Wer den meisten Traffic verursacht, soll zahlen
© APA/dpa/Moritz Frankenberg
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 21.01.2022

Wer den meisten Traffic verursacht, soll zahlen

Österreichs Netzbetreiber wollen Netzkosten nicht mehr alleine stemmen und schielen auf Netflix & Co.

WIEN. Die Anforderungen an die heimischen Netze in Form von Datenvolumen stiegen mit Pandemiebeginn temporär abrupt an und wuchsen seitdem kontinuierlich: Mittlerweile machen Videoinhalte 70-80% des Internetverkehrs aus. Das Volumen des Datenverkehrs der drei Netzbetreiber A1 Telekom Aus­tria, Drei Österreich und Magenta Telekom stieg insgesamt von rund 5,6 Mio. Terabyte im Jahr 2019 auf rund 8,6 Mio. Terabyte im Jahr 2020 im Festnetz- und Mobilbereich an – das ist ein Plus von über 50%.

Fair ist anders

Dieser wachsende Teil des Netzwerkverkehrs, der mit 50% den Löwenanteil des gesamten Datenverkehrs verantwortet, werde laut IKT-Branchenverband hauptsächlich von großen US-Streaming-Plattformen generiert und monetarisiert. Die laufenden Netzwerkinvestitionen dafür trage der heimische Telekommunikationssektor und die privaten Haushalte über ihre Internettarife, während die bandbreitenhungrigen Streaming-Plattformen die Infrastruktur kostenlos nützen und kaum zur heimischen Wertschöpfung beitragen.

Es sei daher notwendig, so die CEOs von A1, Magenta und Drei, regulatorische Akzente Richtung faires Verursacherprinzip zu setzen, um die Beziehungen zwischen den globalen Technologiegiganten und dem digitalen Ökosystem in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen und nachhaltige Wertschöpfungskreisläufe sicherzustellen. Eine Gigabit-Infrastrukturabgabe nach dem Verursacherprinzip würde neben den Netzüberlastungskosten erstmals auch die gesamten sozialen Kosten des Datenverkehrs erfassen, insbesondere die durch CO2-Emissionen beim Energieverbrauch entstandenen Umweltkosten.
Damit würden wichtige Impulse gesetzt werden, um mittelfristig sowohl Strombedarf als auch Netzressourcen unter Berücksichtigung der ökologischen Komponenten zu optimieren. Die angestrebte CO2-Neutralität des IKT-Sektors werde nur dann möglich sein, wenn die direkten und indirekten Kosten der Datenökonomie effizient nach dem Verursacherprinzip bepreist und damit verantwortet werden.

Regelungen adjustieren

Knapp 700 Mio. € werden derzeit jährlich in die heimische Netzinfrastruktur investiert, bis zum österreichweiten 5G-Erlebnis im Jahr 2023 werden rund 3 Mrd. € an privatem Kapital fließen. Beim Glasfaserausbau in Österreich geht man zusätzlich von einer Investitionslücke in Höhe von 5 Mrd. € aus. Die drei CEOs und Vizepräsidenten des IKT-Branchenverbands Internet­offensive Österreich sind sich angesichts dieser Investitionsanforderungen einig, dass die bestehende Regulierung adjustiert werden muss.

Dazu A1-CEO Marcus Grausam: „Um den flächendeckenden Breitbandausbau zu beschleunigen, sollte die Finanzierungslücke durch jene geschlossen werden, die von der digitalen Infrastruktur auch am meisten profitieren. Dieser Kostenbeitrag könnte zweckgewidmet direkt in den Breitbandausbau fließen und so zur Nachhaltigkeit des digitalen Ökosystems beitragen.”

Warnende Stimmen

„Österreich und Europa müssen mit proaktiver digitaler Standortpolitik das Investitionsklima verbessern, um die notwendigen privaten Investitionen zu stimulieren, die für den flächendeckenden Gigabit-Ausbau und ein nachhaltiges digitales Ökosystem essenziell sind”, warnt Rudolf Schrefl, CEO Hutchison Drei Austria.

Andreas Bierwirth, CEO Magenta, legt nach: „Wenn wir es nicht schaffen, ein faires Verursacherprinzip im Datenökosystem zu implementieren, dann degradiert sich Europa zum reinen Infrastrukturbereitsteller, bei dem die Bevölkerung für die Infrastrukturkosten aufkommt, und nicht jene Unternehmen, die sie auch verursachen.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL