Schwierige Zeiten für die österreichische Industrie
© voestalpine
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 17.04.2020

Schwierige Zeiten für die österreichische Industrie

Hohe Arbeitskosten und Steuern gefährden die Erfolgsstory. Jetzt kommen die Auswirkungen von Covid-19 hinzu.

••• Von Paul Christian Jezek

Vor zwei Jahren erreichte die Industriekonjunktur in Öster­­reich ihren Höhepunkt. „Seitdem zeigte das Konjunkturbarometer der Industriellenvereinigung stetig nach unten”, erklärte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer zum Jahresschluss 2019 – wohlgemerkt somit weit vor den Corona-Wirren. Schon damals warnte Neumayer: „­Aktuell stehen wir vor einer längeren Phase unterdurchschnittlicher wirtschaftlicher Dynamik.”

Und fast schon prophetisch äußerte sich IV-Chefökonom Christian Helmenstein: „Nach Maßgabe unserer Indikatoren lässt sich eine Rezession in Österreich für dieses Jahr ausschließen – sofern nicht neue Negativschocks wie eine Pandemie auftreten …”

Was für die Industrie spricht

Dass bis dato eine Rezession in Österreich vermieden werden konnte, hängt laut Helmenstein mit der erfolgreichen „kleinen Internationalisierung” der heimischen Industrie wie auch des Finanzsektors in Richtung Zentral- und Osteuropa zusammen.

„Über die engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem betreffenden Raum importiert Österreich laufend konjunkturelle Impulse. Stabilisierend wirkt auch die Binnennachfrage infolge eines ganzen Faktorenbündels, darunter insbesondere der hohe Beschäftigtenstand, die deutlichen Reallohnzuwächse, die zurückgehende Sparquote und die steuerliche Entlastung der privaten Haushalte sowie anhaltend kräftige Wohnbauinvestitionen.”
Das türkis-grüne Regierungsprogramm war von der Industrie grundsätzlich gut aufgenommen worden. Klimaschutz oder Ökosteuern sind für die heimische Industrie „keineswegs eine gefährliche Drohung”, sagt IV-Präsident Georg Kapsch. „Wir sehen das eher als Aufforderung, in einen Dialog zu treten. Zwar steht Österreich nur für 0,2 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Das heißt aber natürlich nicht, dass wir nichts tun müssen.”
Die Industrie leiste seit vielen Jahren ihren Beitrag, was CO2-Reduktion betrifft.
„Etwaige kommende Maßnahmen müssen das berücksichtigen und dürfen daher jedenfalls nicht zu einer Mehrfachbelastung der heimischen Unternehmen führen”, betont Kapsch, dass solcherart verminderte Wettbewerbsfähigkeit sonst ein Abwandern der Betriebe in Länder mit geringeren Umweltstandards bewirken würden: „Das müssen wir unbedingt vermeiden, indem wir wettbewerbsfähig bleiben. Unser Ziel als Industrie ist es, möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu halten – wir sind immerhin für fast eine Million Arbeitsplätze verantwortlich.”

Immer zu wenig Fachkräfte

Den Wirtschaftsstandort Öster­reich sieht der IV-Präsident grundsätzlich gut aufgestellt – gleichwohl müssten entscheidende Themen wie etwa der Fachkräftemangel entschlossen angegangen werden.

Außerdem ist ihm die ­Steuer- und Abgabenbelastung in Öster­reich nach wie vor zu hoch – laut Studien liege sie im Unter­nehmensbereich bei rund 51% und damit an der fünfthöchster ­Stelle in Europa.
Weit oben auf der Agenda der heimischen Industrie bleibt zudem das Thema Lohnnebenkosten. „Wir gehen von diesem Thema nicht ab, weil die Arbeitskosten nach wie vor zu hoch sind. Die Menschen verdienen netto zu wenig, die Bruttokosten sind zu hoch”, stellt Kapsch klar.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL