Aber beim Kukuruz glüht der Kolben
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.06.2025

Aber beim Kukuruz glüht der Kolben

Die schizophrene Wahrnehmung von Neuer Gentechnik auf dem Teller und im Krankenhaus.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 WIDERSTAND. Höhere Erträge, weniger Pestizide, positive ökonomische und soziale Effekte in Entwicklungsländern … Seit Jahren wird die Neue Gentechnik (NGT) als Schlüssel zur Lösung globaler Herausforderungen in der Landwirtschaft gehandelt. Am Dienstag wurde in Brüssel der von der European Non-GMO Industry Association und dem US-Non-GMO Project erstellte „New GMOs Market Report” veröffentlicht, eine aktuelle Studie zur Marktrealität von Pflanzen aus Neuer Gentechnik („Genetically Modified Organisms”, GMO). Er skizziert ein anderes Bild: Kaum ein GMO-Produkt der neuen Generation hat es in nennenswerter Breite in Anbau oder Markt geschafft, viele Entwicklungen wurden zurückgezogen.

Was der Report ausblendet – seitens der Verfasser vorhersehbar („Non-GMO”) – ist die Tatsache, dass die neuen Generationen gentechnisch veränderter Organismen (via CRISPR/Cas) zwar in ihren Pipelines feststecken, die etablierten (herbizid-, dürre- und insektenresistente Soja-, Mais-, Baumwollpflanzen) jedoch global längst Mainstream sind – mit mehr als 200 Mio. Hektar Anbaufläche allein im vergangenen Jahr.

Die ARGE Gentechnik-frei forderte anlässlich des Reports, dass sich die österreichische Regierung „klar und pro-aktiv für Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Risikoprüfung von NGTs einsetzen” solle. Österreich erlaubt keinen kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, sehr wohl aber den Import als Tierfutter. 80% des verfütterten Sojaschrots sind gentechnisch verändert. „Gentechnikfrei” ist dennoch ein Verkaufsargument.

Faktisch betrachtet verzeichnet die relativ junge Neue Gentechnik ihre größten Erfolge abseits der Landwirtschaft, in Medizin und Biotech. Meilensteine sind die Heilung von Sichelzellanämie, neue Krebs-Therapien und die Insulin-Herstellung via optimierter Mikroorganismen. 2008 stand an dieser Stelle im Blatt: „Niemand stößt sich daran, dass die moderne Heilmittelindustrie die Gentechnik braucht. Aber beim Kukuruz glüht der Kolben.” Viel hat sich nicht verändert.

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