Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli
THEMENVERFEHLUNG. Die EU-Kommission nimmt sich des Problems Kindesmissbrauch an und hat hier auch vor allem die digitalen Kommunikations- und Verbreitungswege von kinderpornografischem Material im Auge – völlig zu Recht, denn gerade das World Wide Web hat jenen, die diese schrecklichsten Verbrechen begehen, die möglich sind, nämlich die sexuelle Ausbeutung von Kindern, leider viele neue Möglichkeiten eröffnet, ihren Taten nachzugehen und dabei oftmals unerkannt zu bleiben.
Dabei hat die Kommission, wie es scheint, vor allem Messengerdienste im Visier und möchte hier gesetzliche Möglichkeiten schaffen, in einer Art Massenscan die privaten Nachrichten Hunderter Millionen Userinnen und User dieser Dienste in Europa – wie es zumindest nach übereinstimmenden Medienberichten aussieht – wahllos und ohne Anlass auszuwerten.
Abgesehen davon, dass das ein ungeheurer Eingriff in die Privatsphäre von Millionen unbescholtener Betroffener wäre, stellt sich auch die Frage, welchen Nutzen so ein Ansinnen bringt.
Das andere, dunkle Web
Wer sich etwas mit der Materie beschäftigt, weiß, dass Menschen, die solche Verbrechen begehen, vermutlich eher dazu neigen, alle Vorsichtsmaßnahmen einzugehen, nicht erwischt zu werden, und dazu gehört auch, nicht jene Kommunikationsmittel zu verwenden, die Sie und ich nutzen, sondern technisch ausgefeiltere Wege zu suchen, um eben unerkannt zu bleiben.
Vielleicht bin ich nicht mehr jung genug und technisch zu unversiert, aber eines weiß auch ich: Der millionenfache Massenscan von digitalen Konversationen bringt vor allem eines – viele unstrukturierte Daten, die, wenn sie nicht ausgewertet werden, wertlos sind.
Und hier mit dem Ansinnen, gegen Kindesmissbrauch vorgehen zu wollen, gleich die komplette Kommunikation der eigenen EU-Bürger überwachen, aufzeichnen und auswerten zu wollen, schießt eindeutig über das Ziel hinaus.
Da muss es andere Wege geben.