Digitale Fitness und die Vision der Erste Bank
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.01.2023

Digitale Fitness und die Vision der Erste Bank

Seit Jänner zeigt sich die Erste Group ganz neu – Head of Marketing Mario Stadler im ausführlichen Interview.

••• Von Dinko Fejzuli und Sascha Harold

Seit Jänner zeigt sich die Erste Bank in neuem und digital-optimiertem Outfit. Die Corporate Identity wurde angepasst, Farben und Design aufgefrischt. Umgesetzt hat das Konzept die Hamburger Agentur Jung von Matt Brand Identity.

15 Monate Arbeit stecken hinter dem Update, das seit Jahresbeginn schrittweise in allen sieben Ländern, in denen die Bank aktiv ist, umgesetzt wird. Mario Stadler, Head of Group Brand Management & Communications bei der Erste Group, spricht mit medianet über Grund und Prozess der Umsetzung und über die erste Kampagne im neuen Gewand.


medianet:
Was war der Grund für die Umstellung der CI?
Mario Stadler: Wir haben in den letzten Jahren immer wieder über eine Modernisierung nachgedacht. Unser CD ist schon etwas in die Jahre gekommen und gerade auf den digitalen Kanälen sind wir immer wieder an Grenzen gestoßen. Als Marke, die für Zukunftsorientierung steht, war es an der Zeit, dass wir unser Design an die neuen Anforderungen anpassen und hier einen großen Schritt nach vorne machen.

medianet:
Umgesetzt hat die Kampagne Jung von Matt Brand Identity, weshalb konnte diese Agentur überzeugen?
Stadler: Wir haben eine internationale Ausschreibung gemacht und einige Agenturen eingeladen. Bei Jung von Matt hat uns der Multicolor-Ansatz in Kombination mit einem monochromen Logo überzeugt. Eine Rolle spielte dabei auch, dass wir den Markenauftritt von ‚George', unserem Internetbanking, mit dem Auftritt der Erste Bank stärker harmonisieren wollten. Wir haben uns vor sieben Jahren bewusst für eine eigenständige Online-Identität entschieden, sehen jetzt aber die Notwendigkeit, das nicht mehr so stark zu trennen.

medianet:
Wie groß wird das Rebranding ausfallen, wird man die Erste Bank noch erkennen?
Stadler: Es ist mehr als nur ein paar kleine Anpassungen, wir machen aber auch kein komplettes Rebranding. Name und Marken-Icon bleiben bestehen. Das Sparkassen ‚S', das über die Jahre stark in rot verankert wurde, wird künftig so wie auch der Markenname, vordergründig weiß sein – in manchen Fällen, etwa auf Kreditkarten, war das aber bisher schon so. In Summe ist das monochrome Logo viel harmonischer und moderner und schlägt auch gut die Brücke zu George.

medianet:
Wie lautete das Briefing für die Agentur?
Stadler: Das Briefing war, ein digital fitteres Auftreten zu schaffen, das im Einklang mit der Vision der Erste Bank und Sparkassen und einer stärkeren Verbindung zu George steht.

medianet:
Sie haben bereits die Digitalisierung angesprochen; was waren hier die spezifischen Herausforderungen?
Stadler: Unsere CI, vom Logo bis zu den Texten, war bisher viel in Boxen organisiert. Die Anforderungen digitaler Kanäle sind aber ganz andere. Dort sollte das organischer, an den jeweiligen Kanal angepasst, rüberkommen. Wir wollen mit der Neugestaltung weniger dogmatisch sein und spielerische Freiräume ermöglichen.

medianet:
Welche Rolle spielte die Barrierefreiheit in der Farbwahl?
Stadler: Das war schon sehr früh ein Thema. Als wir uns für den Multicolor-Ansatz entschieden haben, war natürlich die nächste Frage, welche Farben es genau werden sollen. Farben, die klar dem Mitbewerb zugeordnet sind, wurden klarerweise ausgeschlossen. Zusätzlich haben wir besonderen Wert darauf gelegt, dass die Farben harmonieren und in Kombination mit einer weißen Schrift im Sinne der Barrierefreiheit gut lesbar sind.

medianet:
Welche Herausforderungen kommen jetzt, nach dem Relaunch, auf Sie zu?

Stadler: Natürlich wird es für uns auch eine Herausforderung, plötzlich mehr Flexibilität zu haben und das Logo nicht immer in derselben Farbkombi an derselben Stelle zu positionieren. Wir haben aber im Zuge des Prozesses, der sich über 15 Monate gestreckt hat, bemerkt, dass es in diese Richtung gehen muss.


