„Faymann allein ist kein Cover”
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 24.04.2015

„Faymann allein ist kein Cover”

Wahrnehmungsunterschiede Im Gegensatz zur Branche kamen die zwei ersten Hefte bei den Lesern durchaus gut an, so Weissenberger

News muss wieder „relevanter & glaubwürdiger” werden, so die Neo-Chefredakteurin Eva Weissenberger im medianet-Interview.

Wien. Morgen erscheint das dritte News unter Eva Weissenbergers Ägide und das erste mit einem neuen Layout – medianet bat die Neo-News-Chefredakteurin gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Julia Ortner und Esther Mitterstieler, ebenfalls Mitglied der Chefredaktion, zum Interview. medianet: Frau Weissenberger, mit welcher Aufgabenstellung hat Sie Horst Pirker zu News geholt und in weiterer Folge haben Sie Ihrerseits dann Julia Ortner und Esther Mitterstieler engagiert?Eva Weissenberger: Bei einem ersten Gespräch mit Horst Pirker ging es noch gar nicht um die Anwerbung, es war lediglich ein Gedankenaustausch; da hat er sehr deutlich gemacht, dass er News wieder relevanter und glaubwürdiger machen möchte …medianet: Das hieße im Umkehrschluss, dass dies aktuell nicht der Fall ist …Julia Ortner: Durchaus, wobei man einschränkend sagen muss, dass die Außensicht auf News, und da ging es uns dreien hier vermutlich ähnlich, zum Teil noch aus den 90ern stammt, weil eben damals nachhaltig geprägt. News war damals schnell und mit vielen Exklusivgeschichten, aber eben auch sehr schreierisch und laut …medianet: Auch was die Außensicht in Bezug auf die Trennung Anzeigen und Redaktion betrifft?Weissenberger: Das mag für frühere Zeiten stimmen, aber bei meinem Eintritt hier wurde ich eines Besseren belehrt, denn Horst Pirker hat mir auch glaubwürdig dargelegt, dass diese Trennung schon strikt gilt und das natürlich so bleibt. Hier war ich zunächst noch skeptisch, aber es ist tatsächlich so. Es wird nur noch dauern, auch das Image an sich zu ändern.medianet: Morgen erscheint das dritte Heft unter Ihrer Ägide und es wird das erste sein, wo man auch optisch eine deutliche Veränderung wahrnehmen wird. Die zwei ersten haben, zumindest in der Branche, eher weniger Begeisterung, um nicht zu sagen Verwunderung und Kritik hervorgerufen. Warum haben Sie sich für diesen soften Umstieg entschieden?Weissenberger: Sie sagen es schon richtig. Man muss hier die Branche und die Leser trennen, denn von den Lesern gab es ein anderes Feedback und dieses war überwiegend positiv. Und noch eines: Man darf nicht vergessen, wie kurz wir alle erst hier sind, von der Chefredakteurin bis zum Art-Director. Noch schneller geht es einfach nicht. Wir würden eher nur stolpern. Wir sprinten jetzt schon, aber wir können nicht fliegen.medianet: Und wie wird dieses neue News und welche Rolle spielt jede einzelne von Ihnen?Ortner: Ich bin hier in der Rolle einer Magazinjournalistin, vereine also klassischen Print- mit TV-Journalismus, und das ist auch wichtig für uns hier und für mich natürlich wieder eine interessante Facette, denn: Was die Politik-Berichterstattung von News betrifft, wird diese nicht mehr in den alten Kategorien weitermachen können. Ich glaube, dass du heute auch als Wochenmagazin eher als Monatsmagazin ‚funktionieren’ musst.medianet: Das heißt?Ortner: Das heißt, dass es natürlich aktuelle Berichterstattung und selbstverständlich auch Aufdecker-Stories weiter geben wird, aber wir werden künftig mehr Wert auf das Erzählen legen. Bisher war es eher schnell und schrill, jetzt wird es mehr Hintergrund gehen.Weissenberger: Die Geschichte über die iWatch zeigt genau in diese Richtung. Das war eine Story, die Gesellschaftspolitik, Wirtschaft bis hin zur Geopolitik alles in sich vereint hat. Alle anderen haben nur darüber berichtet, dass es die Uhr nun gibt und was sie kann. Aber welche Auswirkungen Dinge wie etwa diese iWatch auf unser aller Leben haben werden, darüber hat sich journalistisch und zwar in allen Facetten kaum jemand Gedanken gemacht. Und genau in dieser Art soll es weitergehen. Wir wollen die Themen von möglichst vielen Seiten betrachten und analysieren.Ortner: Man muss weg von der Idee, dass auf einem politischen Cover ein Kanzler Faymann oder andere Spitzenpolitiker zu sehen sein müssen. Das ist old fashioned.Mitterstieler: Wir verschränken jetzt die vielen Aspekte einer Story in einer und bieten dadurch einen echten Mehrwert und unterscheiden uns definitiv von den anderen. Nur ein Interview führen und abdrucken, wird es künftig zwar auch geben, aber darüber hinaus viel mehr echte Geschichten mit gleichzeitiger Tiefe und Breite im Thema. medianet: So wie beim Oliven-Öl?Weissenberger: Absolut. Manche haben das zwar nicht so gesehen, aber das war natürlich nicht nur eine Story darüber, dass das Olivenöl knapp wird. Das war eine Geschichte über Ernährung, Wirtschaft, Landwirtschaft bis hin zur Umwelt, ergänzt um praktische Tipps, wo man gutes Olivenöl bekommt, bis hin zu Online-Links.medianet: Und was passiert mit News optisch? Das iWatch-Cover war schon sehr reduziert. Ist das die neue Richtung?Weissenberger: News wird in der optischen Anmutung definitiv ruhiger und eleganter.Ortner: Es wird in der Anmutung vor allem Raum und Luft bieten, und zudem strukturierter und geordneter sein. Insgesamt mehr Fläche und mehr Weiß. Das Wort Eleganz trifft es ganz gut.

