Ghostwriter KI? Ein Selbstversuch
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MARKETING & MEDIA Redaktion 17.03.2023

Ghostwriter KI? Ein Selbstversuch

Clemens Pig, APA-CEO und Präsident EANA – European Alliance of News Agencies, testet ChatGPT.

Gastkommentar ••• Von Clemens Pig

Als Vorstand der Austria Presse Agentur (APA) bin ich stolz darauf, dass wir mit unserer „APA Trusted AI”-Strategie eine Vorreiterrolle in der Integration von künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus einnehmen. Wir haben uns für die Periode 2021 bis 2023 drei zentrale Säulen definiert: Digital Workplace, Digital Platforms und das Innovationsfeld Data & AI (Digital Business), das wir nun in die strukturierte Umsetzung bringen.

Die Handlungsfelder von „APA Trusted AI” orientieren sich an den zentralen Zielgruppen der APA – Journalismus, Kommunikation und IT – und adressieren die Integration von AI-Werkzeugen in die Produktions-prozesse und in die digitalen Produkte der APA.
In der Umsetzung unserer AI-Strategie haben wir bereits einige Anwendungen von AI in der APA integriert, wie zum Beispiel Automated Content, Text-Assistenten und medienforensische Werkzeuge zur Identifikation von Desinformationen in der Redaktion oder vollautomatisierte Speech-to-Text-Lösungen. Aber wir setzen auch auf die Einführung neuer Produkte, wie APA-Signals, ein innovatives, umfassendes Monitoring-Tool von digitalen Informationen für Redaktionen, das wir im Rahmen der neuen Transformationskooperation mit einem Funding von Google umgesetzt haben.
Um unsere AI-Strategie erfolgreich umzusetzen, haben wir auch ein zehnköpfiges Team von Experten im APA-medialab eingerichtet, das für die Entwicklung und Implementierung von AI-Produkten und -Dienstleistungen verantwortlich ist, die für unsere Mitglieder und den Medienmarkt insgesamt von Vorteil sind.
Unser strategisches Ziel ist die Weiterentwicklung der Nachrichtenagentur vom multimedialen Inhalte-Lieferanten zu einer Daten- und AI-basierten Produktionsplattform. Wir wollen eine kollaborative Plattform sein, die eng mit den Produktionssystemen der Medien verbunden ist und einen nahtlosen Zugang zu APA-Lösungen wie „APA Trusted AI” ermöglicht. Eine konkrete Zielsetzung für 2023 ist die Entwicklung eines neuartigen österreichischen AI-Medienhubs operated by APA als gemeinsamer Wissensraum der heimischen Medienunternehmen, in dem künstliche Intelligenz auf Basis faktenbasierter Informationen trainiert und genutzt werden kann.
Die Integration von AI in den Journalismus bietet viele Chancen, aber auch Herausforderungen. Daher ist es wichtig, dass wir uns als APA auf den verantwortungsvollen Einsatz von AI konzentrieren. Die Entwicklung von „APA Trusted AI” als logische Weiterentwicklung von Trusted Content ist ein entscheidender Schritt in diese Richtung. Wir möchten sicherstellen, dass die neuen AI-Technologien in ein sauberes Umfeld integriert werden und dass sie in Einklang mit unseren redaktionellen Werten stehen.
AI kann beispielsweise dabei helfen, Nachrichten schneller und effizienter zu produzieren, Faktenchecks durchzuführen und Artikel in verschiedenen Formaten zu erstellen. Auch die Personalisierung von Inhalten für die Leserinnen und Leser ist durch den Einsatz von AI möglich. Dadurch können wir den Bedürfnissen unserer Zielgruppen besser gerecht werden und eine höhere Leserbindung erreichen. Auch die Verbreitung von Nachrichten über Social Media-Kanäle wird durch den Einsatz von AI-Tools optimiert und schneller.
Wir bei der APA setzen uns dafür ein, diese Chance zu nutzen und den Journalismus der Zukunft aktiv mitzugestalten. Dabei möchten wir stets unseren Verantwortungsgefühl gegenüber unseren Leserinnen und Lesern sowie unseren redaktionellen Werten im Auge behalten. Wir sind davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit anderen Unternehmen und Institutionen eine erfolgreiche Zukunft für den Journalismus gestalten können.