medianet:
Die Erste Group ist in sieben Ländern aktiv; wie wird die Umsetzung dort passieren?
Stadler: Grundsätzlich verfolgen wir in der Erste Group einen Purpose-Driven Brand-Ansatz. Wir haben uns im Vorfeld unseres 200-Jahr-Jubiläums intensiv mit unserem Gründungszweck beschäftigt und daraus das Brand-Narrativ entwickelt: Unser Land braucht Menschen, die an sich glauben, und eine Bank, die an sie glaubt. Oder abgekürzt: #glaubandich. Wir haben uns darauf verständigt, diesem Ansatz zu folgen, weil er Kraft hat und uns einzigartig macht. Es gibt aber in den Märkten natürlich lokale Spezifika, die wir respektieren. Den detaillierten Rollout plant jedes Land selbst, innerhalb eines vereinbarten Korridors.

medianet:
Kommen wir zur physischen Präsenz, den Bankfilialen. Wann wird man dort den neuen Auftritt merken?
Stadler: Das wird sukzessive passieren. Wir gehen hier den Weg der natürlichen Migration, es gibt also keinen ‚Big Bang', nach dem alles weggeschmissen wird, was alt ist. Dafür sehen wir auch keinen Grund. Die Umsetzung wird also rollierend, im Zuge des natürlichen Umbaus der Filialen – da und dort etwas beschleunigt –, über die nächsten Jahre passieren. In Österreich haben wir z.B. die Filiale am Graben in Wien und in Klosterneuburg und auch einige Sparkassen-Filialen schon im neuen Design umgebaut.

medianet:
Welche Bedeutung haben die Filialen überhaupt noch?
Stadler: Die physische Präsenz einer Marke hat schon noch große Bedeutung. Auch in den USA sind Online-Riesen draufgekommen, dass die eine oder andere physische Präsenz gut ist. Sie ist nach wie vor ein wichtiger Kontaktpunkt für die Marke. Wir wissen, dass die Frequenz der Filialen zurückgeht und die Dichte in dem Ausmaß nicht mehr so notwendig ist. Aber dort, wo wir die Präsenz haben, verfolgen wir einen hochqualitativen Ansatz.

medianet:
Der Brand Finance Report sieht die Erste Bank als stärkste Marke Österreichs – eine Bestätigung der Arbeit?
Stadler: Einerseits natürlich eine freudige Bestätigung unserer Arbeit über viele Jahre. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Andererseits ist es ein Auftrag, das auch in Zukunft weiter zu liefern. Und das in Zeiten, in denen unsicher ist, wie sich die nächsten Jahre entwickeln werden.

Auch in der täglichen Arbeit hat sich diese Unsicherheit bemerkbar gemacht, weshalb wir das ganze letzte Jahr über in Parallelszenarien gearbeitet haben.


medianet:
Was bedeutet das konkret?
Stadler: Um den vielen offenen Fragen gerecht zu werden, die uns im Grunde seit Anfang 2020 beschäftigen, haben wir unsere Agenturen gebeten, über mehrere Konzepte für Kampagnen zu unterschiedlichen Szenarien nachzudenken. Wir haben dann oft fünf verschiedene Dinge auf dem Tisch gehabt und sie dann je nach Anlass oft kurzfristig ausgespielt. Ich denke, dass wir auch 2023 noch so arbeiten werden.

medianet: Stichwort Unsicherheit, die erste Kampagne im neuen Gewand ist vor einer Woche angelaufen – welche Idee stand dahinter?
Stadler: Unter dem Motto ‚Face your fears' wollen wir das Gefühl der Angst, das viele Menschen derzeit haben, sei es vor den Auswirkungen des Kriegs oder dem Hintergrund der Energiekrise, aufgreifen und sagen: ‚Stell dich deiner Angst.' Als Bank stellen wir dazu ein Gesprächsangebot und wollen jederzeit für Menschen da sein, um sie oder ihre Finanzen abzusichern. Die Kampagne wird zeitlich versetzt noch in drei anderen Ländern anlaufen.

medianet:
Wie wird der Erfolg in der Erste Group gemessen?
Stadler: Grundsätzlich tracken wir unterschiedliche Dinge. Die Marke wird einmal im Jahr standardisiert über alle Märkte hinweg analysiert. Dabei geht es um Fragen der Markengesundheit und der Weiterentwicklung. Das Ganze richtet sich vor allem ans Top-Management. Quartalsweise tracken wir zusätzlich die Kampagnen, um zu sehen, wie sie, auch im Vergleich zum Mitbewerb, funktionieren. Außerdem haben wir die Kundenzufriedenheit, diverse Einzeltrackings und zusätzlich die Produktabschlüsse. Den insgesamt größten Effekt sehen wir aktuell im Neukundenzuwachs, der im letzten Jahr einen historischen Höchststand erreicht hat. Das ist am Ende des Tages ein Zeichen, dass wir einiges richtig gemacht haben mit unserer Arbeit.

medianet:
Lässt sich sagen, woher dieser Zuwachs kommt?
Stadler: Einerseits kommen Neukunden vom Mitbewerb, andererseits kommen viele junge Menschen nach, die wir mit unserer Jugendmarke spark7, die digital gut aufgestellt ist, erreichen.

In Summe gelingt es uns offensichtlich am besten, als Marke eine klare Position zu haben. Mit George haben wir außerdem ein attraktives Digital­angebot.

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