Public Value als ein Mehrwert für alle
© APA/Georg Hochmuth
MARKETING & MEDIA Redaktion 31.10.2025

Public Value als ein Mehrwert für alle

Widmen sich öffentlich-rechtliche Sender armen und armutsgefährdeten Menschen? Der Public Value-Bericht des ORF gibt eine Antwort darauf.

Donnerstag dieser Woche wurde die aktuelle Public Value-Studie des ORF präsentiert. Sie steht unter dem Titel „Für alle? Öffentlich-rechtliche Medien in fragmentierten Gesellschaften. Klaus Unterberger, Leiter von ORF Public Value, über eine der Hauptfragen in der Studie: „Wie kann der ORF den unterschiedlichen Lebenswelten der Menschen in Stadt und am Land entsprechen? Wie reagieren öffentlich-rechtliche Medien auf unterschiedliche Erwartungen ihres Publikums? Widmen sie sich mit ausreichender Aufmerksamkeit armen und armutsgefährdeten Menschen?“  Antworten darauf liefern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, der Schweiz und Österreich in der internationalen Public Value-Studie, die der ORF gemeinsam mit ZDF, SRG, ARD und dem Dachverband der europäischen öffentlich-rechtlichen Medien (EBU) durchgeführt hat“

Der Österreichteil der Studie befasst sich mit der Einbindung und Repräsentation von Armutsbetroffenen und stammt wie die wissenschaftliche Herausgabe der Gesamtstudie von Josef Seethaler und Andreas Schulz-Tomancok von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Larissa Krainer von der Universität Klagenfurt.  Ein Fazit der Studie vorab: Öffentlich-rechtliche Medien prägen durch ihre Berichterstattung, ob soziale Ungleichheit als veränderbare Realität wahrgenommen wird und ob Menschen in prekären Lebenslagen als Teil der Gesellschaft sichtbar bleiben.

Eine große Minderheit
Mehr als 1,5 Mio. Menschen in Österreich gelten als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Sie verfügen oft über eingeschränkte Zugänge zu Medien und öffentlichen Kommunikationsräumen.  Für ein Medium, das aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, entstehe daraus ein klarer Auftrag: universelle Erreichbarkeit muss auch jene einschließen, die ökonomische oder soziale Barrieren überwinden müssen, um am medialen Diskurs teilzunehmen.  Die Studie zeigt auch, dass Armut in Medien häufig in Form vereinfachender Einzelschicksale erzählt wird. Stereotype und Individualisierungen reproduzieren gesellschaftliche Vorurteile und verdecken strukturelle Ursachen.

Die genannten Autorinnen und Autoren empfehlen deshalb eine Berichterstattung, die Zusammenhänge erklärt, politische und ökonomische Hintergründe sichtbar macht und Betroffene nicht auf Defizite reduziert. Ebenso soll die aktive Rolle von Menschen in schwierigen Lebenslagen stärker in den Fokus rücken, um Selbstwirksamkeit, Respekt und soziale Anerkennung zu fördern. Berichterstattung erhält damit eine demokratische Funktion, die über reine Information hinausgeht.
Darüber hinaus fordert die Studie eine stärkere Beteiligung armutsbetroffener Personen an der Programmgestaltung. Partizipative Formate können Vertrauen schaffen und dazu beitragen, dass jene zu Wort kommen, die sonst kaum Gehör finden. Ein zentraler Baustein hierfür ist Transparenz in redaktionellen Entscheidungen. Wenn nachvollziehbar wird, warum bestimmte Stimmen ausgewählt werden und andere nicht, stärkt die Glaubwürdigkeit und Fairness im publizistischen Prozess.

Klaus Unterberger von ORF Public Value: „ORF für alle“ ist mehr als ein Bekenntnis. Der öffentlich-rechtliche Auftrag verpflichtet den ORF dazu, Programmangebote für die gesamte Bevölkerung zu liefern. Gerade in einer Zeit zunehmender Segmentierung und Polarisierung bedeutet das, sich mit unterschiedlichen Anliegen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen.“

Wo wächst Misstrauen?
Die deutschen und Schweizer Beiträge der Studie setzen diese Fragestellung in einen breiteren Kontext. Marta Rodríguez-Castro und Azahara Cañedo zeigen, dass Vertrauensverluste gegenüber Medien besonders dort auftreten, wo sich Menschen sozial abgehängt fühlen. Fiona Fehlmann warnt davor, dass ein rein kundenorientiertes Publikumsverständnis gerade jene benachteiligt, die für den Medienmarkt wenig attraktiv sind.

Und die Autoren Olaf Jandura sowie Johannes Sonntag, Clemens Söhngen und Gerlinde Frey-Vor verdeutlichen, dass soziale Benachteiligung und regionale Nachteile oft zusammentreffen und regional stärker differenzierte Angebote erfordern.
Jan-Hinrik Schmidt hebt hervor, dass ein stark segmentierter Bildungsauftrag jene besonders unterstützen muss, die sonst Wissens- und Orientierungsdefizite erleben. Gemeinsam entsteht ein konsistentes Bild:

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