Salzburg Media Summit: Gelebte Transformation
© Moonlake
Hannes M. Schalle
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.07.2025

Salzburg Media Summit: Gelebte Transformation

Zum 20-jährigen Jubiläum spricht Summit-Initiator Hannes M. Schalle über Medien im Umbruch, die Rolle von KI und Salzburgs Attraktivität als Medienstandort.

••• Von Dinko Fejzuli

Am 26. Juli 2025 findet im Schloss Leopoldskron der 20. Salzburg Media Summit statt. Die eintägige Konferenz steht für zwei Jahrzehnte medienwirtschaftlicher Weitsicht, hochkarätiger Diskussionen und visionärer Netzwerke rund um die österreichisch-deutsche Medienbranche. 2005 vom Medienunternehmer Hannes M. Schalle initiiert, begann der Summit als Branchentreffen mit rund 30 Gästen. Rasch entwickelte sich daraus ein medientechnologischer Round Table zur Zeit der Festspieleröffnung. Oscar-Gewinner, Produzenten, Wissenschafter und Entscheidungsträger aus internationalen Medienhäusern nahmen daran teil. medianet bat den Initiator um ein paar Antworten


medianet:
Herr Schalle, der Salzburg Media Summit feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum. Wenn Sie auf zwei Jahrzehnte zurückblicken – wie hat sich das Branchentreffen entwickelt und was ist gleich geblieben?
Hannes Schalle: Wenn ich zurückblicke, kommen mir die letzten 20 Jahre fast vor wie ein Fingerschnippen. Was einst als kleines, regionales Networking-Treffen mit rund 30 Gästen begann – damals noch unter dem etwas sperrigen Titel ‚Medien & Technologie Roundtable') – war von Anfang an als hochkarätiger, intelligenter Austausch zwischen Expertinnen und Experten aus der Medien- und Technologiewirtschaft gedacht.

Bereits nach wenigen Jahren hat sich das Format zu einem Branchentreffen mit rund 100 Gästen entwickelt. Und spätestens mit dem ersten Besuch von Gerhard Zeiler wurde es international relevant. Und 2024 freuten wir uns über rund 300 Besucherinnen und Besucher und ein Line-up auf Top-Niveau.

medianet: Was hat sich über die Zeit nicht verändert?
Schalle: Was über all die Jahre gleich geblieben ist, ist der inhaltliche Kern: die intensive, oft leidenschaftlich geführte Diskussion zwischen Content, Technologie und Finanzierung – und natürlich die legendäre Afterparty auf der Terrasse von Schloss Leopoldskron.

medianet:
Der Summit steht diesmal unter dem Motto ‚Zwischen Tradition und Transformation – Medien im Umbruch'. Was bedeutet dieser Umbruch für Sie ganz persönlich?
Schalle: Vor 20 Jahren war das Prime-Time-Programm im Free-TV das Maß aller Dinge: Wer im Hauptabendprogramm sendete, hatte die volle Aufmerksamkeit – das Publikum wusste: Um 20:15 Uhr schalten wir ein, da kommt ‚das'. Man sprach vom ‚Lagerfeuer der Nation'.

Heute hingegen kämpfen unzählige Plattformen – von Streamingdiensten über soziale Medien bis hin zu Games und mobilen Apps – gleichzeitig um unsere Aufmerksamkeit. Die Kannibalisierung von Content ist Realität, und wir befinden uns in einem nie gekannten globalen Marketingwettbewerb.
Alles hat sich verändert: die Produktionsweisen, die Vermarktungsstrategien und die Verfügbarkeit von Inhalten. Was jedoch bleibt – und für mich persönlich der entscheidende Anker in diesem Umbruch ist – ist das Erzählen guter Geschichten. Emotionale, relevante Inhalte funktionieren plattformübergreifend – egal ob als Serie, kurzer Clip oder Feature-Film. Wer berührt, bleibt.

medianet: Sie haben Salzburg früh als strategischen Medienstandort erkannt. Welche Faktoren machen die Stadt aus Ihrer Sicht so attraktiv für die internationale Medienwirtschaft?
Schalle: Salzburg – Stadt und Land – verfügt über eine medientechnologische Geschichte, die bis in die 1960er-Jahre zurückreicht. Man denke etwa an The Sound of Music über Herbert von Karajan und Sony DADC bis hin zu Persönlichkeiten wie Leo Kirch und Dietrich Mateschitz, der mit dem Red Bull Media House und ServusTV neue Maßstäbe gesetzt hat.

Aus medienwirtschaftlicher Sicht bietet Salzburg viele Standortvorteile: Es ist geografisch gut angebunden, sicher, kompakt und hochqualitativ – mit Nähe zu München, aber eigenem Profil. Rund 1.500 Filmproduktionen seit 1920, tausende Stunden professioneller Musikaufnahmen und eine akademische Infrastruktur mit medienbezogenen Studiengängen belegen die gewachsene Praxisnähe. Hinzu kommen strukturierte Förderinstrumente wie Österreichs erster TV-Fonds und die kommerzielle Film- und Fernsehförderung des Landes Salzburg – wichtige Bausteine für nachhaltige Medienproduktion. All das macht Salzburg heute zu einem unterschätzten, aber hochattraktiven Standort im internationalen Mediennetzwerk – mit außergewöhnlicher Lebensqualität als zusätzlichem Plus.

medianet: Der Wandel von linearem Fernsehen zu On-Demand-Plattformen ist unaufhaltsam. Wie beurteilen Sie die Rolle klassischer Sender im digitalen Ökosystem der Zukunft?
Schalle: Wenn sich ein klassischer TV-Sender heute nicht konsequent zur digitalen Plattform weiterentwickelt, verliert er mittel- bis langfristig seine Relevanz. So einfach diese Aussage klingt, so komplex ist ihre Umsetzung. Derzeit hält man das lineare Fernsehen vielerorts bewusst am Leben – aus wirtschaftlichen und strukturellen Gründen.

Doch die Realität spricht eine klare Sprache. Streaming hat 2025 erstmals das klassische Fernsehen in der globalen Nutzung überholt: 44,8% entfallen inzwischen auf Streaming, 44,2% auf Broadcast- und Kabel-TV. Weltweit betrachtet liegt der lineare Anteil noch bei rund 57%, doch vor allem bei jüngeren Zielgruppen dominiert On-Demand-Konsum schon jetzt eindeutig.

Klassische Sender müssen sich daher als hybride Medienplattformen neu aufstellen – mit linearen Angeboten für Live-Events, Nachrichten und Sport, kombiniert mit flexiblen, personalisierten On-Demand-Inhalten. Diese Transformation ist nicht kurzfristig, sondern ein strategischer Prozess über die nächsten zehn bis 20 Jahre. Wer ihn jetzt klug gestaltet, wird Teil des digitalen Ökosystems bleiben.

medianet: Einer der Themenschwerpunkte ist die zunehmende Integration von Künstlicher Intelligenz in Produktionsprozesse. Wie stark verändert das die kreative Arbeit im Film- und Medienbereich?
Schalle: Künstliche Intelligenz ist im Medienbereich kein völlig neues Phänomen – erste Anwendungen, etwa bei automatisierten Schnittsystemen oder Empfehlungstechnologien, gibt es seit den frühen 2000er-Jahren. Was sich jedoch dramatisch verändert hat, ist die Geschwindigkeit der Entwicklung: Die Tools werden beinahe wöchentlich leistungsfähiger, intuitiver und kreativer einsetzbar – vom Scriptwriting über Bildgenerierung bis hin zur Lokalisierung und Postproduktion.

KI ist dabei a priori kein Feind der Kreativität. Im Gegenteil: Sie eröffnet enorme Möglichkeiten – insbesondere, wenn es darum geht, repetitive Prozesse zu automatisieren und neue kreative Spielräume zu erschließen. Wer sich allerdings nicht aktiv mit der Technologie auseinandersetzt und seine Kompetenzen in diesem Bereich weiterentwickelt, wird es schwer haben, in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Entscheidend ist, dass wir in unserer Branche lernen, KI nicht als Ersatz, sondern als intelligentes Werkzeug zu begreifen – und verantwortungsvoll, rechtssicher und kreativ damit umzugehen.

medianet: Auch die Förderlandschaft wird zeitgemäßer und internationaler. Welche Entwicklungen erwarten Sie hier – und was wird am Summit konkret dazu präsentiert?
Schalle: Heute ist jeder Streamer, Sender oder Produzent ein globaler Fördertourist: Nach dem Greenlight wird gezielt nach Ländern gesucht, in denen Förderungen und steuerliche Anreizmodelle möglichst hohe Rückflüsse bereits in der Produktionsphase ermöglichen. Das ist seit zwei Jahrzehnten gelebte Praxis im internationalen Wettbewerb – und Österreich muss hier dringend nachziehen.

