Wirtschaftlicher Druck steigt
© BASF
Vor allem bei Kunststoffen sorgt steigende Nachfrage für Verknappung des Angebots.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY 09.10.2015

Wirtschaftlicher Druck steigt

Verarbeitende Industrie in der D-A-CH-Region rechnet mit steigenden Rohstoffpreisen; Maßnahmen, um hier gegenzusteuern, fehlen aber noch weitgehend.

••• Von Britta Biron

KÖLN. Entgegen den Erwartungen sind in den letzten Jahren zwar die Preise etlicher Kernrohstoffe gesunken – so sind Stahl, Holz und Energie derzeit auf dem niedrigsten Niveau der letzten zwei Jahre –, dennoch trauen die Unternehmen „diesem Frieden” nicht und bleiben diesbezüglich pessimistisch, wie die aktuelle Rohstoffstudie des Beratungsunternehmens Inverto zeigt.

67% der befragten Industrieeinkäufer rechnen mit Preissteigerungen; das sind sogar deutlich mehr als im Vorjahr, als „nur” 53% dieser Meinung waren.

Schwacher Euro macht Sorge

Hauptgrund für diese negative Tendenz ist die anhaltende Schwäche des Euro. Der ungünstige Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar verteuert die meist in Dollar fakturierten Rohstoffeinkäufe und belastet bereits jetzt die Unternehmen stark.

Besserung sieht man hier nicht, eher im Gegenteil: 37% der Befragten erwarten weitere Kursverluste, und fast die Hälfte (49%) der Befragten geht von einer Stabilisierung auf dem aktuell niedrigen Niveau aus.
Die Versorgungslage bei Rohstoffen schätzt man grundsätzlich (72%) als zufriedenstellend ein, drohende Engpässe sieht man aufgrund der steigenden Nachfrage allerdings bei Kunststoffen (27%), und vor allem Hersteller von Maschinen und Anlagen fürchten eine Verknappung bei Seltenen Erden (22%).

Unsichere Konjunkturlage

Gestiegen ist auch die Sorge der Unternehmen bezüglich der konjunkturellen Entwicklungen (von 40% im Vorjahr auf derzeit 48%). Deutlich nachgelassen hat dagegen die Angst vor dem steigendem Wettbewerb; davon gehen nur mehr 45% aus, 2014 waren es noch 61%. Auch mögliche Personalknappheit bereitet derzeit kein Kopfzerbrechen (14%)

Fehlendes Spezialwissen

Angesichts der schwierigeren Bedingungen, mit denen man sich konfrontiert sieht, messen drei Viertel der Unternehmen dem Rohstoffeinkauf eine wachsende wirtschaftliche Bedeutung bei.

Doch die Einkäufer verfügen nicht immer über das notwendige Know-how, um optimal auf die derzeitige Marktentwicklung reagieren zu können. Zwar beherrscht die große Mehrheit das „Standard-Handwerk” und verfügt über Rohstoff- und Rohstoffmarktkenntnisse. Doch weniger als die Hälfte hat das technische Fachwissen zur Reduzierung des Rohstoffeinsatzes oder kennt sich mit Hedging-Verfahren zur Absicherung der Wechselkurs- oder Preisschwankungs­risiken aus.
Dementsprechend setzen die meisten Unternehmen weiterhin auf Bewährtes, 49% nutzen Preisverhandlungen, und 48% versuchen, Verträge über Euro- statt US-Dollar-Zahlungen zu vereinbaren. 44% kaufen Rohstoffe nur innerhalb der Eurozone, doch damit verlagern sie das Wechselkursrisiko nur zu den Lieferanten, die in der Regel mögliche Währungsschwankungen mit Aufschlägen ausgleichen.

Gegenmaßnahmen notwendig

Lars-Peter Häfele, Leiter des Competence Center Raw Materials bei Inverto: „Für die Mehrzahl der Unternehmen, die wir 2014 befragt haben, hatten entsprechende Risiko-Management-Vorhaben keine Priorität. Jetzt fehlen den Firmen die Voraussetzungen, um kurzfristig auf Preisanstiege reagieren zu können. Doch noch ist es nicht zu spät: Wer jetzt reagiert, kann die Auswirkungen begrenzen – und ist zudem besser auf künftige Marktveränderungen vorbereitet.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL