Die Kunst des digitalen Projektmanagements
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Martina Huemann.
MARKETING & MEDIA Redaktion 12.02.2020

Die Kunst des digitalen Projektmanagements

Martina Huemann, Leiterin der Projektmanagement Group der WU und wissenschaftliche Leiterin des Professional MBA Project Management, über neue und alte Kompetenzen im Projektmanagement und anderes.

WIEN. Durch die Digitalisierung haben sich in den vergangenen zehn Jahren auch die Rahmenbedingungen im Projektmanagement grundlegend verändert. Gleichzeitig steigt der Anteil der Projektarbeit in Unternehmen über alle Branchen und Funktionen hinweg kontinuierlich: Das Project Management Institute (PMI) prognostiziert bis 2027 eine weltweite Nachfrage von jährlich 2,2 Mio. Projektmanagern zusätzlich.

Was müssen moderne Projektmanager daher zukünftig können und worin unterscheidet sich digitales von klassischem Projektmanagement? Martina Huemann, Leiterin der Projektmanagement Group der WU und wissenschaftliche Leiterin des Professional MBA Project Management, über neue und alte Kompetenzen im Projektmanagement und darüber, warum Projektmanager im digitalen Zeitalter vor allem eines werden müssen: echte Leader.

Die digitale Transformation ist in allen Wirtschaftsbereichen spürbar und bringt auch im Projektmanagement zum Teil gravierende Umbrüche. Alleine die Verfügbarkeit neuer digitaler Werkzeuge erfordert von Verantwortlichen ein umfangreiches Umdenken.

„Die Änderungen durch die Digitalisierung sind in allen Branchen und Funktionen deutlich spürbar - in manchen Bereichen wirken sie sich sehr stark aus, in anderen etwas weniger stark“, sagt die international anerkannte Projektmanagement-Expertin Martina Huemann. Von großer Bedeutung sei der Wandel beispielsweise bei Bauprojekten: In der Baubranche ermöglichen digitale Prozess- und Datenmodelle unter dem Fachbegriff BIM (Building Information Modeling) allen beteiligten Unternehmen eine gemeinsame Planung. „Auf diese Weise wird eine digitale Infrastruktur geschaffen, die alle Daten vom Beginn der Planung bis zu Instandhaltung in ein einziges System bringt“, erläutert Huemann. Das wiederum schaffe bisher nicht gekannte Synergieeffekte.

Was müssen Projektmanager in Zeiten der immer schneller fortschreitenden Digitalisierung daher zukünftig können und wissen? Lesen Sie im Folgenden die Antworten auf die fünf wichtigsten Fragen dazu:

1. Was ändert sich im Projektmanagement durch die Digitalisierung?
Moderne Software-Lösungen, Big Data, Social Media und innovative Simulations-Technologien eröffnen dem digitalen Projektmanagement ungeahnte Möglichkeiten. Per Mausklick können sich heute alle Beteiligten jederzeit auf den neuesten Stand des Projekts bringen, über ganzheitliche Cloud-Lösungen externe Lieferanten, Partner oder Sponsoren effizient ins Projekt eingebunden werden. Digitale Visualisierungs-Tools erlauben es zudem dem Projektverantwortlichen, unterschiedliche Szenarien visuell darzustellen und so mögliche Änderungen noch in einer sehr frühen Phase eines Projekts ressourcenschonend umzusetzen. Dadurch werden Projekte für alle Beteiligten transparenter und die organisatorischen Abläufe können einfacher und übersichtlicher gestaltet werden. „Projektmanager werden heute sozusagen von kleinen Robotern begleitet, die ihnen viele zeitraubende Aufgaben abnehmen“, bringt es Martina Huemann auf den Punkt.

2. Was bleibt gleich?
Für Projektmanager ist und bleibt die Führungsposition das Wichtigste; insofern würde die Bezeichnung Projektleiter deutlich besser passen. Nicht geändert hat sich durch die digitale Transformation auch die Herangehensweise: Kein Projekt ist mit einem anderen zu vergleichen. Dazu kommt: Die Zusammenarbeit wird durch digitale Plattformen und Werkzeuge zwar erleichtert, doch gerade am Anfang eines Projekts sollte sich das Team physisch zusammensetzen. „Der persönliche, zwischenmenschliche Kontakt bildet die Basis für den Erfolg jedes Projekts“, rät Martina Huemann.

3. Gibt es eine Abgrenzung zwischen klassischem Projektmanagement und digitalem Projektmanagement?
„Nein“, meint Martina Huemann. Die traditionelle Methodik hinter den einzelnen Arbeitspaketen funktioniere wie bisher, auch wenn der Strukturplan heute zum Teil anders aussieht. Der Einsatz digitaler Tools macht zwar für alle Projekte Sinn, doch nicht immer ist die Anschaffung einer großen Infrastruktur dafür zwingend nötig. „Digitale Zusammenarbeit ist auch für kleine Projekte längst üblich.“ Um diese erfolgreich umzusetzen, reichen aber oft frei erhältliche Tools oder bewährte IT-Programme. „Reduce to the max“, lautet hier das Motto.

4. Was müssen Projektmanager zukünftig können?
Ein fundiertes Verständnis für digitale Technologien wird heute quer durch alle Sparten vorausgesetzt, doch Projektmanager müssen mehr können. „Das Berufsbild wird sich rasant ändern“, sagt Huemann. Sie werden noch mehr zu echten Leadern der Projekte, ist sie überzeugt, denn: „Im Projektmanagement kommt dem Thema Leadership eine noch wichtigere Rolle zu als in anderen Bereichen in einem herkömmlichen Unternehmen: Zum einen werden Projektteams nur für eine bestimmte Zeit speziell für das jeweilige Projekt zusammengestellt – eine besondere Herausforderung für den Projektverantwortlichen, der das Projekt so schnell wie möglich arbeitsfähig machen muss. Zum anderen sind die Projektmanager in den wenigsten Fällen mit direkten Weisungsbefugnissen ausgestattet, weil Projekte in der Regel abseits der normalen Hierarchieebenen ablaufen und die Projektmanager auf großen Widerstand stoßen: Projekte werden leider immer noch häufig als Bedrohung für die klassischen hierarchischen Ebenen in einem Unternehmen empfunden.“

Erfolgreiche Projektmanager müssen daher in der Lage sein, schnell adäquate Strukturen zu implementieren und gleichzeitig das Projektteam entsprechend zu führen. Ob ein Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann, hängt immer mehr davon ab, wie professionell der Projektmanager mit Widersprüchen und unterschiedlichen Interessenslagen umgehen und ob er auch bei „starkem Gegenwind“ seine Ziele konsequent verfolgen kann.

5. Welche Tools sollten Projektmanager verwenden?
Die Auswahl an digitalen Tools für unterschiedliche Bereiche ist riesig – und es werden ständig mehr. „Alle haben ihre Vor- und Nachteile“, erläutert Huemann. In vielen Unternehmen ist Jira im Einsatz, aber auch altbekannte Tools wie MS Projects sind dank der modulartigen Verwendungsmöglichkeiten beliebt. Es gibt außerdem Tools, die im Speziellen für agile Methoden verwendet werden, darunter Zenhub oder Taiga. In der Praxis bewährt haben sich zudem unter anderem Clarizen, monday.com und Celoxis. (red)

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