„Außergewöhnlich bleiben”
© Oliver Gast
MARKETING & MEDIA Redaktion 08.03.2024

„Außergewöhnlich bleiben”

Agentur-Gründer Robert Jasensky im Interview über lebensverändernde Krisen, historische Momente sowie künftige Ideen und Projekte von section.d.

Seit über einem Vierteljahrhundert ist section.d ein fester Bestandteil des österreichischen Agenturmarkts und hat sich insbesondere bei Shop Design und Corporate Publishing einen Namen gemacht. Nun startet das Unternehmen wieder neu durch: Seit 1. Februar ist Gründer ­Robert Jasensky als Alleingesellschafter wieder voll an Bord und hat einiges über seine Zukunftspläne sowie über die jüngste Vergangenheit zu berichten.


medianet: Mehr als 25 Jahre lang haben Sie section.d erfolgreich als Duo geleitet, gemeinsam mit Ihrem Geschäftspartner Max Haupt-Stummer. Nun sind Sie seit Kurzem Alleingesellschafter des Unternehmens. Was war denn der Grund dafür?
Robert Jasensky: Gerade im zurückliegenden Jahr habe ich hautnah gespürt, dass im Leben manchmal tiefgreifende Veränderungen unvermeidlich sind, um die Zukunft neu zu entdecken. Mein bisheriger Geschäftspartner Max Haupt-Stummer hat sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, das Unternehmen zu verlassen und sich dafür entschieden, im Alleingang ein neues Projekt zu starten. Das Ende einer so langen, guten Partnerschaft bedaure ich natürlich sehr. Zugleich akzeptiere ich aber selbstverständlich seine persönlichen Prioritäten und seinen Entschluss, andere Wege zu gehen. Zurückblickend muss man sehr dankbar dafür sein, dass wir einen so langen gemeinsamen Erfolgsweg hatten – eine Partnerschaft, die über ein Vierteljahrhundert andauert, ist in unserer schnelllebigen Branche keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

medianet:
Apropos tiefgreifende Veränderungen – in den letzten Monaten waren Sie geschäftlich und persönlich nicht sehr präsent; was ist passiert?
Jasensky: Ich hatte vergangenen Juni einen schweren Unfall und bin bei Arbeiten auf meiner Dachterrasse aus neun Metern Höhe abgestürzt – eine Sache, die mit etwas weniger Glück auch tödlich hätte ausgehen können. Nach einem so einschneidenden Erlebnis muss man sehr dankbar dafür sein, dass man überhaupt irgendwo wieder präsent sein darf. Allerdings waren die Monate im Krankenhaus und während der Rehabilitation für mich eine erstaunlich positive Erfahrung – alle Menschen, die mich in dieser Zeit behandelt und betreut haben, waren großartig. Und natürlich ist es während so einer Zeit auch un­vermeidlich, dass man sich gewisse Fragen zu seiner persönlichen und geschäftlichen Zielsetzung und Orientierung stellt – Krisen können manchmal auch Klarheit schaffen und mehr Fokus dafür, was im Leben wirklich zählt.

medianet:
Wie geht es Ihnen heute?
Jasensky: Danke für die Nachfrage – den Umständen entsprechend und von einigen Einschränkungen abgesehen durchaus gut. Ich bin wieder weitgehend mobil und intakt und darf auch auf kontinuierliche Besserung hoffen – ein großer Glücksfall, für den ich äußerst dankbar bin. Und auf jeden Fall bin ich wieder in einer angemessenen gesundheitlichen Verfassung, um meiner Rolle und Verantwortung als derzeitiger Alleingesellschafter gut gerecht zu werden.

medianet:
Sie haben nach dieser schwierigen Zeit nicht etwa beschlossen, sich zurückzuziehen, sondern ganz im Gegenteil alle Gesellschaftsanteile von section.d übernommen. Was hat Sie eigentlich zu dieser Entscheidung und zu diesem Neustart motiviert?
Jasensky: Nachdem mein ehemaliger Geschäftspartner Max Haupt-Stummer sich zum völligen Rückzug aus allen Agenden der section.d entschlossen hat, war für mich klar, dass ich es meiner Verantwortung dem Unternehmen gegenüber und vor allem auch unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gegenüber schuldig bin, das Unternehmen als Alleingesellschafter so erfolgreich und zukunftssicher wie möglich weiterzuführen.

Schließlich ist diese Erfolgsgeschichte von section.d vor allem der wertvollen und professionellen Arbeit unserer Mitarbeiter zu verdanken.
Im Sinne dieser erfolgreichen Weiterführung haben wir nun auch mit Michael Reiter als Geschäftsführer einen erfahrenen Unternehmensberater mit an Bord, der auf höchstem professionellen Niveau alle wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens betreut und uns strategisch kompetent berät.


medianet:
Wenn Sie auf die bisherige Geschichte von section.d zurückblicken – auf welche Projekte und Arbeiten sind Sie besonders stolz und welche sind auch für die Zukunft eine valide Visitkarte?
Jasensky: Das sind auf jeden Fall unsere vielfältigen Branding- und Shop-Design-Projekte für führende Handelsunternehmen, allen voran die Rewe Group. Mit unseren Shop-Designs für Billa haben wir sicher so manche Spuren in der österreichischen Handelslandschaft hinterlassen und zuletzt in Wien mit dem Billa Flagship-Store im denkmalgeschützten Palais Herberstein am Michaelerplatz vielleicht sogar ein klein wenig Geschichte geschrieben.