Länder wie Spanien, Frankreich, Großbritannien oder Ungarn haben sich mit attraktiven Modellen – teils mit bis zu 35% Cash Rebates – zu echten High-End-Produktionsstandorten entwickelt. Sie setzen auf effiziente Strukturen, digitale Antragsprozesse und klare Rückvergütungsmodelle. Produktionen kombinieren mittlerweile Förderangebote aus mehreren Ländern strategisch – ein Ansatz, der künftig noch wichtiger wird.

medianet: Was passiert am Summit?
Schalle: Das Eröffnungspanel ‚Investments, Incentives, Innovationen' bringt Vertreter von Netflix, RTL, ZDF und ServusTV zusammen. Dort wird diskutiert, wie moderne Förderarchitekturen aussehen müssen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen – und wie Österreich sein System zukunftsfähig gestalten kann.Die Richtung ist klar: Wer attraktive Bedingungen schafft, zieht hochwertige Produktionen an. Und wer stehen bleibt, wird mittelfristig abgehängt.

medianet:
Der Summit hat sich über die Jahre auch als Ort des Austauschs zwischen Wirtschaft, Kultur und Technologie etabliert. Wie wichtig sind solche Netzwerke in Zeiten des medialen Strukturwandels?
Schalle: Gerade in Zeiten tiefgreifenden medialen Wandels sind Orte wie der Salzburg Media Summit essenziell: Seit der ersten Stunde steht der persönliche Austausch im Mittelpunkt – nicht als Selbstzweck, sondern um durch hochwertige Expertendiskussionen konkrete Impulse mitzunehmen, sowohl inhaltlich als auch wirtschaftlich.

Schloss Leopoldskron als Heimstätte des Summits ist dabei mehr als ein Veranstaltungsort – es ist ein Ort der Verdichtung. Hier wurde The Sound of Music gedreht, hier spielte Mozart, Karl Lagerfeld inszenierte eine seiner größten Shows, und die Salzburger Festspiele wurden hier begründet. Diese historische Tiefe trifft auf aktuelle Diskurse – ein moderner Think Tank, der Kreative, Entscheider und Visionäre zusammenbringt.
Solche Netzwerke schaffen Vertrauen, fördern Innovation und sind in einer fragmentierten, digitalisierten Medienwelt wichtiger denn je.

medianet: Frage zum Schluss: Was sind Ihre persönlichen Highlights des diesjährigen Programms? Und worauf dürfen sich die Gäste am 26. Juli auf Schloss Leopoldskron besonders freuen?
Schalle: Das Gespräch mit Gerhard Zeiler wird für mich zweifellos ein Höhepunkt der Jubiläumsausgabe. Er lebt in Salzburg, agiert aber als globaler Player in der Medienwelt – und unser Zweiergespräch auf der Bühne bietet die seltene Gelegenheit, aktuelle Entwicklungen in der internationalen Medienwirtschaft und -politik direkt mit ihm zu reflektieren.

Ebenso bedeutend sind die politischen Diskurse mit den zuständigen Bundesministerinnen und -ministern – ein unmittelbarer Austausch über Rahmenbedingungen und Strategien in bewegten Zeiten. Und natürlich das Medienwirtschafts-Panel mit Vertreterinnen und Vertretern von Netflix, RTL, ZDF und ServusTV – hochkarätig, praxisnah und richtungsweisend.

Das eigentliche Highlight sind aber – wie jedes Jahr – unsere Gäste: Menschen aus Wirtschaft, Kultur, Medien und Technologie, die hier nicht nur diskutieren, sondern einander wirklich zuhören. Ich bin überzeugt: Es wird eine würdige 20-Jahr-Feier – mit Haltung, Tiefe und Freude am gemeinsamen Denken.

https://www.innovation-salzburg.at/veranstaltung/salzburg-media-summit-2025

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL