Tag der Marktkommunikation 2019: "Das musst dich einfach trauen“
© Matthias Schuch | Die Veranstalter Marco Schreuder und Ulrich Schnarr (rechts im Bild) bei ihren Eröffnungsworten.
MARKETING & MEDIA Redaktion 14.10.2019

Tag der Marktkommunikation 2019: "Das musst dich einfach trauen“

Ungewohntes zu wagen, provokant und unkonventionell zu sein und einfach Dinge durchzuziehen, empfahlen die Speaker den anwesenden Wiener Unternehmern aus Werbung, Kommunikation, Design und Fotografie.

WIEN. Die Gewohnheit ist etwas sehr Gemütliches. Doch auf alten Wegen bleibt die Inspiration oft auf der Strecke. Denn die wahre Magie passiert außerhalb der eigenen Komfortzone. Doch wie verlässt man diesen wohlig-warmen Ort, an dem alles ganz passabel funktioniert? Dieser Frage widmete sich die Wiener Werbe-, Kommunikations-, Fotografie- und Kreativbranche beim Tag der Marktkommunikation (#tdmk19) am 10. Oktober 2019.

Persönlichkeiten der nationalen und internationalen Kreativszene waren bei der siebenten Auflage des Fachevents der Branche ins Palais Wertheim in die Wiener Innenstadt gekommen, um ihre Erfolgsgeschichten, Inspirationen und Insights zu teilen. Diesen Best-Practice-Beispielen der „ganz Großen“ lauschten 450 UnternehmerInnen und Interessierte. Zum zweiten Mal wurde der Event gemeinsam von der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und der Landesinnung Wien der Berufsfotografen veranstaltet. Kuratiert wurde der #tdmk19 von den Machern des Forward Festivals, die als Agentur (Forward Creatives) dieses Jahr die Veranstaltung im Palais Wertheim umsetzten.

Marco Schreuder, Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und Ulrich Schnarr, Innungsmeister der Landesinnung Wien der Berufsfotografen, ist es ein besonderes Anliegen, ihren Mitgliedern Mut zu machen, neue, gewagte Ideen in die Tat umzusetzen: „Wir achten viel zu viel darauf, ob etwas gleich auf den ersten Blick auch ökonomisch etwas bringt. Aber seien wir uns ehrlich: Wirklich erfolgreich sind jene von uns, die visionär denken und vorausahnen, was die Menschen brauchen, was sie bewegt. Gelingt das, stellt sich der monetäre Erfolg meist ganz von allein ein“, so die beiden Veranstalter unisono.

„Ich bin stolz, welch‘ inspirierende Speaker wir dieses Jahr am Podium hatten. Besonders bedanken möchte ich mich daher bei Forward Creatives für die fantastische Umsetzung des Events: Ohne euer Know-how und eure kreative Kraft wäre das nicht möglich gewesen. Man konnte spüren, wie nah ihr am Puls der Zeit seid“, sparte Schreuder nicht mit Lob.

„Angst killt Innovationen“
Das Programm am #tdmk19 teilte sich auf zwei Bühnen auf: Auf der Main Stage waren vor allem die internationalen Speaker zu sehen. „Angst“ stand im Mittelpunkt des Auftritts von Jo Marie Farwick, CEO von Überground. Angst vor einer ablehnenden Reaktion der Kunden sei oft ein Problem von Kreativen. Das behindere aber das Vorankommen und den Erfolg. Gegen Angst helfe Mut und „einfach machen“, was sie am Beispiel ihres Werbeclips für Freeletics eindrucksvoll demonstrierte.

„Kooperation statt Competition“
Dass ein Ein-Frau-Unternehmen erfolgreich sein kann stellt Laura Karasinski unter Beweis. Wenn sie jemanden für ein Projekt braucht, hat sie eine Vielzahl an talentierten Menschen, die sie anrufen kann, erzählte im Talk mit Moderatorin Michaela Bilgeri. Trotz ihrer jungen Jahre hat die Wiener Designerin bereits Projekte für prominente Kunden umgesetzt. Ein Herzensprojekt des Atelier Karasinski war die Gestaltung des Interieurs und Corporate Designs im Restaurant Motto im fünften Wiener Gemeindebezirk. Ein weiteres Markenzeichen von Karasinski: Sie setze auf „Kooperation statt Competition“. An Pitches nehme sie nicht teil, weil sich das für sie nicht auszahle. Wer mit dem Atelier arbeiten will soll sie kontaktieren – oder sich jemand anderen suchen.

