Gastbeitrag ••• Von Franz J. Kolostori
WIEN. Zum 50. Geburtstag der E-Mail hat sich Apple etwas Kontroverses überlegt. Mit dem neuen „Mail Privacy Protection”-Feature kann das Öffnen von E-Mails nicht mehr getrackt und die IP-Adresse sowie die Geolocation der Empfänger nicht mehr nachvollzogen werden.
Medien und Blogger sehen darin einen fatalen „Angriff auf das E-Mail-Marketing”. Diese Ansicht teile ich nicht. Das Mail Privacy Protection-Feature eignet sich zwar für Aufreger-Headlines, Schaden nehmen wird die Disziplin dadurch jedoch nicht. Denn: Im Marketing sind nicht ausschließlich die Zahlen der Reportings ausschlaggebend. Vielmehr geht es um starke Inhalte, eine klare Strategie, Ideenreichtum und clevere Workarounds.
Inhalte schaffen Bindung
Apple hat das Medium E-Mail mit dem neuen Feature zusätzlich gestärkt, indem es diejenigen enttarnt, die ausschließlich auf schnelle Erfolge und kurzfristig gut zu vermarktende Click- und View-Zahlen setzen und nicht auf langfristiges, nachhaltiges Handeln, bei dem der Empfänger im Mittelpunkt der Kommunikation steht.
Marketing darf nicht ausschließlich zahlengetrieben sein. Manager, die das fordern, schenken aktuell auch Artikeln über den (erneuten) vermeintlichen Tod des E-Mail-Marketings Glauben. Und vielleicht ist es dann auch besser, wenn diese das Feld denjenigen überlassen, die mit spannenden, nutzbringenden Inhalten vorgesorgt haben.
Vorhandene Bereitschaft
E-Mail-Newsletter von Unternehmen sind in den meisten Ländern Europas seit geraumer Zeit bereits mit Privacy Protection für ihre Kunden unterwegs. Jedes seriöse Kunden-Mailing mit Marketing-Inhalten enthält seither einen Abmeldelink, der auch genutzt wird, wenn ein E-Mail-Newsletter für den Empfänger an Relevanz verloren hat. Es ist somit davon auszugehen, dass Kunden nach wie vor bereit sind, für gute Inhalte auch ihr Klickverhalten preiszugeben.
Wer sich also bis jetzt nicht von Newsletter-Verteilern abgemeldet hat, wird auch nicht generell dagegen sein, wenn die Statistiken dazu ausgewertet werden. Erst durch das richtige Interpretieren der Statistiken lernen Marken und haben die Chance, ihre Inhalte zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Statistiken richtig lesen
Zugleich erkennen Profis nicht nur Prozentveränderungen in den Statistiken, sondern bewerten die kreative Arbeit der Marketing-Abteilungen im Gesamten. Natürlich werden sich die Zahlen der E-Mail-Newsletter mit dem iOS15-Update, je nach Inhalt und Ausrichtung, in unterschiedlichem Maß leicht nach unten bewegen. Daran werden wir uns aber gewöhnen, und die aktuellen Daten geben dann den neuen Maßstab vor.
Das hat aber an der Verbreitung der Kommunikation in keinster Weise etwas geändert. In solchen Situationen zahlt sich die Bindung zur Leserschaft aus. Wir werden ganz klar sehen, dass eine höhere Bindung auch im geringeren Verlust bei den Öffnungsraten zu erkennen sein wird. Denn: E-Mail-Marketing ist harte Arbeit, aber mit Ideenreichtum und Begeisterung bleibt es einer der persönlichsten und nachhaltigsten Kommunikationskanäle im Marketing-mix.
Franz J. Kolostori ist Gründer und Geschäftsführer des E-Mail- und Event-Marketing-Spezialisten eyepin. www.eyepin.at