Die Königin des Sponsorings
© Luigi Caputo
Am 26. Jänner 1995, also vor über 21 Jahren, wurde Helga Rabl-Stadler zur Präsidentin der Salzburger Festspiele ernannt. Davor war sie Journalistin (Presse, Kurier, …), Nationalratsabgeordnete und Präsidentin der Salzburger Wirtschafts­kammer.
MARKETING & MEDIA 13.11.2015

Die Königin des Sponsorings

Warum die Salzburger Festspiele ohne Sponsoring nicht möglich wären, erklärt deren Präsidentin Helga Rabl-Stadler im ­ausführlichen medianet-Interview.

••• Von Dinko Fejzuli

Sie sind weltbekannt und jedes Jahr aufs Neue ein Highlight des kulturellen Lebens: die Salzburger Festspiele. Im Sommer verwandeln die Salzburger Festspiele die Mozartstadt in eine große Bühne – und das mehrere Wochen lang. An der Spitze des Festivals steht seit über 21 Jahren als Präsidentin Helga Rabl-Stadler. Vor allem sie als Person und Persönlichkeit sorgt dafür, dass neben der Kulturförderung und den Kartenerlösen der mittlerweile unverzichtbare Finanzierungsteil des Sponsorings eine verlässliche Einnahmequelle bleibt.

Ausblick 2016

medianet traf Rabl-Stadler anlässlich der Programmpräsentation (s. Box) des neuen Festspielprogramms für die komende Saison 2016 zu einem ausführlichen Interview zum Thema Kultursponsoring.

medianet:
Frau Präsidentin, welche Bedeutung kommt bei den Salzburger Festspielen dem Thema Sponsoring zu?
Helga Rabl-Stadler: Ohne Sponsoring geht gar nichts mehr, und als positiver Mensch hadere ich – im Gegensatz zu anderen Kulturverantwortlichen – daher auch nicht mit dem Schicksal, Sponsoren anwerben zu müssen.

Im Gegenteil. Ich halte es für gut, dass man auch als Verantwortlicher für eine Kulturinstitution nicht nur von staatlichen Förderungen abhängig ist, sondern lernt, was es heißt, ein Projekt zu verkaufen. Ich bin deshalb auch froh, dass die Regierung endlich im Rahmen des Gemeinnützigkeitspakets steuerliche Incentives setzt, damit die Österreicher mehr Geld für Kultursponsoring ausgeben. Man sieht also, es macht Sinn, wenn ÖVP und SPÖ in der Regierung zusammenarbeiten. Ich erwarte mir dadurch eine wirklich merkbare Erhöhung der Gelder, die in Kunst und Kultur fließen.


medianet:
Durch Einzelpersonen oder Institutionen? Von Stiftungen und Mäzenen?
Rabl-Stadler: Als ich vor 20 Jahren mit der Akquisition von Sponsoren angefangen habe, gab es eigentlich nur Corporate Sponsoring, also die Unterstützung durch große Unternehmen. Ich habe aber glücklicherweise schon immer auch auf ­private Mäzene gesetzt. Denn es gibt auf der ganzen Welt wohl­habende Menschen, die zum Teil gar nicht genannt werden, aber der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen; sie wollen anonym bleiben, um nicht hundert andere Anfragen zu erhalten.

medianet:
Und wie sieht es mit den kleinen Spendern aus? Wie sehr ist man auch um diese kleinen Beträge dankbar?
Rabl-Stadler: Wir sind sehr dankbar. Wir haben dank des Engagements des Vereins der Freunde der Salzburger Festspiele, die für uns ein großes Glück sind, letztes Jahr aus genau diesen 10- und 20-Euro-Beträgen fast 60.000 Euro für die Renovierung unserer Künstlergarderoben zusammenbekommen. Es wäre gefährlich, nur von den großen Beträgen zu sprechen. Denn dann lesen die Menschen in der Zeitung, wir hätten hier oder dort eine Million Euro bekommen, und glauben, die Präsidentin redet mit einem erst ab 100.000 Euro. Diese Arroganz möchte ich mir nie leisten. Ich laufe auch um jede fünf oder zehn Euro.

medianet:
Welche Dinge wären denn ohne Mäzene und Sponsoren nicht möglich?
Rabl-Stadler: Ohne unsere Hauptsponsoren Audi, Nestlé, Siemens und Rolex müssten wir auf wesentliche Produktionen des Festspiel-Programms verzichten. Diese vier zahlen in das allgemeine Budget ein.

