Straßengütertransport in Österreich gewinnt 2021 kräftig an Tempo
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 26.11.2021

Straßengütertransport in Österreich gewinnt 2021 kräftig an Tempo

Trotz weiterer Anteilsverluste im grenzüberschreitenden Gütertransport hat der Logistikstandort Österreich jedoch an Attraktivität gewonnen und liegt weltweit auf Platz vier.

WIEN. Die Transportleistung österreichischer Straßengütertransporteure, also das beförderte Gütervolumen mal der Wegstrecke, ist 2020 um 1,9% gesunken. Einen stärkeren Rückgang der Transportnachfrage verhinderten die Baukonjunktur und derE-Commerce-Boom. „2021 wird die Transportnachfrage das Minus des Vorjahres vollständig ausgleichen. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage stehen die Transportunternehmen bereits vor dem Problem, genügend qualifizierte Mitarbeiter zu finden“, sagt Günter Wolf, Ökonom der UniCredit Bank Austria. Die Zahl der offenen Stellen bei Landverkehrsberufen liegt seit Juni 2021 wieder deutlich über dem Vorkrisenniveau.

Gütertransport kann im Jahr 2021 das Minus des Vorjahres rasch ausgleichen
Infolge der stark rückläufigen Außenhandelsnachfrage ist der grenzüberschreitende Transport mit neun Prozent besonders tief ins Minus gerutscht, während die Transportleistung im Inland stagnierte. Dass die Transportnachfrage im Inland im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsentwicklung, die 2020 um 6,7% real gesunken ist, relativ stabil blieb, war den moderaten Produktionseinbußen der heimischen Bauwirtschaft und vor allem dem E-Commerce-Boom zu verdanken. Sowohl die Beförderung von Baustoffen als auch Sammelguttransporte lieferten deutlich positive Wachstumsbeiträge: Die Transportleistung mit Baustoffen ist um 16% und die mit Sammelgut sogar um 57% gestiegen (bei einer gesamten Gütertransportleistung heimischer Unternehmen auf der Straße von 26 Mrd. Tonnenkilometern entfallen jeweils rund elf Prozent auf diese beiden Segmente).

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld in Österreich bleibe, so Wolf, 2021 wie auch 2022 für das Transportgewerbe vorteilhaft, mit Wirtschaftswachstumsraten von durchschnittlich fünf Prozent, wobei wesentliche Nachfrageimpulse von der Industrie und vom Außenhandel kommen. Vor diesem Hintergrund könne sich die Güterverkehrsleistung 2021 rasch erholen und das Vorjahresminus voraussichtlich mehr als ausgleichen. Die Transportleistung der heimischen Straßengütertransporteure sei im Inland, inklusive der Inlandsstrecken bei grenzüberschreitenden Fahrten, in den ersten drei Quartalen laut Schätzung der Statistik Austria bereits um rund neun Prozent gestiegen.

Fuhrpark und Arbeitskräftemangel
Ein aktueller Konjunkturindikator für das Transportgewerbe sind die Fuhrparkinvestitionen der gewerblichen Transporteure. Das Fuhrgewerbe hat bis zum August 2021 um sieben Prozent mehr Lkw über 3,5 t Nutzlast und um 34% mehr neue Sattelzugfahrzeuge erstmals angemeldet. Die Entwicklung ist ein deutliches Signal für den Konjunkturaufschwung im Straßengütertransport, auch wenn ein Teil darauf zurückzuführen ist, dass es 2020 zu einem stärkeren Rückgang der Neuzulassungen gekommen ist und die Transportunternehmen den Investitionsrückstau im Fuhrpark abbauen.

Die starke Transportnachfrage 2021 löste zudem einen Arbeitskräftemangel in der Transportwirtschaft aus. Dementsprechend sei das leichte Beschäftigungsminus im Straßengütertransport von zwei Prozent bis September 2021 vermutlich weniger die Folge einer vorsichtigen Kapazitätsplanung der Unternehmen, sondern vielmehr auf den Mangel an passenden Arbeitskräften zurückzuführen, vermutet Wolf. Branchenintern werde bereits von einem gravierenden Lenkermangel im Gütertransport gesprochen. Darauf weist auch die Zahl der offenen Stellen für Landverkehrsberufe hin. In dem Bereich werden seit Juni durchschnittlich 3.300 Arbeitskräfte gesucht, wesentlich mehr als noch vor der Krise – 2019 waren beim AMS in dem Berufssegment durchschnittlich 2.600 offene Stellen gemeldet.

