••• Von Dinko Fejzuli
Mit der Einführung der neuen Struktur #OneSales stellt sich ProSiebenSat.1 Puls 4 in der Vermarktung neu auf. Peter Strutz, Commercial Director Sales TV & Digital, skizziert im Interview mit medianet die Ziele der Reorganisation, die strategische Bedeutung von lokalem Content – und erklärt, warum es bei der Kampagnenplanung nicht mehr um den Ausspielkanal, sondern um die Zielgruppe geht.
„Wir haben Ende April die Struktur präsentiert“, erklärt Strutz. Die große Veränderung: Die bis dato getrennten Bereiche TV und Digital sind nun in einer gemeinsamen Unit zusammengeführt. „Im Endeffekt ist TV und Digital zu einer Einheit verschmolzen – was in allen Bereichen jetzt sichtbar geworden ist.“ Strukturell gliedert sich der neue Aufbau in vier zentrale Bereiche: „Das ist einerseits ‚Integrated Sales‘ – also der gesamte Key Account Management-, Agency Sales- und NewBiz-Bereich – und ‚Advanced Advertising‘, wo alle nicht-klassischen Produkte wie Addressable TV, AdFactory und auch SevenVentures organisiert sind“, so Strutz.
Ergänzt werden diese beiden außenorientierten Bereiche durch zwei verstärkt intern fokussierte: Account Execution (Kampagnenabwicklung TV & Digital sowie Agency & Client Support). Revenue Management deckt die Bereiche Revenue & Inventory Management, Tools & Data ab. Die neue Struktur ist dabei keine rein organisatorische Übung, sondern eine klare Reaktion auf den veränderten Medienkonsum.
„Wie auch die aktuelle Bewegtbildstudie besagt, macht TV über alle Altersgruppen hinweg mehr als die Hälfte bis hin zu 90 Prozent der täglichen Bewegtbildnutzung aus und belegt damit deutlich den ersten Platz. Der Trend geht nicht weg von TV, sondern hin zu verstärkt zeitversetztem und Livestream-TV sowie zu hochwertigem Content für unterschiedliche Zielgruppen“, so Strutz. Entscheidend sei es, relevanten, lokalen Inhalt zu produzieren. So erreicht man fast alle, denn „die Österreicherinnen und Österreicher können die für sie bevorzugte Ausspielungsart, live oder on Demand, sowie die für sie passende Plattform, TV oder Digital, selbst wählen“
Junges Publikum
Als ihre stärkste Plattform im digitalen Bereich nennt Strutz Joyn: „Wir wissen, dass über 50 Prozent der Joyn-User unter 40 sind. Damit erreichen wir ganz gezielt die neue Streaminggeneration.“ Für andere Zielgruppen bleibe lineares TV – sprich: der Big Screen – weiterhin erste Wahl. Dafür sei auch die neue TV-Messung mit Teletest 2.0 ein Meilenstein gewesen, denn über die Einbindung von Big Data durch die hbbTV-Messung gehören Reichweitenschwankungen bei kleineren Sendern oder Zielgruppen der Vergangenheit an. Dadurch kann der Einsatz von TV-Budgets in der Mediaplanung noch zielgerichteter erfolgen.“ Und für nicht Fernsehende?
„Manche haben keinen linearen Anschluss mehr, aber sie haben Joyn am Fernseher laufen. Das ist genau der Punkt: Es geht um das Zusammenspiel beider Welten.“
Gebündelte Beratung
Auch in der Vermarktung zeigt sich dieser Wandel. „Wir wollen, dass es für den Kunden noch einfacher wird“, so Strutz. „Es geht um Bewegtbildkampagnen – je nach Zielgruppe spielen wir sie entweder im linearen Fernsehen, digital oder in Kombi aus.“ Dazu gehöre auch persönlich gebündelte Beratung, „eine Ansprechperson, die dann das Budget optimal auf die passenden Plattformen verteilt“.
Ein Ziel sei es dabei auch, den Fokus in der Branche zu verschieben: weg von starren Gattungsgrenzen, hin zu integrierter Bewegtbilddenke. Österreich ist ein Bewegtbild-Land, 99% der Menschen konsumieren mindestens wöchentlich Bewegtbild.
„Diese neue Struktur kommt dem Wandel des Konsums gepaart mit der starken Bewegtbild-Nutzung nach. Sinkende TV-Erlöse sollen mit stetig wachsenden Digitalerlösen aufgefangen werden“, so Strutz. „Unser Ziel ist, dass Wertschöpfung im Land bleibt.“ Die internationalen Tech-Giganten würden mehr denn je große Teile des Werbekuchens abziehen – 2024 rund 2,6 Mrd. €. „Unser echter Vorteil ist unsere Nähe zum Markt, zur Zielgruppe und sind unsere lokal relevanten Inhalte. Lokale Stärke ist das Motto!“
Ein wesentlicher Aspekt, mit dem sich das Haus positioniert, ist das Thema Brand Safety. „Bei uns ist garantiert: Der gesamte Content ist brand safe“, stellt Strutz klar. „Das ist den Kunden extrem wichtig – und ein großer Unterschied zu vielen internationalen Plattformen.“
Auch das Thema Preis sei in diesem Zusammenhang oft missverstanden: „Wenn man bei YouTube gewisse Qualitätskriterien wie Big Screen, Österreich-Targeting oder Skip-Protektion hinterlegt, ist man plötzlich auf Augenhöhe mit unseren Preisen.“
Dass ProSiebenSat.1 Puls 4 nicht nur mit sich selbst kooperiert, sondern auch mit anderen nationalen Playern, zeigt die Partnerschaft mit ORF und Servus TV auf Joyn. „Diese Kooperationen funktionieren bestens – sowohl on- als auch offline, zB 4Gamechangers oder die neue Fiction Co-Produktion mit Servus TV “, so Strutz. Die Plattform bietet dadurch ein deutlich breiteres Angebot, das weit über die eigenen elf Sender hinausgeht. Auch bei der hauseigenen Contentproduktion denkt man zunehmend plattformorientiert.
„Wir produzieren Formate exklusiv für Joyn – etwa Spin-offs wie ‚Leiwand lästern‘ mit Luis oder spezielle Zusatzformate zu ‚Bauer sucht Frau‘ oder ‚Forsthaus Rampensau‘“. „Wir testen laufend, was funktioniert und die Zielgruppen erfolgreich anspricht – und entwickeln daraus unsere Strategie weiter.“
Wohin geht die Reise?
Langfristig will man die neue Struktur so ausbauen, dass TV und Digital nicht nur organisatorisch, sondern auch technologisch, verschmelzen: „Kurzfristig geht es um Integration und ein reibungsloses Zusammenspiel, mittelfristig dann um Tools, Systeme und Prozesse, die genau diesen #OneSales-Gedanken widerspiegeln“, sagt Strutz. Und: „Unsere neue Struktur erweckt spürbar Interesse am Markt, vor allem ob der Zusammenführung aus TV und Digital, mit der wir hier voran gehen“, über erste Reaktionen aus dem Markt.