Zusätzlich aber gibt es Projekte, die nicht Kernaufgabe der Festspiele, aber eine schöne Abrundung unseres Programms sind. Diese gehören mittlerweile ebenso dazu – und wären ohne die Unterstützung vieler anderer nicht möglich, wie etwa die Kinderoper dank Uniqa oder das Young Singers Project dank des Engagements der Kühne-Stiftung und von L’Occitane.


medianet:
Knüppel zwischen die Beine wirft Ihnen mit dem Antikorruptionsgesetz auch der Gesetzgeber. So zumindest Ihre Kritik. Wie hat sich dieser Aspekt auf die Festspiele ausgewirkt?
Rabl-Stadler: Es hat sich nicht gut ausgewirkt. Auf keine Kultur- oder Sportinstitution, regional oder überregional. Es ist genau das eingetreten, was ich damals bei der Einführung des Gesetzes gesagt habe: Jede Einladung fällt unter diesen fatalen Generalverdacht der Korruption. Dennoch kämpfe ich nicht mehr dagegen, weil man damit in die falsche Gesellschaft kommt.

medianet:
Also man wird selbst unter diesen Generalverdacht gestellt?
Rabl-Stadler: Genau so ist es. Der Kampf gegen die Korruption ist richtig und wichtig, aber in unserem Fall bedient man eher die Neidgesellschaft. Die Folge ist, dass sich mancher potenzielle Gast lieber nicht mehr einladen lässt, als sich mit diesem Thema herumschlagen zu müssen. Denn hat die betroffene Person mit dem Gastgeber Jahre später geschäftlich zu tun, bestünde die Gefahr, in Verdacht zu kommen, die Festspieleinladung wäre als Anbahnung benutzt worden.

Wir versuchen einfach, damit zu Rande zu kommen. Glücklicherweise laden Unternehmen immer noch gern zu den Festspielen ein, allerdings informieren sie inzwischen ihre Gäste, dass sie selbst vorher klären müssen, ob sie diese Einladung annehmen dürfen.


medianet: Wie haben Sie die daraus resultierenden Rückgänge kompensiert?
Rabl-Stadler: Das Minus bei Einladungen durch Unternehmen konnte durch den ganz normalen, privaten Kartenverkauf wettgemacht werden. Dazu muss man wissen, dass nur drei Prozent der Karten durch Sponsoren gekauft werden, diese allerdings in der teuersten Kategorie. Und seit 20 Jahren subventionieren die teureren Karten das Gleichbleiben unserer Preise in den unteren Kategorien. Mehr als die Hälfte der Festspielkarten kosten unter 105 Euro, die teuersten Karten kosten aber 430 Euro. Das heißt: In Wahrheit können die kleinen Kartenverkäufer froh sein.

medianet:
Haben Sie schon einmal einen Sponsor abgelehnt?
Rabl-Stadler: Ich musste das nie. Ich glaube, ich habe immer ausgestrahlt – auch als Wirtschaftskammerpräsidentin –, dass man mit mir nicht über krumme Dinge reden kann.

medianet:
Dann frage ich Sie anders: Gab es Sponsoren, die aus einem Wirtschaftsbereich kamen, an dem Sie eher nicht anstreifen wollten?
Rabl-Stadler: Na, ich würde sicher nie einen Waffenhändler nehmen.

medianet:
Kommen wir zur Marke Salzburger Festspiele: Wie sehr hat sich diese gewandelt?
Rabl-Stadler: Ich glaube, die Marke ist internationaler geworden. Wir haben Gäste und Journalisten aus über 70 Ländern, davon 35 außereuropäische. Die wichtigen Märkte für uns sind natürlich Deutschland und die Schweiz. Ich glaube aber trotzdem, wenn man die einzige Sprache ohne Grenzen hat, nämlich die Musik, dann muss man diese Internationalität leben. Ich glaube auch, dass die Festspiele – wie von den Gründern gedacht – als Marke wahrgenommen werden. Schon Hofmannsthalmeinte : Die Salzburger Festspiele sind keine Angelegenheit der Provinz, sondern eine große Aufgabe mit künstlerischen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Implikationen. Und so bin ich auch überzeugt, dass wir mehr als das wahrgenommen werden, was Hofmannsthal und Reinhardt wollten: Salzburg als Kulturhauptstadt der Welt. Darum habe ich es auch immer abgelehnt, dass wir uns als europäische Kulturhauptstadt bewerben, denn das sind wir jedes Jahr sechs Wochen lang im Sommer.
medianet: Apropos ‚weltweite Anerkennung': Bekommen Sie diese auch in der Heimat?
Rabl-Stadler: Ich glaube, in der Welt ist die Anerkennung ungeheuer groß. In den asiatischen Ländern wie etwa in China wird man als Präsidentin der Salzburger Festspiele wie ein Staatsgast empfangen. Man kennt Bayreuth und Salzburg und weiß, dass die Salzburger Festspiele die Mutter aller Festspiele sind. Was mich persönlich freut, ist auch die große Anerkennung des Festivals in Salzburg selbst – und hier bilde ich mir schon ein, einen gewissen Anteil daran zu haben.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL