München/Brüssel. Mangelnde Ambitionen kann man der EU in Sachen Energie- und Klimapolitik nicht vorwerfen. Schätzungen zufolge haben die Länder der Staatengemeinschaft allein in den Ausbau der Windkraft- und Solaranlagen zwischen 2000 und 2010 rund 489 Mrd. Euro investiert.
Wie die Unternehmensberatung Bain & Company und das Weltwirtschaftsforum (WEF) allerdings in der Studie „The Future of Electricity: Attracting investment to build tomorrow’s electricity sector” ermittelt haben, wäre es auch deutlich billiger gegangen.
„Jeder vierte Euro hätte eingespart werden können”, so Klaus Neuhaus, Partner bei Bain & Company und Leiter der Praxisgruppe Industriegüter- und Dienstleis-tungen im deutschsprachigen Raum.
Der Grund für die Mehrausgaben liegt vor allem darin, dass innerhalb der EU keine gemeinsamen Umsetzungskonzepte existieren und die Länder ohne Abstimmung untereinander ihr eigenes Süppchen in Sachen Erneuerbaren Energien kochen.
Falsche Standorte
Darüber hinaus erfolgt die Auswahl der Standorte für Windkraft- und Solaranlagen häufig nach dem Gießkannen- oder Zufallsprinzip oder sie folgt regionalpolitischen Faktoren und berücksichtigt die klimatischen Rahmenbedingungen, die ein nicht unwesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen sind, zu wenig.
So liegt etwa die Sonnenleistung in Spanien mit 1.750 Kilowattstunden pro Quadratmeter rund 65% über jener in Deutschland, während die Kapazität der Solaranlagen in der Bundesrepublik die aus Spanien um 600% übertrifft.
Laut Neuhaus sei auf europäischer Ebene künftig eine stärkere Zusammenarbeit erforderlich, denn „nur so kann jedes Land seinen größtmöglichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emmissionen leisten.” Dadurch wird die Stromversorgung der Zukunft einerseits nachhaltiger, wirtschaftlicher und verlässlicher und damit auch für Investoren interessanter. Andererseits wächst durch die Gewissheit, dass die Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien optimal eingesetzt werden, auch in der Bevölkerung die Bereitschaft, sich an den Kosten zu beteiligen. Und dieser Rückhalt ist eine der maßgeblichen Voraussetzungen, damit die Energiewende zum Erfolg wird.
Europa am Scheideweg
„Beim Strommarkt der Zukunft steht Europa am Scheideweg”, so Bain-Partner Neuhaus. „Die EU muss zu einer echten Energie-gemeinschaft werden. Ansonsten drohen die Kosten bei der Erreichung der Klimaziele durch ineffiziente Anlagen und Versorgungsunsicherheiten auf Länderebene aus dem Ruder zu laufen.”
Spätestens auf dem UN-Klimagipfel Ende des Jahres in Paris müsse die EU ein klares Zeichen geben.