Immerhin war an diesem Ort einst seit 1847 das berühmte Café Griensteidl zu Hause, und uns lag viel daran, der Vergangenheit des Hauses als einstige Kultstätte der Wiener Genusskultur mit unserem Designkonzept gerecht zu werden. Der Genusskultur ist auch eines unserer erfolgreichsten Corporate Publishing-Projekte gewidmet, das gourMetro-Kundenmagazin für Metro Österreich, das wir seit mittlerweile acht Jahren erfolgreich als anspruchsvolles Gourmet- und Gastro-Magazin betreuen.
Und stolz bin ich nicht zuletzt auch darauf, dass section.d soeben den German Design Award 2024 in Gold für das Corporate Publishing-Buchprojekt ‚Was wäre ohne Attensam?' erhalten hat – Konzept & Text: Nikolaus Prokop, Design: Viktoria Weber, Fotografie: Thomas Windisch –, eine der höchsten Auszeichnungen für hervorragende Designkonzepte im deutschsprachigen Raum.


medianet: An welchen Projekten arbeiten Sie mit section.d aktuell?
Jasensky: An der Entwicklung eines extrem spannenden Medien-Projekts im absoluten High-End Bereich – eine Herausforderung, wie man sie nicht oft im Leben erhält, und eine Chance, von der wohl alle in unserer Branche träumen. Mehr dazu darf ich noch nicht verraten – aber es ist ein Projekt, das auf jeden Fall ganz hervorragend in unsere neue und sehr zukunftsorientierte Phase der Unternehmensentwicklung passt.

medianet:
Da bei section.d alle Zeichen auf Zukunft stehen – in welche Richtung soll sich das Unternehmen in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Jasensky: Einerseits wollen wir natürlich unsere bewährten, breit gefächerten Kernkompetenzen weiterhin beibehalten, ausbauen und an künftige Herausforderungen anpassen, also Brand und Packaging Design, Shop Design sowie Publishing, Medienkonzepte und Content-Marketing in sämtlichen Online- und Offline-Kanälen.

Wir haben bisher eine sehr ­flexible und individuelle Kombination von Design, Architektur und Content gelebt und wollen das auch in Zukunft weiter­führen, da uns das auf dem Markt außergewöhnlich gemacht hat.


medianet:
Für viele Unternehmen ist auch Empoyer Branding ein wichtiges Thema geworden. Welchen Stellenwert nimmt dies bei Ihnen ein?
Jasensky: Ebenso wichtig wie unsere strategische Ausrichtung ist auch unsere Unternehmenskultur – wir waren in den vergangenen 25 Jahren stets ein Heimatort und eine kreative Drehscheibe für ein Team von außergewöhnlichen Designern und Kommunikationsprofis und wollen das auch in den kommenden Jahren konsequent ausbauen. Nachhaltiger Erfolg hat auch viel mit Wohlgefühl, Zugehörigkeitsgefühl und persönlicher Entfaltungsfreiheit zu tun, speziell auch, was die Erwartungshaltung jüngerer Generationen an ihr Arbeitsumfeld betrifft.

Deshalb wollen wir mehr denn je ein einladender Ort und ein Unternehmen sein, an dem sich außergewöhnliche Menschen und Kreative rundum wohl fühlen und entfalten können – und das schließt selbstverständlich größtmögliche Offenheit für junge, kommende Generationen und auch für mögliche neue Partnerschaften und Allianzen in Zukunft mit ein.


medianet:
Sie selbst sind mittlerweile mit demnächst Mitte Fünfzig bald die Elterngeneration der jungen, innovativen Kreativen – welche persönlichen Ziele und Wünsche hat man in dieser Lebensphase und nach den Erfahrungen der jüngsten Zeit für ein Unternehmen wie section.d?
Jasensky: Ziele setzt man sich oft, um dann auf dem Weg festzustellen, dass vieles häufig ganz anders kommt, als man gedacht hat. Doch wenn ich einen persönlichen Wunsch oder gar eine Vision äußern darf – ich würde mich freuen, wenn section.d oder vielleicht einige unserer Arbeiten in weiteren 25 Jahren möglicherweise als Beispiele für zeitlose Klassiker in die österreichische Designgeschichte eingehen.

Wenn man heute zu diesem Thema in Büchern blättert oder im Web googelt, dann stechen beispielsweise Kampagnen und Konzepte hervor, wie sie in den Achtziger- und Neunzigerjahren die GGK von Hans Schmid mit Christian Satek als Creative Director hervorgebracht hat. Palmers, Römerquelle – das waren vor über 30 Jahren zukunftsweisende Kampagnen-Legenden, die mich mit ihrer besonderen Emotionalität als junger Mensch sehr beeindruckt haben.
Wenn man es heute im Zeitalter von Artificial Intelligence, maschinengenerierter Kreativität und umfassender Social Media-Vernetzung mit all ihren Chancen, aber auch Herausforderungen und Gefahren schafft, vielleicht eines Tages ähnlich bleibende emotionale Spuren zu hinterlassen, die Menschen tatsächlich bewegen – das würde ich wirklich als Lebenserfolg sehen. (oj)

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