Veranstaltungsbranche unter einem Lobby-Dach
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MARKETING & MEDIA Redaktion 05.09.2025

Veranstaltungsbranche unter einem Lobby-Dach

Livecom-Vorständen Katharina Zehender und Jochen Praschl über Ziele, bisherige Erfolge und aktuelle Top-Themen.

Dass die Event-Branche anders als praktisch alle anderen Wirtschaftssektoren lange Zeit keine eigene Interessenvertretung hatte, war zwar bekannt, wurde aber erst in den Corona-Wirren zum Problem. In dieser Zeit ist die Idee einer eigenen „Pressure Group“ entstanden, die 2021 mit der Livecom, der Vereinigung der österreichischen Veranstaltungsdienstleister, Realität geworden ist. Wir haben mit den Vorständen Katharina Zehender und Jochen Praschl über Ziele, bisherige und geplante Maßnahmen sowie die wichtigsten Herausforderungen gesprochen.

medianet: Wieso ist eine Interessenvereinigung für alle Bereiche der Veranstaltungsbranche notwendig?
Katharina Zehender: Eines der größten Probleme, die uns in den vergangenen Jahren begegnet sind, ist, dass die Veranstaltungsbranche nach außen gar nicht als eine gemeinsame Branche wahrgenommen wird.
Ein Grund dafür ist die starke Zersplitterung: In der Wirtschaftskammer sind wir auf sechs verschiedene Sparten verteilt. Allein in der Livecom haben wir über 70 unterschiedliche Berufsbilder identifiziert, die wiederum auf diese Sparten verteilt sind. Dazu kommen verschiedene Kollektivverträge, unterschiedliche gesetzliche Regelungen und Entlohnungsmodelle.

Bei einem Event arbeiten Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen – und oft nach sehr unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen. Gerade deshalb ist es entscheidend, eine gemeinsame Interessenvereinigung zu schaffen. Nur so können wir einheitlich auftreten, verlässliche Zahlen vorlegen – etwa wie viele Mitarbeiter in der Eventbranche tätig sind, welchen Umsatz wir generieren und welchen gesamtwirtschaftlichen Beitrag wir leisten – und unsere Anliegen mit einer starken Stimme vertreten.

medianet: Was sind die vorrangigen Themen und Schwerpunkte?
Zehender: Neben der Gewinnung neuer Mitglieder ist es die Lobbyarbeit. Unser Ziel ist es, dass die gesamte Veranstaltungsbranche als Einheit wahrgenommen wird und die Livecom Ansprechpartner für die Vielzahl an Berufen und Unternehmen dieser Branche ist.

medianet: Wie sieht die Zwischenbilanz nach rund vier Jahren aus?
Jochen Praschl: Die Livecom hat derzeit etwas über 100 Mitglieder und ist damit die größte Vereinigung in Österreich, die die Veranstaltungsbranche in dieser Form vertritt. Wenn man bedenkt, dass unsere Branche aus über 70 verschiedenen Berufsbildern besteht, sind wir ehrlicherweise noch weit davon entfernt, wirklich alle Bereiche bei uns abbilden zu können.
Gleichzeitig sind wir sehr stolz darauf, dass wir inzwischen viele zentrale Bereiche der Branche vertreten. Unter unseren Mitgliedern finden sich Unternehmen aus der Veranstaltungstechnik, dem Zeltbau, dem Equipmentverleih, den Eventlocations, dem Catering und den Agenturen. Damit sind die großen Überschriften mittlerweile gut repräsentiert. Dennoch gibt es noch zahlreiche Untergruppen und spezialisierte Bereiche, die bisher nicht vertreten sind – hier sehen wir viel Poten­zial.

medianet: Wie ist das Feedback aus der Branche und ­insgesamt?
Praschl: Durchwegs sehr positiv. Es ist schön zu beobachten, dass der Name Livecom für immer mehr Menschen in der Branche ein fester Begriff geworden ist. Besonders freut uns, dass wir zunehmend auch von anderen relevanten Stakeholdern wahrgenommen werden. Wir werden mittlerweile regelmäßig zu Gesprächen und Terminen eingeladen, bei denen es um die Gestaltung der Rahmenbedingungen für unsere Branche geht – sei es in Fragen der Gesetzgebung oder bei wichtigen Entscheidungen, die die Veranstaltungswirtschaft betreffen.

Darüber hinaus konnten wir uns auch bei persönlichen Terminen wie Messeauftritten, Branchenevents oder Podiumsdiskussionen viel Resonanz holen. Diese Präsenz hilft uns, die Livecom noch sichtbarer zu machen und direkt mit vielen unterschiedlichen Akteuren ins Gespräch zu kommen.

medianet: Welche Themen bzw. Maßnahmen stehen aktuell im Fokus?
Zehender: Die Location-Knappheit in Wien, die Hitzeverordnung und allgemeine Arbeitssicherheit, die auch unsere Branche massiv betrifft, sowie Lärmemissionen, insbesondere bei Open-Air-Veranstaltungen in Wien.
Und dann natürlich die Zukunft der Eventbranche im Allgemeinen. Hier spielen viele Faktoren hinein: der zunehmende Einfluss von KI, die steigende Awareness in den Bereichen Sicherheit und Nachhaltigkeit – Stichwort neuer Awareness-Beauftragter in der Novelle des Wiener Veranstaltungsgesetzes –, so) sowie internationale politische Entwicklungen wie Kriege oder Zölle, die auch direkte Auswirkungen auf das internationale Kongresswesen haben können.

Alle diese Punkte haben das Potenzial, unsere Arbeit massiv zu erschweren. Wir setzen uns daher aktiv in Gesprächen und Verhandlungen dafür ein, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Veranstaltungswirtschaft, Politik und Gesellschaft gleichermaßen berücksichtigen.

medianet: Welche Rolle spielt die allgemeine Teuerung?
Zehender: Höhere Sicherheitsanforderungen, steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie wachsende Lohnkosten treffen unsere Branche besonders stark – und das in einem deutlich höheren Ausmaß als in vielen Nachbarländern. Diese Entwicklung birgt die Gefahr, dass Veranstaltungen in Österreich für internationale Auftraggeber zunehmend unattraktiv werden. Es besteht das Risiko, dass vermehrt nicht-regionale bzw. -heimische Firmen beauftragt werden oder dass große Kongresse und Veranstaltungen ganz ins Ausland abwandern. Das würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Branche schwächen, sondern auch erhebliche Folgen für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich haben.

medianet: Sie haben das Thema Sicherheit erwähnt. Die Gewerkschaft vida forderte kürzlich bessere bzw. einheitliche Ausbildungs- und Qualitätsstandards für die Security-Branche. Wie sehen Sie diese Thematik?
Praschl: Das Thema Sicherheit hat in den letzten Jahren – wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Terrordrohungen – zusätzlich an Brisanz gewonnen. Auch die Awareness rund um Crowd Safety Management und Sicherheitsvorkehrungen ist deutlich gestiegen – und das völlig zurecht. Damit verbunden sind aber auch höhere Kosten und der Bedarf an besser geschultem Personal, das mit solchen Situationen professionell umgehen kann. Genau deshalb ist es entscheidend, hier gemeinsam mit Gewerkschaften, Politik und Stakeholdern klare Standards zu entwickeln und für eine fundierte Ausbildung zu sorgen.

medianet: Bisher hat die livecom recht spärlich nach außen kommuniziert. Sind da in Zukunft mehr Aktivitäten geplant?
Praschl: Ein Großteil unserer Arbeit war bisher klassische Lobbying-Arbeit, die schwer nach außen sichtbar zu machen ist, weil sie oftmals aus vielen Anläufen, Gesprächen und auch Rückschlägen besteht. Gleichzeitig sehen wir aber, dass unsere Arbeit inzwischen erste sichtbare Früchte trägt – sei es durch unsere Jurytätigkeit bei Branchenauszeichnungen oder durch Sitze in relevanten Ausschüssen.

Darüber hinaus waren wir schon auf zahlreichen Branchenmessen präsent, um für unsere Arbeit zu werben und neue Mitglieder zu gewinnen. Diesen Weg werden wir auch in Zukunft konsequent weitergehen. Außerdem sind wir mittlerweile regelmäßig auf Branchenevents, Award-Verleihungen und ähnlichen Plattformen eingeladen und betreiben dort aktive Netzwerkarbeit, die uns noch sichtbarer macht und unsere Anliegen direkt in die Branche hineinträgt.

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