••• Von Britta Biron
WIEN. In Krisenzeiten hat die PR-Branche Hochkonjunktur. Das stimmt – allerdings nur bedingt. „Das Jahr 2020 ist für uns bisher positiv verlaufen. Vor allem, da der Gesundheitssektor, in dem der Bedarf an externer und interner Kommunikation durch die Pandemie natürlich stark gestiegen ist, sowie die Krisenkommunikation zwei unserer großen Schwerpunkte sind. Wir haben also fast mehr als üblich gearbeitet”, weist Susanne Grof-Korbel, Senior Partner & Geschäftsführerin der Agentur bettertogether, darauf hin, welchen großen Einfluss Kundenstruktur und strategische Ausrichtung heuer auf die Geschäfte haben.
„Ich habe im Sommer ein großes Kulturprojekt betreut. Der Kunde hat sich vor allem wegen unserer Erfahrung in Krisen- und Gesundheitskommunikation für uns entschieden – das war ihm wichtiger als eine spezielle Expertise beim Thema Kultur”, ergänzt Andrea Heigl, Senior Consultant und Head of Corporate Publishing.
Digitalisierungsschub
Wie schon während der Weltwirtschaftskrise 2008/09 sehe man auch heuer wieder den Trend, dass Budgets von der Werbung zur PR verlagert werden. „Den Wegfall eines Kunden konnten wir durch zusätzliche Projekte bei den anderen kompensieren”, sagt Grof-Korbel. Deutlich gestiegen seien etwa die Anfragen für Krisenkommunikation.
„Alles, was ursprünglich für Events oder Messen vorgesehen war, ist meistens 1:1 in Online-Aktivitäten umgeschichtet worden. Wir haben seit dem Lockdown eine Vielzahl von zusätzlichen Aufgaben und Budgets bekommen”, bestätigt Fabian Frühstück, Head of Digital Marketing, den starken Digitalisierungsboom, den die Pandemie ausgelöst hat. Als Beispiel für diesen Corona-Effekt nennt er den Neukunden Huawei, der bettertogether ursprünglich mit einem kleinen, zeitlich beschränkten Projekt beauftragt hatte. „Das war sehr erfolgreich, der Auftrag wurde dann auf eine kontinuierliche Grundbetreuung ausgeweitet und mittlerweile machen wir einen großen Teil der Onlinekommunikation und des digitalen Marketings in Österreich, Tschechien und der Slowakei.”
Themen setzen
Allerdings stelle die Krise auch ganz spezielle Herausforderungen für die Kommunikation. Da sich die gesamte Kommunikation seit Monaten fast ausschließlich um Corona drehe, tendieren die Menschen mittlerweile schon dazu, dieses Thema auszublenden. „Man muss daher Mittel und Wege finden, damit die eigene Botschaft den Corona-Filter passiert und beim Empfänger ankommt. Durch präzises Zielgruppen-Targeting können wir genau steuern, wer welche Message erhält und die Budgets dadurch wirklich effektiv einsetzen”, erläutert Frühstück.
Ausbau der Workshops
Bewährt hat sich laut Heigl auch eine weitere Strategie: „Unternehmen, die schon vor Corona in ihre Kommunikationsstrategie eigene Medienformate – egal ob Blog auf der Website, Social Media oder Printmagazin – integriert haben, sind im Vorteil. Vor allem, wenn es um komplexe Inhalte geht. Denn auch durch die Kurzarbeit in vielen Verlagen ist es schwieriger geworden, Themen abseits von Corona zu platzieren. Für das Anton Proksch Institut machen wir seit Anfang 2019 das Magazin Momentum. Die letzte Ausgabe widmete sich dem Thema Sucht & Krise und hat sehr viel positives Feedback bekommen. Die Bedeutung des Magazins für die Marketing- und Kommunikationsstrategie des Instituts ist heuer gestiegen.”
Große Auswirkungen hatte Corona auf den Bereich Trainings und Workshops. „Wir haben schon sehr kurz nach Ausbruch der Pandemie erkannt, dass es notwendig ist, das gesamte Workshop- und Trainingsangebot zu digitalisieren, und haben dann beschlossen, diesen Bereich komplett neu aufzustellen und auszubauen. Dafür haben wir Peter Fuchs, mit dem wir bereits früher zusammengearbeitet haben, als neuen Leiter ins Team geholt und unseren Seminarraum zum digitalen Studio umgerüstet”, erläutert Grof-Korbel.
Für die Zukunft ist sie durchaus optimistisch. Social Distancing habe sowohl den Zusammenhalt im Team als auch die Kundenbindung gestärkt, und so lange die Pandemie andauert, werde der Bedarf an Krisenkommunikation hoch bleiben. „Wir werden sobald das möglich ist, ein gemeinsames Strategie-meeting machen, um zu sehen, was wir aus den Erfahrungen des heurigen Jahres mitnehmen wollen, was fix implementiert werden soll und wohin wir uns als Team, als Agentur entwickeln wollen. Prognosen sind zurzeit nicht möglich, aber ich bin sicher, dass uns viele schöne Dinge einfallen werden”, sagt sie abschließend.