WIEN. Seit 2019 setzt sich das Austrian Chapter der International Advertising Association verstärkt für die Schaffung fairer Rahmenbedingungen in Pitch-Prozessen ein. Mehrere Agenturen und Auftraggeber, derzeit insgesamt 60 Vertreter der Branche, haben sich der Initiative angeschlossen.
Mit der ÖBB Werbung erhält nun das erste ausschreibende Unternehmen das Gütesiegel. Sie hatte sich bei ihren Werbe- und Kommunikationsetats dafür entschieden, diese streng nach den Anforderungen der IAA Quality Pitch Charta auszuschreiben.
„Nachhaltige Beziehungen”
Karin Seywald-Czihak, Geschäftsführerin ÖBB Werbung, erklärt: „Wir sind als Sektorenauftraggeberin dazu verpflichtet, mittels öffentlicher Ausschreibung die besten Bieter für den jeweiligen Ausschreibungsgegenstand zu finden. Dabei achten wir schon seit jeher auf faire Rahmenbedingungen, weil uns nachhaltige Beziehungen mit unseren Partnern sehr wichtig sind. Bei dem aktuellen Kreativagentur-Pitch sind wir aber noch einen Schritt weiter gegangen, um so alle geforderten Aspekte der Quality Pitch Charta einzuhalten.”
Seywald-Czihak weiter: „Eine Ausschreibung mit diesem Volumen und solchem Umfang erfordert von Natur aus schon ausreichend Vorbereitungszeit. Mit der Einhaltung der Quality Pitch Charta-Kriterien haben wir uns auch im Entscheidungsprozess ausreichend Zeit für die Präsentationstermine der Teilnehmerinnen und Teilnehmer genommen, um so faire Voraussetzungen und eine nachvollziehbare Entscheidungsfindung zu gewährleisten. Und ein vernünftiges Abstandshonorar und eine entsprechende Feedback-Kultur ist für mich nicht zuletzt eine Frage des Stils.”
Der Schlüssel zu einem guten Ausschreibungsergebnis sei eine gute Briefing-Unterlage, so Seywald-Czihak. Ihr Rat: „Ich empfehle Auftraggebern, eine klare inhaltliche Aufgabenstellung zu definieren, um die Erwartungshaltung auf beiden Seiten gleichzusetzen. Dabei sollten auch weitreichende Informationen enthalten sein, die es Agenturen ermöglicht, ein umfassendes Bild über die künftige Zusammenarbeit zu erhalten. Das ist gerade bei weniger klassischen Betreuungsmodellen wie in unserem Fall als Inhouse-Agentur essenziell. Unterstützend kann auch eine Pitchberatung eine gute Wahl sein, um so auf dem langen Weg der Ausschreibung eine professionelle Begleitung und Außensicht sicherzustellen.
Bewusstsein schärfen
Agenturen würde ich raten, fehlende Entscheidungskriterien für die qualitative Bewertung sofort aufzuzeigen – vor allem bei der ausschreibenden Stelle. Denn es fehlt teilweise noch an Bewusstsein bei den Auftraggeber für den Aufwand, den Agenturen bei Pitches leisten müssen, obwohl die statistische Chance, zu gewinnen ja je nach Anzahl der teilnehmenden Agenturen nur zwischen 25 und 33 Prozent liegt.”