Erhellend Ein gutes Lichtkonzept prägt die Aura von Architektur und Raum. Das stellt Planer vor große Herausforderungen. Dementsprechend facettenreich ist das Leuchten-Angebot nationaler und internationaler Topmarken, Manufakturen und Designer.
Wien. Der Mann hat der Porto-Bistro Bar im Wiener Hotel Das Triest künstliche Dämmerungsphasen beschert, und für das prestigeträchtige Büroprojekt Telegraf 7 historisches Ambiente und moderne Arbeitswelt gekonnt ins Licht gerückt. Christian Ploderer, Österreichs renommiertester Lichtdesigner, war am Posten, als das denkmalgeschützte Salzburger Justizgebäude umgebaut und erweitert wurde – und im Rahmen einer neu geschaffenen Balance von hierarchischen Strukturen und gläserner Transparenz auch nach gefühlvoller Lichtplanung verlangte. Er rückte eine Synagoge ins richtige Licht und illuminierte das Wirken unterschiedlicher Haarkünstler. Der Lichtdesigner versorgt Studenten des überfüllten Audi Max der Uni Wien mit blendfreiem Umgebungslicht, und die Stammgäste der futuristische Club-Location Albertina Passage mit dem gewissen Wow!-Effekt. Von einer immer größer werdenden Anzahl an Showrooms oder Flagship-Stores gar nicht erst zu reden.
Natürliche Dunkelheit
Aber wer zu Ploderers privatem Kreis zählt, der kann den heimischen Doyen des Lichtdesigns auch in ganz natürlicher Dunkelheit treffen. In seinem Bergbauernhof in der Steiermark, einem Ort, der seit 1732 ganz ohne Strom auskommt. Hier transformiert Christian Ploderer an der eigenen Spannung, macht sich frei für ganz besondere Nuancen des Lichts. Dem elementaren Zucken der Gewitterblitze und den schimmernden Strukturen der Milchstraße ist man hier ja besonders nah. Dem Kerzenlicht als einziger künstlicher Lichtquelle auch …
Wer Christian Ploderer in seinem Büro trifft, um mit ihm über abstrakte Themen wie Lichtstärke oder -farbe zu sprechen, landet nicht auf einem historischen Bergbauernhof, sondern in der Salmgasse im Wiener Bezirk Landstraße. Sie befindet sich nur einen Steinwurf von der „Neuen Post am Rochus”, einem Headquarter mit annähernd 1.000 Postmitarbeitern, dessen denkmalgeschützter Gebäudetrakt aus den 20er-Jahren vor Kurzem um eine strenge Rasterfassade aus weißem Naturstein erweitert wurde.
Christian Ploderer verweist gern auf den komplexen Großauftrag, der sich damit für ihn verband: Ein Lichtkonzept für repräsentative Räume und Entrees, für moderne Bürowelten und unterschiedliche Fassaden war da gefordert. Rollt man heute in lauen Wiener Nächten oder gar im feuchten, weichen Novembernebel an diesem ambitionierten Bürobau vorbei, so wirkt die meisterhafte Realisierung stets ein wenig anders. Wie mit einem Malkasten zauberte Ploderer die verschiedensten Lichtnuancen: mal hell, warm, gemütlich, dann wieder kalt und klar, gab er der ohnehin facettenreichen Architektur auf diese Weise ihren letzten Schliff. Christian Ploderer betonte Akzente, baute Räume im Raum und inszenierte die differenzierten Dramaturgien der Büros und Gemeinschaftszonen wie ein Dirigent.
Ein Ausdruck von Wohlstand
Außenarchitektur mit Licht in Szene zu setzen, ist ein Trend, der mit neueren Entwicklungen im LED-Bereich zu tun hat, und mit der Praktikabilität, die diese Technologien nun ermöglichen. „Eine einzige kleine Lichtprismenbox – gerade einmal so groß wie eine Zigarettenpackung – erzeugt einen großen Lichtrahmen in einem Fensterloch”, erklärt Ploderer. „So kann man heutzutage mit wenig Geld eine große Wirkung erzielen.” Der Aufwand für die Instandhaltung und Stromverbrauch bleibt dabei klein.
Aber es geht auch um psychologische Dimensionen, weiß der Designer: „Fassadenbeleuchtung wirkt immer repräsentativ und ist ein Ausdruck von Wohlstand.”
Das ist selbstverständlich nichts Neues und weit älter als die Erfindung elektrischen Lichts. Ploderer nennt Palermo als Lieblingsbeispiel. Genauer: die Balkone der historischen Patrizierhäuser an der ikonischen Piazza Quattro Canti. Hier fanden sich stets Kerzenständer – um das Haus und seine Bewohner im wahrsten Sinne des Wortes „in ein gutes Licht zu rücken”.
Mit Stift und Tusche
Christian Ploderer weiß, wovon er spricht. Er studierte Industriedesign an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien und hatte dabei das Glück, von Größen wie Hans Hollein, Ettore Sottsass und Hermann Czech unterrichtet zu werden – und zwar noch analog mit Stift und Tusche. Die nimmt er heute „auf Wunsch der Kunden” wieder öfter in die Hand, wenngleich er solche Zeichnungen selbstredend mit digitalen Techniken verschränkt. Konsequente Karriereschritte begleiten den beruflichen Weg: Bereits 1987 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für Design, 2006 erfolgte schließlich die Gründung des eigenen Studios.
Geblieben ist dabei die Begeisterung für das vielschichtige Thema Licht – und die Quantensprünge der damit verbundenen Technologien. Wenn der Designer von den Möglichkeiten des LED spricht, leuchten seine Augen. „Wir durchbrechen momentan eine Schallmauer! Heute können Dutzende Lichtebenen in Räumen gestaltet und einzeln angesteuert werden.”
Klar auch, dass diese neuen Möglichkeiten zum Experiment einladen, zu nuancierten Klaviaturen an Licht-Akzenten, mit denen Ploderer Projekte in große Bühnen verwandelt. Oder in kleine, raffiniert inszenierte. Dass Lokalgäste meistens in dunkleren Zonen sitzen, aber das Essen immer bestens ausgeleuchtet sein muss, gehört zum Einmaleins der Branche; Ploderer dazu: „Wenn ich an meine Eltern denke, die lebten mit einem Luster und einer Schirmleuchte – im Gegensatz zu den heutigen Möglichkeiten in einer Art Leuchten-Monokultur.”
… über hemmungslose Preise
Keine Frage: Die Sensibilität für die Bedeutung von Licht ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, die Preise vielleicht sogar noch stärker. Wer heuer auf der Euroluce in Mailand, der wichtigsten Messe zum Thema Beleuchtung, unterwegs war, konnten das beobachten. 5.000 € für eine kleinere Wandleuchte und bis 30.000 € für ein Beleuchtungssystem in einer Küche sind da keine Seltenheit. „Komplexe und variierbare Systeme müssen nicht automatisch hochpreisig sein”, weiß Ploderer über dieses Thema. „Bisher kosteten Steuerungssysteme oft genauso viel wie die Beleuchtung selbst. Das ändert sich aber gerade.” Nicht zuletzt ändert es sich dank innovativer Technologien. Der Hersteller Casambi hat beispielsweise ein Steuermodul entwickelt, das in Leuchten verbaut wird, die man dann über Bluetooth und eine App steuern und dimmen kann. Kästen und Kabel in den Wänden entfallen. Wer umzieht, kann seine Leuchten einfach mitnehmen.