WIEN. Mit neuem Design und Schwerpunkten sprechen die Psychosozialen Dienste in Wien mit der Kampagne #darüberredenwir ab sofort vor allem junge Menschen an. Faktenbasiertes Wissen wird zielgruppengerecht und niederschwellig bereitgestellt. Zudem sollen psychischen Erkrankungen und den Erkrankten selbst in all ihren Facetten Raum geboten werden – denn nach wie vor sind Schizophrenie, Suchterkrankungen oder Essstörungen mit Vorurteilen behaftet. Mythen und falsche Annahmen kursieren weiterhin nach wie vor rund um psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten und Einrichtungen.
„Das Thema psychische Gesundheit hat es in die Mitte der Gesellschaft geschafft – meint man. Doch bei genauerem Hinhören, sehen wir, dass der öffentliche Diskurs nur an der Oberfläche kratzt. #Selfcare und Selbstoptimierung geben uns das Gefühl, jede und jeder kann es schaffen, aus einer psychischen Krise mit ein bisschen Bewegung und Therapie herauszukommen. Das stimmt allerdings nicht“, erklärt Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen der Stadt Wien.
Nach wie vor mangelt es laut Lochner an Wissen rund um Diagnosen, Behandlungsformen und Umgang mit psychischen Erkrankungen. Zudem spiele die Ressourcenfrage auch beim Thema psychische Gesundheit eine wichtige Rolle: „Die aktuellen Krisen – sei es Pandemie, Krieg, Teuerung oder die Klimakatastrophe – treffen uns alle, doch wir sitzen nicht alle im selben Boot. Wir alle befinden uns auf der stürmischen See, doch während manche auf einer Luxusyacht sicher sind, müssen andere auf einem wackeligen Floss gegen die Fluten ankämpfen.“
Bei Kindern und Jugendlichen haben sich die psychischen Problematiken und diagnostizierten Erkrankungen in den vergangenen Jahren stark erhöht. Zahlreiche Studien belegen den Anstieg von Suizidgedanken, Angsterkrankungen und Essstörungen. Zudem belegt unter anderem die in den letzten drei Jahren durchgeführte SORA-Studie zur psychosozialen Situation der Wiener, dass bestehende Hilfsangebote von Betroffenen spät oder gar nicht Anspruch genommen werden.
„Wichtig ist, dass junge Menschen über die Behandlungs- und Unterstützungsangebote Bescheid wissen. Außerdem dürfen sie nicht zögern, Hilfe zu holen, falls es nötig ist und auch hinschauen, wenn es im Freundeskreis Probleme gibt“, betont Primar Dr. Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste in Wien. Mit den aktuellen Sujets will der PSD-Wien wach rütteln, zur Selbstreflexion anregen und alle Facetten der psychischen Gesundheit sichtbar machen.
2019 starteten die Psychosozialen Dienste in Wien die Kampagne zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen #darüberredenwir. Was als kleine Initiative startete, fand großen Anklang in der Wiener Bevölkerung. Der Staatspreis in der Kategorie „Digitale Kommunikation“ im Jahr 2020 unterstrich die Bedeutung der Kampagne. Auf Facebook und Instagram hat sich eine Community gebildet, die sich austauscht und Erfahrungen teilt.
Mit Tipps und faktenbasierten Informationen hilft #darüberredenwir zudem Betroffenen, Erfahrungsexpert und Angehörigen.
Anlaufstellen bei psychosozialen Krisen, Sorgen und Fragen rund um Psyche für Wien:
Sozialpsychiatrischer Notdienst: 01 31330
täglich, rund um die Uhr
Sorgenhotline Wien: 01 4000 53000
täglich 8:00 bis 20:00 Uhr
Kriseninterventionszentrum Wien: 01 / 406 95 95
MO–FR 8:00 bis 17:00 Uhr