Lasst uns stören!
© Matthias Zeppelzauer
Zur Maskierung werden Störsignale über den Lautsprecher des Mobilgeräts gesendet.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Paul Christian Jezek 08.09.2017

Lasst uns stören!

Mit dem Projekt SoniControl kann ungewolltes ­Audiotracking durch Smartphones geblockt werden.

••• Von Paul Christian Jezek

ST. PÖLTEN. Die permanente Vernetzung mobiler Endgeräte gefährdet die Privatsphäre und führt zu neuen Formen der Überwachung – z.B. kann ein Fernseher während eines Werbespots unhörbare akustische Signale („akustische Cookies”) aussenden. Mobile Endgeräte in der Umgebung nehmen diese Signale auf, dekodieren sie und senden über das Internet Informationen an die Sender des Signals zurück. So lässt sich feststellen, dass Fernseher und Mobilgerät derselben Person gehören und welche Werbung gerade gesehen wird. Dies ermöglicht das Erfassen des User-Verhaltens, ähnlich wie es mit Cookies im Webbereich seit Langem betrieben wird, jedoch über mehrere Geräte hinweg und ohne das Wissen der Nutzer.

„Akustisches Tracking ist besonders attraktiv für Content Provider, weil User davon nichts mitbekommen und über mehrere Geräte hinweg verfolgt werden können”, erklärt Matthias Zeppelzauer, Senior Researcher der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative\Media/Technologies der FH. „Mit dem Projekt SoniControl schaffen wir Bewusstsein für akustisches Tracking und schützen die Privatsphäre gezielt durch Erkennen und Filtern von akustischen Cookies.”

Akustische Cookies

Mit SoniControl entwickelt das FH-Team eine mobile Anwendung, die akustische Cookies aufspürt, Nutzer darauf aufmerksam macht und auf Wunsch das Tracking blockiert. „Wir nutzen Signalverarbeitungsmethoden zum Erkennen akustischer Cookies”, sagt Zeppelzauer. „Zur Maskierung werden Störsignale über den Lautsprecher des Mobilgeräts gesendet. So könnten akustische Cookies effektiv und mit hoher Verlässlichkeit neutralisiert werden, bevor das Betriebssystem oder mobile Applikationen darauf zugreifen können.”

Dadurch kann man Cookies selektiv blockieren, ohne die Funktionsweise des Smartphones zu beeinträchtigen. Die für Menschen unhörbare Maskierung der Cookies erfolgt mittels Ultraschall. Es gibt derzeit keine Technologie am Markt, die akustische Cookies erkennen und blockieren kann – die in diesem Projekt entwickelte Applikation repräsentiert den ersten Ansatz, Menschen die Kontrolle über diese Art des Trackings und über die Nutzung dieses neuen Informationskanals zu geben.
Sämtliche Projektergebnisse und die Applikation werden nach Abschluss des geförderten Projekts öffentlich zur Verfügung gestellt; das System ist somit für jede und jeden direkt nutzbar und erweiterbar. Die Applikation soll auch im Google Play Store zur Verfügung gestellt werden. Alle Projektergebnisse werden unter der Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht.

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