickler produziert die Firma in Linz von einigen zehn Kilogramm bis zu mehreren 100 Tonnen Wirkstoffe für Pharmakonzerne auf der ganzen Welt, die diese dann für ihre Arzneimittel verwenden. Zwölf bis 24 Projekte werden gleichzeitig bearbeitet. Die Exportrate des oberösterreichischen Produktionsstandorts beträgt 100%.

Nicht nur die kommerzielle Produktion selbst wird in den riesigen Hallen im Chemiepark gemacht, auch Forschung und Entwicklung spiele eine große Rolle. Neben Prozessentwicklung und -optimierung werden außerdem Qualitätsanalysen und -kontrollen vor Ort durchgeführt. Für einen Wirkstoff dauert der Zulassungsprozess im besten Fall acht, aber meist bis an die 15 Jahre. Die Thermo Fisher Scientific investiert weltweit rund 1,5 Mrd. USD pro Jahr in Entwicklung und Forschung – und das bei einem Jahresumsatz von über 40 Mrd. USD.

Große Investition bei Takeda

Hohe Investitionssummen gibt es auch beim Nachbarn. Der Pharmakonzern Takeda produziert ebenfalls im Chemiepark Linz. Und: Am Standort, der rund 700 Mitarbeitende zählt, sind Investitionen von rund 100 Mio. € bis 2025 geplant. Ziel ist eine Produktionserweiterung für die Herstellung des umsatzstärksten Produkts von Takeda weltweit: vorabgefüllte Spritzen für die Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Das oberösterreichische Produktionswerk gilt als Zentrum für die Fertigspritzen und Medikamente zur Selbstapplikation im Bereich Biologika.

Anders als Thermo Fisher Scientific stellt das japanische Unternehmen in Linz allerdings keine Wirkstoffe, sondern „nur” die Selbstapplikations-Pens und Spritzen selbst her; die Wirkstoffe werden zugekauft.

Verkürzte Lieferketten

Derzeit werden am Standort Linz rund 1,5 Mio. Stück Pens und Spritzen produziert, wobei 90% davon Pens sind und zehn Prozent Spritzen. Weltweit werden damit 35 Märkte beliefert.

Durch die geplanten Investitionen soll sich das Produktionsvolumen verdreifachen, alleine für die USA sollen es rund eine Mio. Stück pro Jahr werden. Die Zahl der Märkte, die von Takeda mit den Fertigpens und -spritzen beliefert wird, soll auf 70 ansteigen und in Folge 70% des weltweiten Bedarfs abdecken. Für die neuen Anlagen laufen aktuell die Validierungs- und Qualifizierungsläufe, ab dem Geschäftsjahr 2024 soll produziert werden. Um globale Lieferketten zu verkürzen, sollen am Standort außerdem zusätzlich 20 neue Tiefkühlschränke für die Lagerung des Spritzenwirkstoffs gegen eine chronisch entzündliche Darmerkrankung installiert werden. „Unsere Hauptaufgabe ist es, Patienten weltweit rechtzeitig mit unseren lebenswichtigen Medikamenten zu versorgen”, betont Roland Fabris, Geschäftsführer und Standortleiter von Takeda Linz.

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