••• Von Britta Biron
Großartige Kampagnen, mutige Ideen, starke Haltung – auf den ersten Blick war die diesjährige Ausgabe der CCA Venus Awards wie die 52 davor. Mit einem besonderen Unterschied: erstmals waren die Jurys geschlechterparitätisch besetzt. Keine einfache Aufgabe, denn mit einem Frauenanteil von rund 23% spiegelt sich innerhalb des CCA die Gender-Realität im Arbeitsalltag der heimischen Kreativbranche längst noch nicht wider. Die Club-interne „Frauenlücke” hat man heuer mit 25 Gastjurorinnen aus der Branche gefüllt, um die Expertise und Perspektiven von Frauen stärker in die Juryarbeit einzubringen. „Wir haben ausschließlich positives Feedback erhalten”, freut sich Almut Becvar, Partner + CCO Studio Riebenbauer und CCA-Vizepräsidentin. „Viele waren begeistert von der offenen Atmosphäre und den Diskussionen auf Augenhöhe und haben sich daraufhin für eine Mitgliedschaft im CCA beworben, was uns zeigt, dass dieser Schritt nicht nur für die Juryarbeit, sondern auch für die Öffnung des Clubs wertvoll war.”
Neue Ära
Die Erläuterungen zur neuen Strategie der Jurybesetzung hatte allerdings auch eine Entschuldigung an die männlichen Clubmitglieder erhalten, dass sie nun auf das Privileg eines quasi garantierten Juryplatzes verzichten müssen. Zwar hatte man keine offene Revolte erwartet, aber vielleicht doch ein wenig Widerstand.
„Wir wollten einfach von Beginn an alle mitnehmen. Natürlich sagen alle, dass Parität wichtig ist – aber wenn es dann konkret bedeutet, den eigenen Platz zugunsten einer anderen Perspektive abzugeben, kann das bei manchen Unverständnis auslösen, vor allem wenn man es gewohnt war, jedes Jahr Teil der Jury zu sein”, erklärt die CCA-Vizepräsidentin.
„Uns war wichtig, transparent zu erklären, warum dieser Schritt notwendig ist. Es ging nicht um Schuld oder Verzicht, sondern um ein gemeinsames Verständnis für mehr Fairness und Repräsentation. Die paritätische Besetzung war außerdem von Beginn an ein klares Versprechen unseres Vorstands. Gerade wir als Kreative müssen hier Vorbild sein. Es sollte außer Frage stehen, ob wir diesen Weg gehen – es ist unsere Verantwortung, Vielfalt aktiv mitzugestalten. Der Club wächst, und wir haben die Jurygrößen in diesem Jahr bewusst etwas verkleinert, um mehr Raum für fundierte Diskussionen zu schaffen. Dass nicht jedes Mitglied automatisch einen Juryplatz bekommt, ist eine logische Konsequenz. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sich der Blick auf kreative Exzellenz immer wieder verändert und neue Perspektiven in die Bewertung einfließen. In der Jury zu sein sollte nicht selbstverständlich sein – sondern ein Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Branche. Und wie sieht das generelle Fazit der diesjährigen Jurysitzungen aus? „Wir haben viel positives Feedback zur paritätischen Besetzung der Jurys erhalten – insbesondere von Frauen, aber auch von Männern”, so Becvar weiter.
„Eine vielfältig zusammengesetzte Jury spiegelt die Realität der Branche besser wider und führt zu ausgewogeneren, gerechteren Diskussionen und Entscheidungen. Ohne diesen Perspektivenmix dominiert schnell ein einseitig maskuliner Blick auf kreative Exzellenz, der der Vielfalt der Branche nicht gerecht wird. Für uns ist die paritätische Jurybesetzung ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Diversität, Fairness und Qualität in der österreichischen Kreativszene – und ein Weg, den wir entschieden weitergehen werden.”
Positives Feedback
„Wundersam sachlich. No Bullshit. No Bullies. Nur die Liebe zur Sache”, bringt Rosa Merlicek ihre Juryerfahrung auf den Punkt. Ihre Kollegen und Kolleginnen sehen das ähnlich. Die Diskussionen waren geprägt von gegenseitigem Respekt, konstruktivem Austausch und echtem Fokus auf die Qualität der Einreichungen.
„Die Hierarchie tritt in den Hintergrund, das Argument in den Vordergrund. Lautstärke wird durch inhaltliche Tiefe ersetzt – eine Kultur des Zuhörens und der echten Auseinandersetzung. Exzellenz bleibt der Maßstab”, sagt Jacky Hamid, Director Creative Strategy &Us und Juryvorsitzende für die Kategorie Creative Effectiveness. „Es wird nicht weniger streng, nicht beliebiger, nicht „weichgespült”. Die Zahl der ausgezeichneten Arbeiten ist heuer nahezu identisch mit den Vorjahren. Der Unterschied liegt im Prozess: Die Gespräche sind besser. Die Entscheidungen transparenter. Die Diskussion fairer. Kurzum – die Jury leistet mehr, nicht weniger.”
Mut zur Veränderung
Auch Simon Pointner, Co-Founder und Creative Director Studio Freunde und Vorsitzender der Jury für die Kategorie Design und CCA Vorstandsmitglied, zieht ein positives Fazit: „Diese Jury war vielfältig und hochkarätig besetzt aber geeint im Anspruch. Ein gemeinsames Ringen um die richtigen Entscheidungen. Sie hat nicht einfach bewertet. Sie hat kuratiert. Gewichtet. Gerungen. Und entschieden – für das, was zählt. Die besten Arbeiten des Jahres.”
Ist diese neue Jury ein Blick in eine gleichgestellte Zukunft der Kreativbranche? Wenn ja, dann ist, so Hamid, die Botschaft eindeutig: „Wir haben allen Grund zur Vorfreude – und zur Tat. Wenn man sieht, wie produktiv, inspirierend und respektvoll diese neue Jury gearbeitet hat, wird klar: Der Kreativbranche mangelt es nicht an talentierten Frauen, sondern an Mut zur Veränderung. Davon würden aber alle profitieren: Frauen, Männer, Teams, Kultur – und am Ende auch das kreative Ergebnis. Wer also heute noch Ausreden sucht, wird morgen nicht mehr ernst genommen.”
Mehr Vielfalt & Fairness
Die Halbe-halbe-Regelung der Jurys ist aber nicht die einzige Maßnahme, mit der der CCA sein Geschlechterungleichgewicht korrigieren will. „Wir planen im Herbst ein Meet & Mingle mit Impulsvortrag zum Thema Female Skills, begleitet von Diskussion und interaktivem Austausch. Das soll das erste Event von mehreren dazu sein. Dabei geht es nicht nur um Sichtbarkeit, sondern auch um konkrete Unterstützung: Wir möchten Frauen ermutigen, sich zu bewerben, ihnen bei Fragen zur Seite stehen. Unser Ziel ist es klar zu machen: Der CCA steht für Offenheit, Weiterentwicklung und kreative Vielfalt – nicht für Exklusivität oder überholte Strukturen”, so Becvar abschließend.