medianet: Und die journalistischen Inhalte? Der Anspruch, auch hier besser zu werden, geht nicht ohne Geld. Wie geht das in Zeiten von Sparzwängen und schrumpfenden Redaktionen zusammen? Weissenberger: Also Sparzwang haben wir jetzt keinen und personell stocken wir ja eher auf. Das ist schon mal gut. Sparen ist heuer nicht das Thema. Das wurde mir auch bei der Vertragsunterschrift versprochen und wird bis heute auch so eingehalten, und dafür bin ich sehr dankbar, weil es schon mal eine gute Ausgangsbasis ist. Und nun ja: News soll mal 100 Journalisten gehabt haben. Von diesen Massen sind wir natürlich deutlich entfernt. medianet: Apropos breite Masse: News war mal ein echter Reichweitenbomber. In welcher Flughöhe sehen Sie denn News künftig?Weissenberger: Dass wir nicht dort sind, wo wir sein wollen, ist klar, aber Reichweitenziele wurden uns jetzt keine konkret vorgegeben. Jetzt geht es darum, das Heft neu zu positionieren, und hier stehen wir mit der Ausgabe morgen erst am Anfang und nicht am Ende.medianet: Was sind denn die Eckpfeiler vom neuen News?Mitterstieler: Die drei Säulen sind ‚Fakten’, ‚Leben’ und ‚Menschen’, und in diesem Rahmen werden auch die Geschichten angelegt – von verschiedenen Seiten betrachtet und nach unterschiedlichen Aspekten analysiert.Weissenberger: Ich geben Ihnen ein Beispiel. Ein Sport-Doping-skandal wäre vorn im Heft, das Thema Freizeitsport in der Mitte, und der Bericht über eine Luxus-Golfreise kommt eben hinten.medianet: Das klingt jetzt wieder weniger nach profil, denn kurz-fristig haben manche vermutet, dass das neue News sich mehr dorthin bewegen könnte.Weissenberger: Das haben wir nie behauptet.Mitterstieler: Das wurde lediglich von den anderen so geschrieben.Weissenberger: Das war nie der Plan, nie der Gedanke und würde für News auch nicht gehen. Wir nehmen es aber gern als Kompliment, dass man es uns zutraut.medianet: Und wie sieht denn der Zeitplan für die Weiterentwicklung von News aus?Weissenberger: Mit den ersten zwei Heften sind wir mal zum Startblock gegangen. Mit der dritten, morgigen Ausgabe, laufen wir dann los und schauen, dass wir ein gutes Tempo aufnehmen. Dazwischen werden wir einen kurzen Zwischenstopp einlegen, um zu beratschlagen, wie die nächsten Schritte aussehen sollen und ob wir am richtigen Weg sind. Sie müssen sich vorstellen, wir haben das alles ohne begleitende Marktforschung und ohne all die Dinge gemacht, die man sonst so in so einem Fall tun würde. Nur zum Vergleich: Andere Chefredakteure nehmen sich bin zu einem Jahr Zeit, um ein Heft mit ihrer ­Handschrift vorzulegen. Und im Juni/Juli nehmen wir uns dann den digitalen Auftritt von News vor … medianet: … der nun, anders als bisher, eng an das Heft angedockt. Warum diese Kehrtwende?Weissenberger: Weil man eine Marke nicht so weit dehnen kann. Der Auftritt muss einheitlich sein. Ein aktueller Dienst unter www.news.at ist mit einer Minimannschaft zwar unmöglich, aber wir werden uns hier andere Dinge ausdenken.medianet: Die bisherige Trennung von Heft und der digitalen Plattform bisher war also ein Fehler?Weissenberger: Das möchte ich gar nicht beurteilen. Aber eines ist klar: Es gibt nur eine Marke News und das muss sichtbar sein. Wo News draufsteht, muss auch News drinsein.

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