••• Von Sascha Harold
Viel zu oft wird die Marke im Denken von Geschäftsführern und Vorständen fälschlicherweise auf ihre vordergründige Erscheinungsform – nämlich Logo und Broschüre – reduziert.
Eine Fehleinschätzung, die wichtige strategische Aspekte völlig unberücksichtigt lässt. Grund ist oft das fehlende Verständnis dafür, was konsequente Markenführung alles zu leisten und zu bewegen vermag. Wenig verwunderlich also, dass der eigenen Marke nur selten der Stellenwert eingeräumt wird, den sie verdient.
Dabei sind Etablierung und Pflege der eigenen Marke gerade im Kampf um Aufmerksamkeit und Memorabilität besonders wichtig: In Zeiten, in denen sich Produkte unterschiedlicher Hersteller technisch immer weniger voneinander unterscheiden und Produktvorteile rasch durch den Wettbewerb kompensiert sind, ist es gerade der Markenwert, der den entscheidende Vorteil bringen kann und sich auch in klar messbaren Umsatzzuwächsen niederschlägt.
Eine Marke muss für etwas stehen, sie muss etwas darstellen. Konkret und klar. Dazu muss sie Identität haben – also wesensprägende Merkmale aufweisen –, um dieser Rolle gerecht zu werden. Das bedeutet, eine klare Sprache zu sprechen, wenn es um die Kommunikation der eigenen Markenwerte geht. Es bedeutet aber auch, sich im Vorfeld über ebendiese Markenwerte (und damit verbunden über den Kern der eigenen Marke) im Klaren zu sein. Soll heißen – die üblichen Fragen müssen wie aus der Pistole geschossen beantwortet werden können. Was kann mein Unternehmen besonders gut – oder gar besser als die anderen Mitbewerber? Mit welcher Klientel wird kommuniziert und welche Botschaften sind hierfür relevant? Ebenso die Frage nach dem berühmten „Wer bin ich?” In diesem Fall aber weniger im Kontext der Erkenntnisphilosophie, sondern im Zusammenhang mit B2B-Marketing.
Gerhard Preslmayer, Geschäftsführer von SPS-Marketing mit Standorten in Linz und Stuttgart, kennt die Praxis aus zahlreichen Workshops, die sein Unternehmen durchführt. Gerade Geschäftsführern sind dabei die Antworten auf die oben gestellten Fragen nicht immer klar. „Die bei diesen Anlässen gegebenen Antworten von Unternehmern und Managern aus dem Vorstand zeigen immer wieder auf, wo der Schuh drückt, lange bevor der Workshop und damit der investigative Teil selbst begonnen haben”, erläutert er.
Noch nicht angekommen
Es zeigt aber auch, dass viele noch nicht ausreichend über die Themen Markenführung und -Positionierung Bescheid wissen. Dabei steht die Frage im Zentrum, welche Funktion diesen so wichtigen Bereichen zukommt. Wichtig ist natürlich auch, welche Vorteile sich daraus ergeben. Der nachfolgende Bericht soll dafür mehr Bewusstsein schaffen und mehr Sensibilität für dieses so unterschätzte Thema im B2B-Marketing etablieren. Die Markenpositionierung, so eine allgemeine Definition, bezeichnet den Bereich, den die Marke im Kopf der Kunden einnimmt oder künftig einnehmen will. Eine Marke grenzt sich deutlich ab, denn ohne eine Grenze (etwa zu anderen Mitbewerbern) kann eine Marke keinen Bereich klar für sich in Anspruch nehmen. Wichtig ist dabei, dass wir hier nicht von abstrakten Zukunftsmärkten sprechen, sondern ganz einfach von den Köpfen der Kunden – unseren Ansprechpartnern.
Das „Marken-Territorium” ist folglich der Raum, den wir als Konsumenten und Kunden einer „Brand” geben. Damit wir allerdings diesen Raum einer Marke geben – immerhin geht es dabei um Speicherplatz in unserem doch endlichen Bewusstsein –, muss das Angebot ebendieser Marke Relevanz haben. Es muss in jedem Fall zumindest relevanter sein als das der Konkurrenz. Die Frage lautet also: Wie stiftet man mithilfe konsequenter Markenpositionierung relevante Inhalte?
Relevanz schaffen
Sehen wir für einen Moment vom eher seltenen Fall ab, dass eine Produktentwicklung am Markt dermaßen große Nachfrage lukriert, dass diese aus sich heraus Relevanz entstehen lässt, so gibt es genau zwei Möglichkeiten, um relevant zu werden:
1. Über eine attraktive Preisgestaltung, die den Mitbewerb aussticht. Diese Methode mag kurzfristige Erfolge bringen, wird auf lange Sicht aber wirtschaftliche wenig empfehlenswert sein.
2. Mit einem überaus verlockenden Markenversprechen, das für die Kunden einfach interessanter ist als jenes des Mitbewerbs. Hier ist eine ansprechende Markenpositionierung wichtig.
Die Herausforderung dabei: wirklich relevante Kundenversprechen gehen weit über das hinaus, was die bloßen Produkte des Unternehmens leisten können. Denn dieses Versprechen setzt darauf auf, was sichtbare Produktqualität und unternehmerisches Können im Hier und Jetzt für den Kunden bereithalten. Dieses Versprechen ist das Zünglein an der Waage, das im Kopf des Kunden die Motivation reifen lässt, genau dieses Produkt zu kaufen und nicht das des Konkurrenten.
Ganzheitliches Erlebnis
Marken sind in der heutigen Welt gleichzeitig Sender und Empfänger von Botschaften. Dies muss auch in Positionierungs-Strategien berücksichtigt werden. Eine Marke muss nicht nur die intendierten Eigenschaften kommunizieren, sondern sich auch ganzheitlich im Marketingmix widerspiegeln. Wir sehen: Das Erlebnis einer Marke ist wesentlich komplexer, als das Erstellen digitaler Werbeanzeigen. Marken müssen aus strategischer Sicht immer crossmedial geplant und geführt werden. Ein ganzheitliches Erlebnis muss angestrebt werden, um Zielgruppen nachhaltig zu beeindrucken. In differenzierten Märkten reicht es nicht aus, nur zu kommunizieren, was man zu leisten imstande ist. Entscheidend ist die auf dem unternehmerischen Können aufsetzende „Vision” der Marke – also das übergreifende Versprechen in Richtung Kunden; es ist genau dieses Versprechen, das immer wieder neu bewiesen und untermauert werden muss. Realisiert wird das durch attraktive Produkte und Dienstleistungen.
Markenbeziehungen
Die Konsumbereitschaft steigt im Verhältnis zur Intensität und Qualität der emotionalen Bindung an die jeweilige Marke. Die Markenforschung hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Phänomen dieser „Markenbeziehungen” beschäftigt – aus Sicht der Unternehmen und damit verbundener wirtschaftlicher Möglichkeiten ein Gewinn. Denn ist einmal diese Markenbeziehung hergestellt und emotional angereichert, zeigt sich eine stark involvierte Verhaltensweise der Käuferschicht. Die Marke wird wiederholt gekauft, mehr noch: Sie bietet das Potenzial für Ingredient Marketing. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist wohl Intel inside.
Um ein überzeugendes Kundenversprechen zu formulieren, ist der Perspektivenwechsel besonders wichtig. Der berühmte Blick von weiter oben erweist sich als hilfreich – und natürlich die Fähigkeit, sich in die Bedürfnisse des Kunden zu versetzen. Was wird von der Marke erwartet? Womit kann die Marke überraschen – und womit kann sie punkten, um sich einen Platz im Kopf der Kunden zu sichern?