Über technologische, künstlerische, ästhetische und erzählerische Elemente der Virtual Reality sprach Barnaby Steel, Gründer & Director von Marshmallow Laser Feast und beeindruckte das Publikum mit seinen Laser Shows. Man müsse Dinge einfach durchziehen, ganz egal was andere Leute denken und auf das finale Ziel fokussieren, sagte Raj Davsi, Art Director von The Mill. Er berichtete auch von seiner fruchtbaren Zusammenarbeit mit Forward Creatives. In Berlin erhielt er 2019 den Commercial Award für die Main Title Sequence des Forward Festivals.

Förderung für Kreative
Best-Practice-Modelle in Förderwesen und Crowdfunding waren Thema des Panels „Wind unter die Fühler“, das Fachgruppenobmann Marco Schreuder leitete. Unter den TeilnehmerInnen waren Sunita Maldonado (Project Consultant bei Wemakeit), Karin Emprechtinger (Kreativwirtschaft/Entrepreneurship, Austria Wirtschaftsservice), Elisabeth Noever-Ginthör (Leiterin departure, Wirtschaftsagentur Wien) und Gerin Trautenberger (Vorsitzender Kreativwirtschaft Austria). Sie stellten die Fördermöglichkeiten der Einrichtungen der Stadt Wien und der Republik vor. Die Runde war sich einig: Es gebe in Österreich ein gutes Angebot an Unternehmensförderungen – selbstverständlich könnten aber dennoch nur ein paar wenige Projekte finanziell unterstützt werden. Bei Crowdfunding gebe es in Österreich noch Luft nach oben, in der Schweiz werde das schon viel mehr genützt.

Neues, Ungewohntes wagen
Welche Vorteile ihre Offenheit für interkulturelle Zusammenarbeit biete, strich Gabrielle Soria, Creative Director von AKQA, hervor. Der Sprössling einer Schwedin und eines Filipinos wuchs in Kalifornien auf und erzählte von den Vorzügen einer kreativen Umgebung, die sie auch in Berlin gefunden habe.

Europas Fotograf des Jahres 2018 Michael Liebert präsentierte ebenso eine Auswahl seiner Bilder wie Fotografin Rafaela Pröll, die mit international bekannten Models shootet.

Was es heißt, eine „ganz andere Art von Journalismus“ zu machen und Erfolg damit zu haben, berichtete Markus Lust, Head of Cultural Strategy bei VICE. Mit Kollaborationen habe VICE gute Erfahrungen gemacht. Ein Beispiel dafür sei das Projekt „Cop Watch“, wo man mit
der Stadtzeitung Falter zusammengearbeitet habe. Das sei für beide von Vorteil gewesen: VICE konnte von der „Creditibility“ des Aufdeckerblattes profitieren. Der Falter von der Reichweite des Lifestyle- und Jugendmagazins bei jüngeren Zielgruppen.

Mit der gewohnt großen Portion Witz stellte Erik Kessels, Creative Director bei KesselsKramer, seine Projekte vor. Darunter etwa das I amsterdam-Projekt, das dann millionenfach von anderen Städten kopiert wurde, Jump Trump, oder, wie er zum Erfolg des Hans Brinker Budget Hotels – dem „Worst Hotel in the World“ – beigetragen hat. In vielen seiner Projekten widme er sich den so genannten Amateuren, sagte Kessels, die eine wertvolle kreative Inspirationsquelle für ihn seien.

Provozieren, um aufzufallen
Wir können das Rad nicht mehr erfinden, aber neu erfinden – und genau das kann Produkten und Projekten zu Erfolg verhelfen, weiß Sigi Mayer. Der oberösterreichische Art Director war zu Gast bei „Eine Stunde mit“, in dem Marcus Arige von der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien regelmäßig mit Kreativen über ihr Werk und Leben plaudert. Mayer kommt ursprünglich aus der Kunstszene. Lautstark richtete er seinen Appell an den randvollen Saal: „Des muast da afoch trauen!“ Man müsse unkonventionell sein, provozieren, um aufzufallen. Das tat Mayer mit der unkonventionellen Idee von Ski mit Noppen. Dafür sei er anfangs belächelt worden. Die 500 Stück, die er auf einer japanischen Ausstellung präsentierte, waren aber im Nu weg. Würstel verpackt er in Zigarrenhüllen, Plundergebäck benennt er „Faustwatschn“. Nur so könnten bestehende, „stinknormale“ Dinge Aufmerksamkeit erhalten – und darum gehe es schließlich oft in der Werbung. (red)
 



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