Anteilsverluste im grenzüberschreitenden
Gütertransport 2020

Österreichs Transporteure sind 2020 gegenüber ausländischen Konkurrenten in Rückstand geraten. Die Transportleistung von und nach Österreich ist im Vorjahr mit im Inland registrierten Lkw um neun Prozent gesunken, mit ausländischen Fahrzeugen hingegen nur um zwei Prozent. Zudem haben inländische Unternehmen auch im Binnentransport Marktanteile verloren. In diesem Segment stagnierte die Transportleistung, während ausländische Transporteure im Binnenverkehr, also im Rahmen von sogenannten Kabotagefahrten, in Österreich eine um 11,5% höhere Transportleistung erbracht haben.

Seit 2008 hat sich der Anteil österreichischer Transporteure am grenzüberschreitenden Straßengütertransport von 38% auf 15% verringert. Großteils seien die Anteile an Transporteure aus den neuen EU-Mitgliedsländern, die zuletzt schon 71% der Transportleistung in diesem Segment erbracht haben, verloren gegangen. Weitere neun Prozent entfielen auf deutsche Lkw. „Die Statistik lässt hier erhebliche Leistungseinbußen für österreichische Unternehmen vermuten. Allerdings dürfte die Entwicklung im grenzüberschreitenden Gütertransport im Endeffekt weniger dramatisch sein, da zumindest ein Teil der Transporte mit Fahrzeugen ausgeführt wird, die von heimischen Transportunternehmen im Ausland angemeldet, das heißt ausgeflaggt, wurden, oder die über Auslandstöchter österreichischer Unternehmen abgewickelt wurden“, sagt Wolf.

Der Logistikstandort Österreich ist attraktiver geworden
Obwohl die Nachfrage nach Straßengütertransporten langfristig an Schwung verlieren werde, gebremst von zunehmend gesättigten Gütermärkten und vor allem dem klimapolitisch motivierten Ausbau der Bahn, seien die Perspektiven der Transportwirtschaft in Österreich erfreulich. Der Logistikstandort Österreich sei überdurchschnittlich konkurrenzstark, wozu nicht nur die zentrale Lage im Schnittpunkt wichtiger europäischer Verkehrsachsen beitrage, sondern auch die bemerkenswert gute Infrastrukturausstattung, so der Bank Austria Ökonom.

Im Vergleich des Logistikangebots von 160 Ländern weltweit ist Österreich von Platz 22 im Jahr 2014 bis auf Platz 4 im Jahr 2018 vorgerückt. (Der von der Weltbank erstellte „Logistics-Performance Index“ basiert auf Unternehmerbefragungen zur Qualität der Logistikumgebung in ihren wichtigsten Märkten.) Die Position verbesserte sich in fast allen Einzelkriterien, das heißt im Vergleich des Angebots an internationalen Transportmöglichkeiten, der Qualität der Logistikdienstleistungen, der zeitgerechten und verfolgbaren Auftragsabwicklung, der Infrastruktur und der Effizienz der Zollabfertigung von Lieferungen.

Die erste Position im Ranking belegt seit Jahren Deutschland. Im Vergleich zum Logistikstandort Deutschland werden für Österreich nur leichte Defizite bei der Dauer der Zollabfertigung beziehungsweise der Qualität der Flughäfen und Häfen festgestellt. Zugleich liefert der Index einige bemerkenswert positive Ergebnisse für den Standort Österreich – beispielsweise, dass die Frachtraten auf allen Verkehrsträgern niedriger als in Deutschland sind und die Qualität der Straßen- und Bahninfrastruktur ebenso wie der IT-Infrastruktur sowie die Qualität der Dienstleistungen rund um den Gütertransport sowohl auf privater als auch auf Behördenseite höher ist. (hk)

 

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