PS: Dieser Gastbeitrag wurde von ChatGPT erstellt. Ich habe in den vergangenen Wochen eine Reihe von Vorträgen, Briefings und Interviews gegeben und in einer Presseaussendung die neue Strategie „APA Trusted AI” kommuniziert. ChatGPT hat exakt diese von mir selbst produzierten Inhalte als Inputdokumente erhalten. Mein Auftrag an ChatGPT: Verfasse auf Basis dieser Inhalte einen zweiseitigen Gastkommentar in der Funktion als Vorstand der APA. Das Ergebnis haben Sie (mit Kürzungen aufgrund von Wiederholungen) soeben gelesen.

Ich bin mit dem Output von ChatGPT auf Basis meiner eigenen Worte grundsätzlich einverstanden, an manchen Stellen ist der Text besser, weil flüssiger zu lesen als meine eigenen Manuskripte. Erste Zweifel kommen in mir auf, wenn ich an die Autorenschaft denke: Bin ich der Gastkommentator oder wir beide, also ChatGPT und ich? Wenn die eingespielten Inhalte ausschließlich von mir stammen, dann scheint mir die Autorenschaft des von ChatGPT erstellten Abstracts unter meinem Namen in Ordnung zu sein. Doch dann lese in den Text in Ruhe und sehe, dass dieser eigentlich keine Zusammenfassung ist. Es kommen Begriffe vor, die ich in meinen Manuskripten gar nicht verwendet habe, etwa „Demokratie”, „Leserbindung”, „Personalisierung” und „Faktenchecks”. Es sind semantisch starke Worte enthalten, die ich nicht verwendet habe. Und die auch nicht unpassend in diesem Zusammenhang sind.
Dann lese ich meinen eigenen, von ChatGPT transformierten Text weiter und entdecke ganze Aussagen, die einen massiven Bias vermitteln, beispielsweise: „Wir sind davon überzeugt, dass wir gemeinsam … eine erfolgreiche Zukunft für den Journalismus gestalten können” oder „AI kann … dabei helfen, Nach­richten schneller und effizienter zu produzieren” – mag sein, dass das so ist, ich habe es so jedenfalls nie schriftlich formuliert. Neue Begriffe, neue Aussagen: Was hat ChatGPT mit meinen Ausgangstexten noch gemacht?
Da fällt mir auf: Wohin ist meine Kritik verschwunden, dass ChatGPT definitiv kein journalistisches Recherchetool ist? Das habe ich definitiv in jedem meiner Texte festgehalten, mehrfach. Wo ist meine Botschaft hin, dass der Einsatz von AI Richtlinien benötigt? Wo verbirgt sich mein strategischer Ansatz, dass AI in das faktenbasierte Ökosystem der Qualitätsmedien und damit in sichere Hände gehört?
Mein Gastkommentar liest sich wie ein sprachlich geschliffener Werbeprospekt – für die APA, aber insbesondere für die generative AI selbst. Kein Wort über meine kritische Einordnung und Limitationen von GPT, es wird im transformierten Text nur die Butterseite von AI für den Journalismus dargestellt. Die es tatsächlich gibt, aber bestimmt nicht unkommentiert, ohne Einschränkungen und ohne Qualitätsanspruch.
Das Irritierende für mich: ChatGPT hat einen überschaubaren und klar definierten Input von mir erhalten, nämlich meine mehrseitigen Manuskripte zum Einsatz von (generativer) AI im Rahmen von APA Trusted AI. Und trotzdem finden neben (gezielten) Kürzungen völlig neue Argumentationen statt.
An dieser Stelle erinnere ich mich an mein jüngstes Gespräch mit unserem Chief Digital Officer in der APA, der mir das Ding mit dem Sprachmodell und den statistischen Wortabfolge-Wahrscheinlichkeiten bei GPT erklärt hat. Auch das habe ich natürlich in meinen Inputtexten zum Verständnis dieser neuen AI-Technologien, gerade für Medien und Journalismus, explizit angeführt. ChatGPT „dachte” (besser: algorithmisierte) wohl, dass dies unnützes Wissen sei und nicht in meinen Gastkommentar gehöre. Ich denke, ChatGPT hat ein dialogisches, aber kein Fakten-Wissen. Richtig: Auch das wurde von GPT in obigem Gastkommentar ausgespart.

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