Wien. Eine „angenehme Abwechslung zum Alltag im Bergwerk” nannte Verlagsgruppe News-CEO Horst Pirker seinen Besuch beim comms.breakfast Österreichs größter PR-Agentur Grayling mit einem Schmunzeln, wo er zum Thema „Umbrüche in der österreichischen Medienlandschaft” eingeladen war. Im Fokus stand dann doch eher „seine” Verlagsgruppe, der er mittlerweile seit einem Jahr vorsteht, und dem Ziel nachgeht, die „seit 2010 signifikante lineare Abwärtsbewegung” zu stoppen.
Pirkers Resümee nach zwölf Monaten an der Spitze von Öster-reichs größtem Magazinverlag: „Ich glaube, dass man die Verlagsgruppe in Ordnung bringen kann. Ob ich gut genug bin, weiß ich nicht. Ich und ein Teil der Gesellschafter sind demütig, der andere Teil lästig”, betonte Pirker indirekt auch den Druck des Mehrheitseigentümers Gruner + Jahr, der ihn im Vorjahr ohne Vorgaben holte, wie er damals im medianet-Antrittsinterview verraten hatte.
Die „Baustellen” der Verlagsgruppe, wie Pirker sie ebenda nannte, würden sich aber gut entwickeln. „Wir wollten News aus der lauten Ecke herausholen, weg von den großen Schlagzeilen”, beschreibt Pirker eines der beiden Ziele für das Flaggschiff der Gruppe. Die bisherige Selbstdefinition als größtes Nachrichtenmagazin hält Pirker für „völligen Holler”, weil Nachrichten nicht per Magazin verbreitet würden, sondern eben tagesaktuell im Internet. Magazinen obliege es, Hintergründe zu den Nachrichten aufzuzeigen. „Zweites Ziel war es, mit dem neuen Team für den Leser Inhalte für eine lean back-Situation zu schaffen. Das war für mich die einzig denkmögliche Positionierung für News, die perspektivisch Erfolg bringen kann”, so Pirker weiter. Man wollte bewusst auch Inhalte bringen, die der Leser aktiv nicht suchen würde.
Frauen stehen eher drauf
Das Team um die neue Chefredakteurin Eva Weissenberger leiste gute Arbeit, „jede Nummer seit der ‚ersten' ist besser als die vorherige”. Das Feedback der Leserschaft sei bei Männern – Pirker höre Wortmeldungen wie „so ein Schmarrn” – negativer als bei Frauen, wo das neue Produkt durchwegs positiv ankomme. Er selbst habe sich jedenfalls verboten, diverse Feedback-Panels vor September anzusehen; erst dann werde man mit entsprechend aussagekräftigen Daten evaluieren.
Zwei weitere Problemkinder der Verlagsgruppe: trend und Format. „Beide adressieren an eine ähnliche Zielgruppe”, bekräftigte Pirker seine Überlegungen von Anfang diesen Jahres, die Titel zu vereinen. „Wir werden nur ein Angebot an die Community richten, die stärkere Marke trend wird überleben.” Eine definitive Entscheidung dazu werde noch diese Woche fallen; jedenfalls kündigte Pirker „etwas ganz Neues für die Business-Community” an.
Zufrieden äußerte sich der VGN-CEO über den Relaunch des Internet- und Technikmagazins E-Media, welches man „aus dem Jahr 1985 ins Jahr 2015” geholt habe, wie Pirker überspitzt formulierte. Neben optischen Überarbeitungen verdoppelte man den Seitenumfang auf 148 Seiten und erscheint künftig statt 14-tägig nur noch monatlich.
„Wirtschaftlich nicht brüllend erfolgreich” sei das profil, ein weiterer Titel aus der Gruppe, „aber wahnsinnig stabil in der Leserschaft”, so Pirker, der eine „gute, wenngleich nicht pflegeleichte, Redaktion” ebenso hervorstrich wie die schlechte Monetarisierung des Titels, woran man künftig arbeiten wolle.
Generell wird man in der Verlagsgruppe künftig nach der Vision „Serving, Owning & Sharing” agieren. „Papier ist nicht tot, ganz im Gegenteil. Aber die Vergangenheit in die Zukunft fortschreiben zu wollen, wäre tödlich”, verweist Pirker auf notwendige neue Herangehensweisen, die einen Blick über den Tellerrand von Print und Digital hinaus erfordern würden.
Serving, Owning & Sharing
Am Beispiel Woman serviciere man beispielsweise mit dem Einkaufstag „Woman Day” samt Vergüngstigungen die Leserschaft; dadurch „owne” man sie und könne sie dann mit den B2B-Werbepartnern „sharen”. Solche Aktionen will Pirker auch bei anderen Titeln forcieren.
Und inwiefern denkt er schon an Neugründungen? „Ein paar sind in Überlegung, ich denke nächstes Jahr werden wir neue Titel launchen.” Beispielhaft nannte der CEO das feel good-Magazin Flow aus dem Hause G+J, „dessen inneren Sinn ich noch nicht entdeckt habe und den mir noch niemand erklären konnte, aber es funktioniert”. Eine Einführung mit Adaption am österreichischen Markt könne er sich ebenso vorstellen wie beispielsweise ein Magazin angelehnt an den Männertitel beef.