Besser ois a Stan am Schädl
MARKETING & MEDIA Redaktion 01.04.2022

Besser ois a Stan am Schädl

Ein Ausflug in die Koalitionsgrammatik aus Sicht der Linguistik und Evolutionsbiologie.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

ZWEIDEUTIGKEITEN. Nach einigen Jahren der diversen türkis-schwarz-blau-grünen Regierungen hat in Österreich eine gewisse Ambiguitätstoleranz Einzug gehalten. Dabei hilft das heimische Idiom und seine Weisheiten. Hüft’s nix, schodt’s nix, besser ois a Stan am Schädl, des is g’hupft wie g’hatscht, hätti, wari, tati, ned gschimpft ist globt gnua, ois hoib so wüd – und der König der zweideutigen Eindeutigkeiten: Na no na ned! In Sachen „Resilienz”, um ein Trendvokabel des Coachingspeak zu benutzen, macht dem gelernten Inländer kaum jemand etwas vor.

Die Reihenfolge von türkis-schwarz-blau-grün müsste eigentlich, so man den Erkenntnissen der Evolutionsbiologie und Linguistik trauen darf, anders lauten. In der Entwicklung vom ersten Lebewesen mit Pigmentaugenfleck bis zum modernen Menschen entwickelte sich der Sehsinn in den Grundzügen von monochromatisch (hell-dunkel, schwarz-weiß), über blau und grün bis hin zu gelb und rot. Wobei blau – innerhalb der Sprachentwicklung – die längste Zeit als irgendwie grün eingestuft wurde.

Homer nutzte in seiner Dichtung kaum gängige oder aus heutiger Sicht zutreffende Farbbezeichnungen – Meer, Schafe, Eisen? Veilchenfarben. Blätter sind grün, Gesichter, Holz und Honig auch. Auch eine völlige Blaublindheit der antiken Griechen wird bis heute heftig diskutiert. Alleine, dass der Himmel nie als blau beschrieben wurde, hinterließ rätselnde Forscher. Viele Sprachen unterschieden überhaupt nur zwischen drei Farben: Schwarz, Weiß und Rot; wobei alle dunklen Farben zu Schwarz gezählt werden. Dazu kommt, dass etwa zehn Prozent der Menschen, fast ausschließlich Männer, rot-grün-blind sind (und dennoch autofahren). Es ist verwirrend.

Abschließend noch einmal zur Koalitionsgrammatik: Da wir uns, die Menschheitsgeschichte und deren Sprachmuster berücksichtigend, eigentlich nur auf Schwarz und Rot als halbwegs allgemeintauglich einigen können, war die Große Koalition so schlecht wohl nicht. Weil: Besser ois a Stan am Schädl.

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