Kerngeschäft im Wandel
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Mit einem konsolidierten Umsatz von 52,2 Mio. Euro, 244 Mitarbeitern, 67.079 verkauften Exemplaren und mehreren EBITDA-positiven Jahren konzentriert sich Rainer Nowak auf den Qualitätsjournalismus der Marke Die Presse.
MARKETING & MEDIA Redaktion 10.12.2021

Kerngeschäft im Wandel

Rainer Nowak, Geschäftsführer und Chefredakteur "Die Presse", im medianet.tv-Interview über „sein” Medium und die Branche.

WIEN. 1996 fing er als freier Redakteur an, 2009 übernahm er die Leitung der neuen Presse am Sonntag, im Jahr darauf wurde er Innenpolitik-Chef, 2012 Chefredakteur, 2014 Herausgeber und seit fünf Jahren ist Rainer Nowak, der selbst aus einer Journalistenfamilie stammt, neben Herwig Langanger auch Geschäftsführer der österreichischen Tageszeitung Die Presse.

Im medianet.tv-Interview spricht Nowak über die vergangenen 20 Monate, von denen er sagt, dass sein Medium publizistisch dank der „Gesundheitsspezialisten” in der Redaktion in dieser Zeit sogar wachsen konnte. Man habe zwar im Großverkauf verloren, aber sonst sei man nicht nur in Print, sondern vor allem digital gewachsen. So hat Die Presse aktuell gut 33.000 zahlende digitale Abonnentinnen und Abonnenten.

Krise verlangt nach Qualität

Nowaks Analyse dazu: „Am Lesermarkt hat uns die Krise leider, oder Gott sei Dank, fast geholfen, denn der Bedarf nach Informationen, nach Einordnung und Analysen über das, was da gerade passiert, ist enorm gestiegen. Und für Qualitätszeitungen wie Die Presse war das natürlich ein Vorteil.” Die Rückgänge in anderen Bereichen, etwa im Luxus-Sektor, habe man mit neuen Sonderformaten etwas auffangen können.Als reine „Hölle” bezeichnet Nowak hingegen die Pandemiezeit aus seiner Sicht als Chefredakteur – denn: „Mir wurde erst da bewusst, wie sehr mir der Prozess im Newsroom abgeht. Ich finde, Zeitung zu machen ist ein kreativer Prozess, ein Streit, ein Diskutieren, eine ständige Kommunikation und das ist zum Teil auf der Strecke geblieben.”

Und: Die Pandemie habe das Zeitungsmachen auf den Kopf gestellt. Statt am nächsten Tag in der Print-Ausgabe zu analysieren und zu bewerten, Hintergründe zu liefern, die man nur in der Presse lesen könne, habe man „wie vor 50 Jahren” auf Seite eins live berichtet, und die Früh- oder Abendausgabe war idealerweise schon mit den neuesten Informationen zur Pandemie befüllt.

Digitales Wachstum

Über den digitalen Zuspruch der Leserinnen und Leser, so Nowak, sei man sehr erfreut. Die Presse sei eines der wenigen Verlagshäuser, die tatsächlich ausweisen, wie viele Premium-Abos, also sogenannte Paid-Content-Abos, man nur in diesem Bereich generiere – immerhin 10.143 Abonnentinnen und Abonnenten laut letzter ÖAK 1. Halbjahr 2021. Die Konsequenz daraus war, „dass wir uns entschlossen haben, die Presse am Sonntag nicht mehr zu verschenken”.

„Offiziell”, so Nowak schmunzelnd, wurde sie ja nie verschenkt, wobei die Kategorie „Stummer Verkauf” höchstens ein „schöner Euphemismus” sei, so Nowak. Stumm sei er nur, weil das Entnahmesackerl nicht schreie, wenn die Zeitung ohne Bezahlung entnommen werde.
Intern habe es durchaus Bedenken gegeben, weil die Kolleginnen und Kollegen Angst hatten, dass die eigenen Artikel weniger gelesen würden, weil möglicherweise die Reichweite sinke. „Das Gegenteil ist der Fall”, so Nowak. „Wir haben am Sonntag Print-Abos dazugewonnen und das in einer schönen vierstelligen Zahlen – es hat also funktioniert.”
Apropos gratis: Einen Seitenhieb auf die Kollegenschaft beim Thema Twitter, Facebook und Co. kann sich Nowak nicht verkneifen: „Wenn ich ein gestandener Linker wäre, hätte ich mit dem Spiegel in der Früh ein Problem, wenn ich rund um die Uhr gratis für Twitter arbeite.” Nowak nennt es „Verdrehung der eigenen Wahrheit” – denn dieselben, die Twitter und Co kritisieren würden, lieferten den Digitalgiganten gleichzeitig gratis Content zu.

Content nicht verschenken

Den eigenen, qualitativ hochwertigen Content verwerte man demnach lieber auch selbst. So habe man etwa vom ersten Geschichte-Magazin „150 Jahre Ringstraße”, auch zur eigenen Überraschung, rund 25.000 Exemplare verkauft. Mittlerweile sind es drei Magazine dieser Art pro Jahr, die man erfolgreich am Markt absetze. Generell pflege man keine „Ankündigungspolitik”, sondern man plane still und leise und kommuniziere erst, wenn es Erfolg hat. (cr/fej/mab)

Das TV-Interview sehen Sie auf: www.medianet.tv

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